Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Das setzt eine selb. 18 ff.stverantwortliche, unmittelbar auf den Erwerb der anderen Staatsangehörigkeit gerichtete freie Willensentscheidung voraus1.

Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung

Dass sich die Betreffende möglicherweise teilweise nicht über die Bedeutung der von ihr geleisteten Unterschriften im Klaren war, ändert daran nichts, da es ihr ohne weiteres möglich gewesen wäre, sich darüber Klarheit zu verschaffen. Das Fehlen des Erklärungsbewusstseins hindert die Wirksamkeit einer abgegebenen Willenserklärung in derartigen Fällen nicht2.

Für einen Antrag spricht zudem entscheidend der Auszug aus dem türkischen Personenstandregister, demzufolge sie mit türkischem Ministerratsbeschluss vom 10.12 2001 die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben hat. Da auch das türkische Staatsangehörigkeitsrecht für die Wiedereinbürgerung eines Volljährigen dessen Antrag voraussetzt, muss schon dieser Umstand für die Annahme einer Antragstellung grundsätzlich ausreichen.

Danach steht fest, dass die Betroffene den Antrag auf Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit – wenn auch auf Veranlassung ihres Ehemannes und möglicherweise ohne genaue Kenntnis seines Inhalts – selbst unterschrieben hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei ihrer Unterschrift nicht frei gewesen sei, sie etwa durch Zwang oder Drohung zur Abgabe des Antrags genötigt worden wäre oder sie in ihrer Geschäftsfähigkeit eingeschränkt war, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es demgegenüber unerheblich, ob ein Antragsteller mit Stellung des Antrags nach § 25 Abs. 1 StAG seine deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben wollte oder nicht. Es kommt vielmehr darauf an, ob er den Willen zum Ausdruck gebracht hat, die ausländische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Bejahendenfalls tritt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen mit dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit – auch ohne oder gar gegen den Willen des Antragstellers – kraft Gesetzes ein, ohne dass darin ein Verstoß gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG läge. Soll demgemäß nach dem Gesetz der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ohne Rücksicht auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines dahin gehenden Willens des in den fremden Staat antragsgemäß Eingebürgerten eintreten, so kann ein für die Verlustfolge ausreichender Antrag im Sinne des § 25 Abs. 1 StAG nicht allein deswegen verneint werden, weil der Antragsteller den Verlust nicht wünscht, insbesondere sich über diese Folge des Erwerbs der ausländischen Staatsangehörigkeit irrt3. Es oblag mithin der Klägerin als damaliger deutscher Staatsangehöriger, sich über die Rechtsfolgen des von ihr unterschriebenen Antrags eigenständig zu informieren. Die durch ihren Vortrag offenbar gewordenen erschreckenden Defizite bei ihrer Integration in die deutschen Lebensverhältnisse entbanden sie nicht von dieser Obliegenheit.

Soweit die angeblich mangelnde Aufklärung über den automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft gerügt wird, bedurfte es einer solchen Aufklärung oder gar einer gesonderten Belehrung nicht. Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.04.2008; und vom 29.04.20104 führen in diesem Zusammenhang nicht weiter, da sie lediglich die Frage betreffen, in welcher Weise der deutsche Staatsangehörige, der seine Staatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1 StAG verlieren soll, sich seiner deutschen Staatsangehörigkeit bewusst sein muss. Dies war hier unstreitig der Fall.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. August 2014 – 13 LA 50/14

  1. vgl. Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl.2010, § 25, Rdnr. 11; Marx in GK-Staatsangehörigkeitsrecht, Loseblatt, Stand Dezember 2013, § 25, Rdnr. 50; jew. m.w.N.[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 7.06.1984 – IX ZR 66/83; Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl.2014, Einf. v. § 116, Rdnr. 17 m.w.N.[]
  3. vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.10.2000 – 1 B 53.00 12[]
  4. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 – 5 C 28.07; und vom 29.04.2010 – 5 C 5.09[]