Der Anwendungsbereich des § 70 Abs. 2 GewO umfasst nicht diejenigen Fälle, in denen Bewerbungen eines Kreises von Anbietern lediglich deshalb abgelehnt werden, weil sie im Vergleich mit anderen gleichartigen Anbietern ein konzeptionelles Bevorzugungskriterium nicht erfüllen, ohne dass das Konzept der Veranstaltung den Anspruch erhebt, die Nichtteilnahme des abgelehnten Anbieterkreises sei schlechthin erforderlich.

In die Teilnahmebedingungen für die Anbieter eines Volksfestes sind keineswegs zwingend alle Differenzierungen aufzunehmen, die „irgendwie“ zu einer Ablehnung der Bewerbung bestimmter Anbieterkreise führen können. Vielmehr sind dort nur diejenigen Beschränkungen des Teilnehmerkreises notwendig aufzuführen, die auf § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) zu stützen sind [1]. Dagegen steht es grundsätzlich im Ermessen des Veranstalters, in welchem Umfang er auch das ihm nach § 70 Abs. 3 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) eingeräumte Auswahlermessen dadurch bindet, dass er vorab Kriterien für dessen Ausübung festschreibt [2].
Allerdings ist die Abgrenzung zwischen den Anwendungsbereichen der Absätze 2 und 3 des § 70 GewO gerade mit Blick auf konzeptionelle Erwägungen bei Volksfesten Schwierigkeiten bereiten kann [3]. Nicht alle konzeptionellen Erwägungen, derentwegen die Teilnahme an einem Volksfest einem nach abstrakten Kriterien bestimmten oder bestimmbaren Kreis von Anbietern versagt wird, stellen sich nämlich objektiv als Beschränkung der Veranstaltung auf bestimmte Anbietergruppen im Sinne des § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) dar. Insbesondere gehören hierher nicht diejenigen Fälle, in denen Bewerbungen eines Kreises von Anbietern lediglich deshalb abgelehnt werden, weil sie im Vergleich mit anderen gleichartigen Anbietern ein konzeptionelles Bevorzugungskriterium nicht erfüllen, ohne dass das Konzept der Veranstaltung den Anspruch erhebt, die Nichtteilnahme des abgelehnten Anbieterkreises sei schlechthin erforderlich. Denn in dieser Konstellation findet objektiv nur eine Auswahl unter gleichartigen Anbietern statt, die zugunsten der (relativ) geeigneteren unter ihnen ausfällt. Eine (absolute) Beschränkung der Veranstaltung auf bestimmte Anbietergruppen erfolgt nicht. Als Prüfstein zur Beantwortung der Frage, ob eine Auswahl oder eine Beschränkung vorliegt, kann dabei die weitere Frage genommen werden, ob der Veranstalter die abgelehnten Bewerbungen des in Rede stehenden Anbieterkreises auch dann generell zurückgewiesen hätte, wenn sich kein Anbieter gefunden hätte, der das Kriterium erfüllte, an dem sie gescheitert sind. Kann diese weitere Frage nämlich eindeutig verneint werden, ist regelmäßig keine Beschränkung des Anbieterkreises im Sinne des § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) gegeben, sondern lediglich eine Betätigung des Ausschlussermessens nach § 70 Abs. 3 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO).
So liegt es auch hier. Denn im letzten Absatz auf der zweiten Seite des Vergabevermerks der Stadt Oldenburg heißt es ausdrücklich „Nachdem im letzten Jahr eine Wilde Maus platziert wurde, besteht Einvernehmen, diese nur zu berücksichtigen, wenn keine geeignete alternative Fahrweise für den Oldenburger Markt zur Verfügung steht.“ Schon deshalb lag also keine Beschränkung des Anbieterkreises im Sinne des § 70 Abs. 2 GewO (i. V. m. § 60b Abs. 2 Satz 1 GewO) vor, die es zwingend erfordert hätte, sie in die Teilnahmebedingungen aufzunehmen.
