Nach dem seit dem 1.01.2016 geltenden Ausweisungsrecht (vgl. Art. 1 und 9 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015, BGBl. I S. 1386) ergibt sich der Grundtatbestand der Ausweisung aus § 53 Abs. 1 AufenthG.

Danach wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt1.
Die Ausweisung setzt nunmehr nach § 53 Abs. 1 AufenthG eine umfassende und ergebnisoffene Abwägung aller Umstände des Einzelfalls voraus, die vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geleitet wird. Die Abwägung erfolgt dabei nicht auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen eines der Ausländerbehörde eröffneten Ermessens, sondern auf der Tatbestandsseite einer nunmehr gebundenen Ausweisungsentscheidung und ist damit gerichtlich voll überprüfbar.
Der Grundsatz des § 53 Abs. 1 AufenthG erhält durch die §§ 54 und 55 AufenthG weitere Konkretisierungen. Einzelnen in die Abwägung einzustellenden Ausweisungs- und Bleibeinteressen wird von vornherein ein spezifisches, bei der Abwägung zu berücksichtigendes Gewicht beigemessen, jeweils qualifiziert als „besonders schwerwiegend“ (Absatz 1) oder als „schwerwiegend“ (Absatz 2)2. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sind neben den explizit in §§ 54 und 55 AufenthG angeführten Interessen aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Ausweisungs- und Bleibeinteressen denkbar3.
Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liegt dann vor, wenn der Ausländer die freiheitlich demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wobei hiervon unter anderem dann auszugehen ist, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, es sei denn, er nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg4 hat für die Auslegung des Tatbestands des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu Recht dieselben Maßstäbe herangezogen, die das Bundesverwaltungsgericht zur Auslegung des früheren Regelausweisungstatbestands nach § 54 Nr. 5 AufenthG in der bis zum 31.12 2015 geltenden Fassung entwickelt hat. Danach unterstützt eine Vereinigung den Terrorismus, wenn sie sich selbst terroristisch betätigt oder wenn sie die Begehung terroristischer Taten durch Dritte veranlasst, fördert oder befürwortet. Die Schwelle der Strafbarkeit muss dabei nicht überschritten sein, da die Vorschrift der präventiven Gefahrenabwehr dient und auch die Vorfeldunterstützung durch sogenannte Sympathiewerbung erfasst5.
Für den im Gesetz verwendeten Begriff des Terrorismus sind Versuche, auf völkerrechtlicher Ebene eine allgemein anerkannte vertragliche Definition zu entwickeln, nicht in vollem Umfang erfolgreich gewesen. Jedoch können wesentliche Kriterien aus der Definition terroristischer Straftaten in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 09.12 19996, aus der Definition terroristischer Straftaten auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft im Beschluss des Rates Nr.2002/475/JI vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung7 sowie dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27.12 20018 gewonnen werden9. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Aufnahme einer Organisation in die vom Rat der Europäischen Union angenommene Liste terroristischer Organisationen im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt 2001/931/GASP des Rates vom 27.12 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus10 ein deutlicher Anhaltspunkt dafür, dass die Organisation terroristischer Art ist oder im Verdacht steht, eine solche zu sein11. Dabei ist trotz einer gewissen definitorischen Unschärfe des Terrorismusbegriffs anerkannt, dass als terroristisch jedenfalls der Einsatz gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele anzusehen sind12.
Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die individuelle Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder einer Vereinigung, die eine terroristische Vereinigung unterstützt, alle Verhaltensweisen erfasst, die sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirken. Darunter kann die Mitgliedschaft in der terroristischen oder in der unterstützenden Vereinigung ebenso zu verstehen sein wie eine Tätigkeit für eine solche Vereinigung ohne Mitgliedschaft. Auch die bloße Teilnahme an Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen kann eine Unterstützung in diesem Sinne darstellen, wenn sie geeignet ist, eine positive Außenwirkung im Hinblick auf die durch § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG missbilligten Ziele zu entfalten. Im Hinblick auf den Schutz der Meinungsfreiheit und das Gebot der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Betätigungsfreiheit des Einzelnen erfüllen jedoch solche Handlungen den Tatbestand der individuellen Unterstützung nicht, die erkennbar nur auf einzelne, mit terroristischen Zielen und Mitteln nicht im Zusammenhang stehende – etwa humanitäre oder politische – Ziele der Vereinigung gerichtet sind13. Weiterhin gilt aber für die Fälle des Unterstützens einer terroristischen Vereinigung ein abgesenkter Gefahrenmaßstab, der auch die Vorfeldunterstützung des Terrorismus erfasst und keine von der Person ausgehende konkrete und gegenwärtige Gefahr erfordert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Unterstützerbegriff weit auszulegen und anzuwenden, um damit auch der völkerrechtlich begründeten Zwecksetzung des Gesetzes gerecht zu werden, dem Terrorismus schon im Vorfeld die logistische Basis zu entziehen. Maßgeblich ist, inwieweit das festgestellte Verhalten des Einzelnen zu den latenten Gefahren der Vorfeldunterstützung des Terrorismus nicht nur ganz unwesentlich oder geringfügig beiträgt und deshalb selbst potenziell als gefährlich erscheint14.
