Untersagungsverfügungen gegen angeblich illegale Sportwettenvermittlungen beschäftigten in den letzten Jahren immer wieder die Verwaltungsgerichte – und endeten schließlich aufgrund europarechtlicher Vorgaben zugunsten der Vermittler. Schadensersatz wegen dieser rechtswidrigen Untersagungsverfügungen gibt es freilich nicht, wie jetzt der Bundesgerichtshof urteilte: Die Behörden konnten es bis 2010 ja schließlich nicht besser wissen, als sie die rechtswidrigen Untersagungsverfügungen aussprachen.

Den beiden aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshof lagen zwei Fälle aus Nordrhein-Westfalen zugrunde.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2006 zunächst auf der Grundlage des seinerzeit geltenden Lotteriestaatsvertrags die Untersagung der Sportwettenvermittlung gebilligt hatte1, hat das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mit einem an die Bezirksregierungen gerichteten Erlass vom 31.03.2006 um die konsequente Durchsetzung des seinerzeitigen staatlichen Sportwettenmonopols ersucht. Darauf untersagte in den beiden hier entschiedenen Fällen die Stadt dem jeweiligen Vermittler die weitere Vermittlung von Sportwetten. Die Vermittler begehrten nun jeweils von der Stadt sowie – wegen des Erlasses des Landesinnenministers – vom Land NRW Schadensersatz mit der Begründung, das Monopol habe gegen europäisches Recht verstoßen, so dass die Untersagungsverfügungen rechtswidrig gewesen seien.
Wie in den Vorinstanzen bereits das Oberlandesgericht Hamm2 verneinte nun auch der Bundesgerichtshof Amtshaftungsansprüche wie auch europarechtliche Staatshaftungsansprüche der betroffenen Vermittler:
Zwar haben sich die Verfügungen als rechtswidrig herausgestellt, weil das Sportwettenmonopol gegen das Recht der Europäischen Union verstieß. Jedoch war die Rechtslage bis zu den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 08.09.20103 unklar. Erst aus diesen Entscheidungen des Unionsgerichtshofs ergab sich für den Bundesgerichtshof die Unzulässigkeit des deutschen staatlichen Sportwettenmonopols zweifelsfrei.
Deshalb fiel den Behörden nach Ansicht des Bundesgerichtshofs weder ein für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch notwendiger qualifizierter Rechtsverstoß noch ein für einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs. BGB, Art. 34 Satz 1 GG notwendiges Verschulden zur Last. Für die Zeit danach kam ein Ersatzanspruch nicht in Betracht, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Vermittler die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für ihr Gewerbe erfüllten, und es nach den Entscheidungen des Unionsgerichtshofs weiterhin zulässig ist, die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unter einen Erlaubnisvorbehalt zu stellen.
Auch einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b des Ordnungsbehördengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (OBG) versagte der Bundesgerichtshof:
§ 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NRW erfasst nach gefestigter Rechtsprechung nicht Schäden, die durch mit der Verfassung unvereinbare Gesetze und deren Vollzug verursacht werden (legislatives Unrecht). Dies gilt, wie der Bundesgerichtshof in den vorliegenden Entscheidungen ausdrücklich betont, gleichermaßen, wenn nationale Gesetze (hier die Bestimmungen über das Sportwettenmonopol) gegen Unionsrecht verstoßen. Auch das Unionsrecht fordert keine verschuldensunabhängige Haftung für legislatives Unrecht. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, dass auch in diesen Fällen eine Haftung nur unter den – hier nicht erfüllten – Voraussetzungen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen EU-Recht geboten ist.
Bundesgerichtshof, Urteile vom 16. April 2015 – III ZR 204/13 und III ZR 333/13