Den Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang der Verurteilte Nachsorgemaßnahmen zur Stabilisierung der Suchtmittelabstinenz bedarf und welche Art der Maßnahme am zweckmäßigsten erscheint, kann nicht durch eine in jeder Hinsicht offene Weisung, die bei genauer Betrachtung nur ein Ziel, aber keine konkrete Handlungsvorgabe enthält, Rechnung getragen werden.

Vielmehr muss sich das bewährungsaufsichtsführende Gericht die hierzu benötigten Erkenntnisse – notwendigerweise unter Mitarbeit des Verurteilten, zu der er im Weisungswege angehalten werden darf – verschaffen, um im Anschluss hinreichend präzise Vorgaben machen zu können, die dem Bewährungshelfer nur noch in organisatorischen Detailfragen eine Konkretisierungsberechtigung überlassen.
Gemäß §§ 36 Abs. 5 Satz 4 BtMG, 454 Abs. 4 Satz, 453 Abs. 2 Satz 2 StPO kann die angefochtene Entscheidung lediglich auf ihre Gesetzeswidrigkeit überprüft werden. Eine solche ist gegeben, wenn die gerichtliche Anordnung im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig, unzumutbar oder zu unbestimmt ist1 bzw. wenn das eingeräumte Ermessen überschritten wurde2. Eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Entscheidung der Strafkammer findet im Beschwerdeverfahren hingegen nicht statt.
Die Anordnung, wonach sich der Verurteilte einer ambulanten Drogentherapie-Nachsorgebehandlung zu unterziehen oder einer geeigneten Selbsthilfegruppe anzuschließen hat, stützt sich auf § 56c Abs. 1 Satz 1 StGB. Es handelt sich unzweifelhaft um eine Weisung, die spezialpräventiv darauf abzielt, den Verurteilten durch weitere Stabilisierung seiner Suchtmittelabstinenz zu einem straffreien Leben anzuhalten, und somit keine unzulässigen Ziele ohne Resozialisierungsbezug verfolgt. Ein Einwilligungserfordernis nach § 56c Abs. 3 StGB besteht nicht. Aus den Gründen der Entscheidung ergibt sich, dass sich die Kammer bei der Anordnung von einer ausdrücklichen Empfehlung der Therapieeinrichtung leiten ließ. Ermessensfehlerhafte Erwägungen sind insoweit nicht ersichtlich und auch nicht dargetan. Vielmehr legen der langjährige intensive Konsum von verschiedenartigen Betäubungsmitteln, der – wie in der verfahrensgegenständlichen Verurteilung festgestellt – zur Begehung schwerer Straftaten geführt hat, und das angesichts der ausgesprochen problembehafteten Vergangenheit und Lebensverhältnisse des Verurteilten auf der Hand liegende Rückfallrisiko nahe, entsprechende Vorsorgemaßnahmen im Rahmen der Bewährungsgestaltung zu ergreifen. Worauf sich die Einschätzung des Verurteilten, er müsse sich keiner Nachsorgebehandlung unterziehen, stützt, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Soweit er sich auf die Meinung „seiner Therapeutin“ beruft, bleibt vollkommen unklar, wer damit gemeint ist. Sollte es sich um eine Therapeutin aus der Fachklinik V. handeln, steht die Beschwerdebehauptung in eindeutigem Widerspruch zum Entlassungsbericht vom 11.03.2014. Dass sich der Verurteilte nach seiner Entlassung bereits in eine ambulante Nachsorge begeben hätte mit dem Ergebnis, die Empfehlung der Therapieeinrichtung wäre nunmehr überholt, trägt er jedenfalls nicht vor, geschweige denn, dass er Belege hierzu vorgelegt hätte. Damit lässt sich dem pauschalen Vortrag, eine Nachsorgebehandlung sei aus Sicht der Therapeutin überflüssig, keine inhaltliche Substanz, die über eine – allerdings unbeachtliche – Rüge der Unzweckmäßigkeit der Anordnung hinausginge, entnehmen. Bedenken hinsichtlich der Zumutbarkeit des angewiesenen Verhaltens ergeben sich nicht.