In subjektiver Hinsicht muss für den Ausländer die eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung seines Handelns erkennbar und ihm deshalb zurechenbar sein. Auf eine darüber hinausgehende innere Einstellung kommt es nicht an15.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg4 hat im vorliegenden Fall auch in einer vom Bundesverwaltungsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG angenommen. Dies gilt sowohl für die Qualifizierung der PKK als terroristische oder jedenfalls den Terrorismus unterstützende Vereinigung als auch für die Qualifizierung der Handlungen des Kurden als relevante individuelle Unterstützungshandlungen. Ebenso wenig zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kurde nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat.
Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist zunächst die vom Berufungsgericht vorgenommene Qualifizierung der PKK als eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Das Gericht legt seiner Entscheidung die in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze für die Definition einer terroristischen Vereinigung zugrunde. Insbesondere hat es sich zu Recht davon leiten lassen, dass die PKK weiterhin auf der vom Rat der Europäischen Union erstellten Liste der Terrororganisationen steht16, zuletzt aktualisiert mit Beschluss (GASP) 2016/1136 des Rates vom 12.07.2016 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, für die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gelten, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2015/243017, ohne diesem Umstand eine über eine gewichtige Indizwirkung hinausgehende Bedeutung beizumessen. Hieran anknüpfend hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erkenntnismittel festgestellt, dass die PKK zu keinem Zeitpunkt ernst- und dauerhaft von terroristischen Aktionen Abstand genommen hat und die von ihr ausgerufenen Waffenruhen stets wieder beendet wurden. Zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele verübe sie weiterhin Gewalttaten gegen Amtsträger sowie die Zivilbevölkerung und schrecke zwecks Finanzierung ihrer Aktivitäten auch nicht vor der Entführung von Kindern zurück. Diese tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sind von der Revision nicht angegriffen worden und revisionsrechtlich auch nicht zu beanstanden.
Nach den das Bundesverwaltungsgericht bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts unterstützt die „Kurdische Gemeinschaft H. e.V.“ (einschließlich ihrer Vorgängervereine) die PKK und ist damit ihrerseits eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Die PKK-Nähe der „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ (vormals „Kurdisches Volkshaus H. e.V.“) folgt hiernach bereits aus der Mitgliedschaft dieses Vereins in der „Föderation Kurdischer Vereine Deutschland e.V.“ (YEK-KOM, 2014 umbenannt in NAV-DEM), dem Dachverband PKK-naher örtlicher Vereine. Auch die vom Berufungsgericht festgestellte kontinuierliche Tätigkeit des Vereins für die PKK in Form von Demonstrationen und Treffen zwecks der Verehrung Öcalans, des Gedenkens an Märtyrer sowie der Begehung von PKK-Jahrestagen erfüllt die Voraussetzungen von den Terrorismus unterstützenden Handlungen im Sinne von § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
Nicht zu beanstanden ist auch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Kurde die PKK in rechtserheblicher Weise individuell unterstützt hat, indem er aktives Mitglied der „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ (und ihrer Vorgängerorganisationen) war und ist. Nach den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen war der Kurde Ende der 1990er Jahre im Vorstand des „Kurdischen Volkshauses e.V.“ in H., einem Vorgängerverein der „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ In dieser Funktion hat er den Verein in der YEK-KOM vertreten und damit die PKK unterstützt. Die von diesem Verein für die PKK seinerzeit betriebene Sympathiewerbung (Personenkult um Abdullah Öcalan, PKK-Symbole als Wanddekoration in den Räumlichkeiten des Kurdischen Volkshauses e.V.) ist ihm seinerzeit bekannt bzw. jedenfalls erkennbar gewesen. Der Kurde gehört auch weiterhin mit der „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ (bzw. dem Kurdischen Gemeinschaftszentrum H.) einer Vereinigung an, die die PKK unterstützt, und unterstützt hierdurch eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung. Seine fortbestehende Mitgliedschaft in dem Verein und seine regelmäßige Teilnahme an Vereinsveranstaltungen, bei denen Lob und psychische Unterstützung für das Handeln der PKK einen wesentlichen Teil des Zwecks ausmachen, sind rechtserhebliche Unterstützungshandlungen. Gleiches gilt, soweit der Kurde den Feststellungen des Berufungsgerichts zufolge ein Amt in der Außenkommission der „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ übernommen und am 20.02.2011 dem Wahlkomitee des Vereins bei Vorstandswahlen angehört hat.
