Auch nach Rechtskraft des Schuld- und Strafausspruchs darf zulässiges Verteidigungsverhalten weder hangbegründend noch als Anknüpfungspunkt für die Gefährlichkeit gewertet werden1. Dementsprechend ist das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten und seiner daraus resultierenden erhöhten Gefährlichkeit mit einer sorgfältigen Würdigung der individuell bedeutsamen und weiter wirksamen Bedingungsfaktoren für die Delinquenz zu begründen, ohne an das Verteidigungsverhalten des Angeklagten angeknüpft wird.

Die Wirkungen von im Strafvollzug (möglicherweise) wahrgenommenen Therapieangeboten können im Einzelfall wesentliche gegen die Anordnung der Maßregel sprechende Gesichtspunkte darstellen2.
Ein Absehen von der Anordnung trotz bestehender hangbedingter Gefährlichkeit kommt in Ausübung des in § 66 Abs. 2 und 3 StGB eingeräumten Ermessens aber nur dann in Betracht, wenn bereits zum Zeitpunkt des Urteilserlasses die Erwartung begründet ist, der Täter werde hierdurch eine Haltungsänderung erfahren, so dass für das Ende des Strafvollzugs eine günstige Prognose gestellt werden kann3.
Demnach hat das Gericht für seine Ermessensausübung zu prüfen, ob zumindest konkrete Anhaltspunkte für einen Behandlungserfolg vorliegen4.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 1 StR 515/14
- BGH, Beschlüsse vom 10.07.2001 – 5 StR 250/01; NStZ 2001, 595, 596; vom 04.08.2009 – 1 StR 300/09, NStZ 2010, 270, 271; vom 21.08.2014 – 1 StR 320/14[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.12 2010 – 5 StR 421/10, StV 2011, 276[↩]
- BGH, Urteil vom 28.03.2012 – 2 StR 592/11, NStZ-RR 2012, 272 [Ls.]; Beschluss vom 11.08.2011 – 3 StR 221/11[↩]
- vgl. auch BGH, Urteile vom 19.07.2005 – 4 StR 184/05, NStZ-RR 2005, 337, 338; und vom 03.02.2011 – 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172; Beschluss vom 28.03.2011 – 2 StR 592/11[↩]