Für Kontrolleure von Luftfracht, also von Frachtsendungen, die auf Flugzeuge verladen werden sollen, gelten strenge Sorgfaltsanforderungen. Schon bei einem einmaligen schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß bei der Kontrolle darf das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ihnen verbieten, weiter als Kontrolleur tätig zu sein.

Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Braunschweig den Antrag einer Luftfahrt-Kontrolleurin abgelehnt, die als zertifizierte Kontrollkraft in Düsseldorf bei einem Unternehmen beschäftigt war, das behördlich als „reglementierter Beauftragter“ zugelassen ist. Das Unternehmen darf damit Sicherheitskontrollen an Luftfracht-Sendungen durchführen, bevor diese auf ein Flugzeug verladen werden.
Im Februar 2022 führten Mitarbeiter des Luftfahrt-Bundesamtes (LBA) bei dem Unternehmen eine Sicherheitsüberprüfung durch. Dabei fiel ihnen eine Sendung auf, die aus 8 Kisten mit Zahnrädern aus Stahl bestand, ein Gesamtgewicht von fast 10 Tonnen hatte und für einen Flug von Düsseldorf nach Tianjin in China vorgesehen war. Die Mitarbeiter stellten fest, dass die Kontrollkraft die Sendung im Air Waybill (Luftfrachtbrief) als „sicher“ für Flugzeuge (einschließlich Passagierflugzeuge) eingestuft hatte, obwohl sie die Kontrolle gar nicht selbst durchgeführt hatte. Eine andere Kontrollkraft hatte die Kisten per Röntgengerät geprüft und dabei keine Beanstandung erhoben, obwohl auf dem Röntgenschirm große schwarze Flächen zu erkennen waren. Die Luftfahrt-Kontrolleurin machte geltend, sie habe den Luftfrachtbrief versehentlich gestempelt und unterschrieben. Das LBA untersagte ihr die Tätigkeit als Kontrollkraft, weil ihr Verhalten den Luftverkehr gefährde. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Luftfahrt-Kontrolleurin. Auch der anderen Kontrollkraft untersagte das LBA die Tätigkeit; ein gerichtliches Verfahren gibt es dazu bislang nicht.
Das Verwaltungsgericht Braunschweig lehnte den Eilantrag der Kontrolleurin ab:
Kontrollkräfte für Fracht und Post hätten eine besonders wichtige Funktion in der „sicheren Lieferkette“, die die europarechtlichen Regeln zur Luftsicherheit vorsehen. Diese Regeln wollten eine lückenlose Sicherheitskontrolle von Fracht und Post bis zur Verladung in das Flugzeug gewährleisten, um auszuschließen, dass sich in der Ladung Sprengsätze oder andere verbotene Gegenstände befinden, die für einen Terrorakt verwendet werden können. An Sicherheitskontrollen seien daher besonders strenge Anforderungen zu stellen. Diese habe die Luftfahrt-Kontrolleurin verletzt. Sie habe den Sicherheitsstatus ohne eigene Kontrolle, also „blind“ vergeben. Darin liege ein schwerwiegender Sorgfaltsverstoß, der grundlegende Zweifel an der Verlässlichkeit der Kontrollkraft begründe. Dass sich dieses Verhalten wiederhole, sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Der einmalige schwere Sorgfaltsverstoß genüge für das Tätigkeitsverbot. Es sei auch nicht erforderlich, dass bereits ein Schaden eingetreten sei. Im Rahmen der Sicherheitskontrollen von Fracht- und Postsendungen, die in ein Flugzeug verladen werden sollen, müssten versehentliche Fehler wegen der drohenden schweren Folgen für eine Vielzahl von Menschen jederzeit ausgeschlossen sein.
Die Tätigkeitsuntersagung sei auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und verletze daher nicht das Grundrecht der Luftfahrt-Kontrolleurin auf Berufsfreiheit. Aus ihrem Fehlverhalten ergebe sich gegenwärtig die konkrete Gefahr, dass bei ihrer Weiterbeschäftigung als Kontrollkraft verbotene Gegenstände an Bord eines Flugzeugs gelangen und so gravierende Schäden insbesondere für Leib und Leben von Fluggästen, Crew und Flughafenpersonal entstehen. Ein sofortiges Einschreiten sei daher zwingend geboten gewesen. Rechtlich zu beanstanden sei auch nicht, dass das LBA die Tätigkeitsuntersagung nicht von vornherein befristet habe. Wenn sich irgendwann Änderungen ergäben, die eine andere Gefahrenprognose rechtfertigen könnten, könne die Luftfahrt-Kontrolleurin einen Antrag beim LBA auf Aufhebung des Tätigkeitsverbots stellen; das LBA habe dann zu prüfen, ob die konkrete Gefahr noch bestehe.
Verwaltungsgericht Braunschweig, Beschluss vom 2. Juni 2022 – 2 B 51/22
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