Soweit sich der Kurde in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass er nur an nicht verbotenen Veranstaltungen teilgenommen habe und stets für nicht verbotene Vereine tätig gewesen sei, folgt hieraus nichts anderes, da § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ein Verbot der den Terrorismus unterstützenden Vereinigung nicht voraussetzt. Vielmehr erfasst die Vorschrift schon die Vorfeldunterstützung des Terrorismus, ohne dass diese bereits mit einer solchen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung verbunden sein muss, die ein versammlungs- bzw. vereinsrechtliches Einschreiten rechtfertigt.
Entgegen der Auffassung des Kurden ist ein konkreter Terrorismusbezug in der Weise, dass von den Unterstützungshandlungen eine konkrete aktuelle Gefährdung der inneren Sicherheit ausgeht, nicht erforderlich. Wegen der tatbestandlichen Weite des Unterstützerbegriffs reicht vielmehr die potenzielle Erhöhung des latenten Gefährdungsrisikos, welches von einer Vereinigung, die den internationalen Terrorismus unterstützt, für die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und anderer Staaten ausgeht, aus18. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Verhalten des Kurden innerhalb der „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ (bzw. seines Vorgängervereins) in den 1990er Jahren sowie seine fortbestehende Mitgliedschaft in dem Verein mit den regelmäßigen Besuchen der Vereinsräumlichkeiten Unterstützungshandlungen darstellen, weil es die potenzielle Gefährlichkeit der die PKK unterstützenden „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ festigt und ihr Gefährdungspotenzial stärkt, wenn Mitglieder durch Zahlung ihrer Vereinsbeiträge und ihre regelmäßige Anwesenheit das Zusammengehörigkeitsgefühl der Organisation stärken.
Für die Erfüllung des subjektiven Unterstützertatbestandes kommt es darauf an, ob für den Ausländer die eine Unterstützung der Vereinigung, ihrer Bestrebungen oder ihrer Tätigkeit bezweckende Zielrichtung seines Handelns erkennbar und ihm deshalb zurechenbar ist15. Auf eine über diese Erkennbarkeit hinausgehende innere Einstellung des Ausländers kommt es nicht an. Insoweit hat das Berufungsgericht für das Bundesverwaltungsgericht bindend festgestellt, dass dem Kurden bekannt ist, dass die „Kurdische Gemeinschaft H. e.V.“ die PKK unterstützt und deren Handeln gutheißt.
Das Berufungsgericht hat ferner zu Recht angenommen, dass der Kurde nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand genommen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die objektive Tatsache der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in der Vergangenheit dem Ausländer dann nicht mehr zugerechnet werden kann, wenn er sich glaubhaft hiervon distanziert hat19. Das „erkennbare Abstandnehmen“ im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entspricht dem Distanzieren im Sinne das Bundesverwaltungsgerichtsrechtsprechung20. Daran fehlt es hier schon deshalb, weil das nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG tatbestandsmäßige Verhalten des Kurden (Mitgliedschaft bzw. Unterstützung) bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts ungeachtet dessen angedauert hat, dass er nicht mehr Mitglied des Vorstandes ist. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kurde weiterhin zahlendes Mitglied der „Kurdischen Gemeinschaft H. e.V.“ und hat 12 Jahre nach seiner Vorstandstätigkeit in den 1990er Jahren – über die bloße Vereinsmitgliedschaft hinaus – Vereinsfunktionen übernommen, indem er sich zum Mitglied der Außenkommission des Vereins hat wählen lassen und später bei der Organisation von Vorstandswahlen des Vereins im Wahlkomitee mitgewirkt hat. Hieraus folgt, dass keine Distanzierung vom vorausgegangenen Tun erfolgt ist.