Es gehört zu einer fairen Gestaltung des Vergabeverfahrens, dass behördliche Vergaberichtlinien transparent sind und den Bewerbern so rechtzeitig bekannt gegeben werden, dass sie sich darauf einstellen können [4]. Dies bedeutet aber nicht, dass solche Vergaberichtlinien in jeder Hinsicht erschöpfende Auskunft über alle Faktoren geben müssten, die für den Erfolg oder Misserfolg einer Bewerbung maßgeblich werden können.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat schon in seinem Urteil vom 15.01.1998 [5] entschieden, dass es sachlich gerechtfertigt ist, einen Anbieter – unabhängig davon, ob „Platzmangel“ herrscht – bereits dann von der Veranstaltung auszuschließen, wenn sein Geschäft nicht in die Gesamt- oder Platzkonzeption des Festes passt. Denn dem Veranstalter komme ein – in der Natur der Sache liegendes – Ermessen zu, das gewünschte Gesamtbild der Veranstaltung festzulegen [6]. Bewerber, deren Verkaufsgeschäfte die hiernach festgelegten Kriterien nicht erfüllten, dürften daher von vornherein – unabhängig von der Attraktivität ihres Angebotes – aus dem Kreis der zuzulassenden Anbieter ausgeschieden werden. Anderenfalls könnten Anbieter durch einen mit der Gesamtkonzeption des Volksfestes nicht in Einklang stehenden Raumanspruch die Zielsetzungen des Veranstalters gefährden. Daran hält das Niedersächsische OVG auch für Fahrgeschäfte fest [7].
Da die Gesamt- und Platzkonzeption die konkrete räumliche und branchenmäßige Aufteilung des verfügbaren Raums enthält, ist es schon aus praktischen Gründen nicht möglich, jedes Detail vorab festzulegen und für künftige Bewerber vorhersehbar zu machen [8]. Deshalb reicht es aus, wenn ein Maßstab existiert, an dem sich die konzeptionellen Regelungen vorhersehbar zu orientieren haben [8]. Dieser Maßstab findet sich für den vorliegenden Fall bereits in § 3 Abs. 2 Satz 2 der Marktordnung der Stadt Oldenburg (Satzung vom 20.06.2000 i. d. F. der Änderung v. 17.05.2010), dem entnommen werden kann, dass der Abwechslungsreichtum bei der Gestaltung von Volksfesten ein neben die Attraktivität der Geschäfte tretender eigenständiger Gesichtspunkt ist, dem der Veranstalter Rechnung tragen soll.
Da es sich bei der für 2013 konzeptionell festgelegten Bevorzugung von Achterbahnen der gemäßigteren Fahrweise lediglich um ein relatives Vorrangkriterium und nicht um ein absolutes Beschränkungskriterium handelt, war es nicht widersprüchlich, dass die Stadt Oldenburg zunächst auch Bewerbungen mit Fahrgeschäften der dynamischeren Fahrweise zur Konkretisierung ihrer Bewerbung aufforderte.
Die Aufforderung an einen Bewerber, seine Bewerbung zu konkretisieren, ist keine einem Bauvorbescheid vergleichbare Vorabentscheidung, sondern lediglich eine Verfahrenshandlung. Denn für einen Bauvorbescheid ist kennzeichnend, dass auf Antrag über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können, vorab entschieden wird (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 1 NBauO). Die Aufforderung, eine Bewerbung zu konkretisieren, enthält aber noch keine (teilweise) inhaltliche Entscheidung über diese Bewerbung, sondern dient lediglich deren Vorbereitung.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 5. September 2014 – 7 LA 75/13
- vgl. Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, GewO, 8. Aufl.2011, § 70 Rn. 16; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, Bd. I, Stand: März 2014, § 70 Rn. 8[↩]
- vgl. Schönleiter, a. a. O., § 70 Rn. 11[↩]
- vgl. Gieseler, Konzeptionelle Erwägungen als Ausschlussgrund bei Volksfesten, GewArch 2013, 151 ff. [152][↩]
- Nds. OVG, Beschluss vom 17. 11.2009 – 7 ME 116/09 –, GewArch 2010, 245 [246][↩]
- Nds. OVG, Urteil vom 15.01.1998 – 7 L 3983/96[↩]
- Nds. OVG, Urteil vom 15.01.1998 – 7 L 3983/96, m. w. N.[↩]
- vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 27.05.2014 – 7 LA 76/13 –[↩]
- vgl. Gieseler, a. a. O., S. 152[↩][↩]