Abschiebung eines türkischen Gefährders

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat der Klage eines als islamistischer Gefährder eingestuften türkischen Staatsangehörigen stattgegeben und die gegen ihn vom Land Niedersachsen verfügte Abschiebungsanordnung aufgehoben.

Abschiebung eines türkischen Gefährders

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport ordnete mit Verfügung vom 5. April 2019 die Abschiebung eines türkischen Staatsangehörigen in die Türkei an; tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigten die Prognose, dass von ihm eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und eine terroristische Gefahr nach § 58a AufenthG ausgehe. In Anbetracht der Gesamtumstände sei davon auszugehen, dass der türkische Staatsangehörige nicht lediglich eine radikal-religiöse Einstellung habe, sondern mit dem „Islamischen Staat (IS)“ und dessen Märtyrerideologie sympathisiere. Er habe sich in hohem Maße mit einer militanten, gewaltbereiten Auslegung des Islam identifiziert und halte den Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung seiner islamistischen Auffassung für gerechtfertigt.

Mit Beschluss vom 25. Juni 20191 ordnete das erstinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der hiergegen erhobenen Klage an; es begründete dies mit Zweifeln an der der Gefahrenprognose des Niedersächsischen Innenministeriums zugrunde gelegten Hinwendung des türkischen Staatsangehörigen zum radikal-extremistischen Islamismus.

Auch unter Berücksichtigung der von der Behörde nach Ergehen des Eilbeschlusses und der daraufhin erfolgten Entlassung aus der Abschiebungshaft vorgelegten Erkenntnisse hält das Bundesverwaltungsgericht für den maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Verfügung für rechtswidrig. Eine Gefahr i.S.d. § 58a AufenthG kann auch dann vorliegen, wenn der Ausländer zwar nicht selbst – gar vollständig oder nachhaltig – ideologisch radikalisiert ist, er sich jedoch von Dritten im Wissen um deren ideologische Zwecke für entsprechende Gewalthandlungen „einspannen“ lässt.

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Auch nach diesem konkretisierten Maßstab gelangt das Bundesverwaltungsgericht in der Gesamtschau bei umfassender Würdigung des Verhaltens des Ausländers, seiner Persönlichkeit, seiner nach außen erkennbaren oder geäußerten inneren Einstellung und seiner Verbindungen zu anderen Personen und Gruppierungen zu der Bewertung, dass die festgestellten Tatsachen im Ergebnis nicht die Bewertung tragen, dass aktuell von dem Ausländer mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit eine nach § 58a AufenthG erforderliche besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder terroristische Gefahr ausgeht.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Januar 2020 – 1 A 3.19

  1. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2019 – 1 VR 1.19[]