Auch ging das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass der Kurde kein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB 1/80 erworben hat. Denn er hat unstreitig die erforderliche dreijährige Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber nicht vorzuweisen.
Allerdings ließ sich im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden, ob die Voraussetzungen des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 53 Abs. 3 AufenthG vorliegen:
Diese den Grundtatbestand des § 53 Abs. 1 AufenthG ergänzende Vorschrift legt erhöhte Ausweisungsvoraussetzungen für mehrere rechtlich privilegierte Personengruppen fest, nämlich für Ausländer, die als Asylberechtigte anerkannt sind, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießen, die einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention besitzen, denen nach dem Assoziationsabkommen EWG-Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder die eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzen. Im Falle der Bejahung eines besonderen Ausweisungsschutzes ist weiter zu prüfen, ob dieser aufgrund einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durchbrochen wird.
Gleiches gilt hinsichtlich der vom Berufungsgericht offengelassenen Frage, ob der vom Kurde gegenüber der Stadt H. am 16.10.2012 erklärte Verzicht auf seine Rechtsstellung als Asylberechtigter bzw. Flüchtling den Erlöschenstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG/AsylG erfüllt. Da der Verzicht erst mit Eingang beim Bundesamt wirksam wird21, scheidet die Annahme des Erlöschenstatbestandes ohne ergänzende tatrichterliche Aufklärung, ob die Erklärung an das Bundesamt weitergeleitet wurde, aus.
Sollte das erneute Berufungsverfahren zu dem Ergebnis führen, dass die Rechtsstellung des Kurden als Asylberechtigter und Flüchtling fortbesteht und somit der besondere Ausweisungsschutz nach § 53 Abs. 3 AufenthG eingreift, wird zunächst weiter zu prüfen sein, ob dessen erhöhte Voraussetzungen unter Berücksichtigung der dabei ergänzend zu beachtenden Anforderungen der Art. 21 bzw. 24 Richtlinie 2011/95/EU (EU-Anerkennungsrichtlinie) erfüllt sind22. Dies wird nicht zuletzt von den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Aktivitäten des Kurden in jüngerer Zeit und deren Gewichtung abhängen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Juli 2017 – 1 C 28.16
- vgl. im Einzelnen zur Struktur der Neuregelung: BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 21 ff.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 22 ff.[↩]
- vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25.02.2015, BT-Drs. 18/4097 S. 49[↩]
- VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.05.2016 – VGH 11 S 2480/15[↩][↩]
- BVerwG, Urteile vom 25.10.2011 – 1 C 13.10, BVerwGE 141, 100 Rn.20 f.; vom 30.07.2013 – 1 C 9.12, BVerwGE 147, 261 Rn. 13 ff.; und vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 29[↩]
- BGBl.2003 II S.1923[↩]
- ABl. L 164 S. 3[↩]
- ABl. L 344 S. 93[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 – 1 C 26.03, BVerwGE 123, 114, 129 f.[↩]
- ABI. L 344 S. 93 – vgl. auch ABl. L 116 vom 03.05.2002 S. 75[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 24.06.2015 – C-373/13 [ECLI:EU:C:2015:413], H.T./Land Baden-Württemberg, Rn. 83[↩]
- BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 30 m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 30.07.2013 – 1 C 9.12, BVerwGE 147, 261 Rn. 15; und vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 31 f.[↩]
- BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 34 f. m.w.N.[↩]
- BVerwG, Urteile vom 30.07.2013 – 1 C 9.12, BVerwGE 147, 261 Rn. 18; und vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 31[↩][↩]
- vgl. Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 02.05.2002 betreffend die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunktes 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus 2002/340/GASP ((ABl. L 116 S. 75[↩]
- ABl. L 188 S. 21[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.2005 – 1 C 26.03, BVerwGE 123, 114, 126[↩]
- BVerwG, Urteile vom 15.03.2005 – 1 C 26.03, BVerwGE 123, 114, 131; und vom 30.07.2013 – 1 C 9.12, BVerwGE 147, 261 Rn. 17[↩]
- BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 33[↩]
- vgl. Marx, AsylG, 9. Aufl.2017, § 72 Rn. 38; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Februar 2017, § 72 AsylG Rn. 27[↩]
- vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 – 1 C 3.16 47 f. sowie EuGH, Urteil vom 24.06.2015 – C-373/13[↩]