In der o.g. Fassung entspricht die Weisung jedoch nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot, dem insbesondere im Zusammenhang mit Weisungen nach § 56c Abs. 1 StGB freiheitsgewährleistende Funktion zukommt3. Bewährungsweisungen müssen klar, bestimmt und in ihrer Einhaltung überprüfbar sein, um einem Verurteilten unmissverständlich vor Augen zu führen, wann ihm der Widerruf der Strafaussetzung droht, und um Weisungsverstöße einwandfrei feststellen zu können4. Die inhaltliche Ausgestaltung von Bewährungsweisungen und -auflagen ist dem Gericht übertragen. In Bezug auf angewiesene Heilbehandlungen hat der Richter möglichst präzise zu bestimmen, welche Maßnahme durchgeführt werden soll sowie in welcher Einrichtung und innerhalb welchen Zeitraums die Behandlung zu erfolgen hat5. Ebenso bedarf es hinsichtlich der Häufigkeit der wahrzunehmenden Termine einer näheren Ausgestaltung der Weisung durch das Gericht4. Soweit die Behandlungsdauer zum Zeitpunkt der Anordnung noch nicht bestimmbar ist, hat das Gericht einen Prüfungstermin festzulegen, an welchem der Richter über den Fortbestand der Weisung zu entscheiden hat6. Die Übertragung der Ausgestaltung dieser Vorgaben auf Dritte – sei es auf einen Bewährungshelfer oder einen Therapeuten – verbietet sich angesichts des bei einem Weisungsverstoß drohenden Bewährungswiderrufs und Freiheitsentzugs7. Lediglich gewisse Konkretisierungen, die bei Beschlussfassung im Hinblick auf organisatorische Gegebenheiten oder Flexibilitätserfordernisse des Verurteilten nicht sinnvoll praktikabel festgelegt werden können, dürfen dem Bewährungshelfer überlassen bleiben.
Diesen Vorgaben wird die o.g. Fassung der Weisung in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht. Die Strafvollstreckungskammer hat schon die Festlegung der Art der vom Verurteilten erwarteten Maßnahme und damit den Kern der Weisung auf den Bewährungshelfer übertragen. Dabei wird auch nicht hinreichend deutlich, was sie unter einer „ambulanten Drogentherapie-Nachsorgebehandlung“ verstanden wissen will. Zur Einrichtung, bei der die Maßnahme durchgeführt werden soll, und zu ihrer Dauer verhält sich die gerichtliche Anordnung allenfalls insoweit, als entsprechende Vorgaben ebenfalls der näheren Weisung durch den Bewährungshelfer anheimgestellt werden. Ebenso wenig ist die angewiesene „regelmäßige“ Teilnahme an der Maßnahme hinreichend bestimmt. Den Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang der Verurteilte ca. fünf Monate nach Beendigung der stationären Entwöhnungsbehandlung Nachsorgemaßnahmen zur Stabilisierung der Suchtmittelabstinenz bedarf und welche Art der Maßnahme am zweckmäßigsten erscheint, kann nicht durch eine in jeder Hinsicht offene Weisung, die bei genauer Betrachtung nur ein Ziel, aber keine konkrete Handlungsvorgabe enthält, Rechnung getragen werden. Vielmehr muss sich das bewährungsaufsichtsführende Gericht die hierzu benötigten Erkenntnisse – notwendigerweise unter Mitarbeit des Verurteilten, zu der er im Weisungswege angehalten werden darf – verschaffen, um im Anschluss hinreichend präzise Vorgaben machen zu können, die dem Bewährungshelfer nur noch in organisatorischen Detailfragen eine Konkretisierungsberechtigung überlassen.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 21. Mai 2014 – 4 Ws 158/14
- KG Berlin, Beschluss vom 11.07.2000 – 1 AR 791/00 – 5 Ws 501/00, 1 AR 791/00, 5 Ws 501/00 – mwN.[↩]
- Meyer-Goßner, StPO, 57. Auflage, § 453 Rn. 12 mwN.[↩]
- BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.09.2011 – 2 BvR 1165/11 –[↩]
- OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.05.2003 – 3 Ws 528/03 –[↩][↩]
- OLG Rostock, Beschluss vom 06.12 2011 – I Ws 373/11 – mwN.[↩]
- OLG Rostock aaO.[↩]
- BVerfG aaO.; OLG Frankfurt aaO.; OLG Dresden, Beschluss vom 06.09.2007 – 2 Ws 423/07 –[↩]