Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eines Yeziden

Aufgrund der aktuellen Lage der Yeziden im Irak, wegen der einem Mitglied der religiösen Minderheit der Yeziden bei der Rückkehr in seine Heimat mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen würde, ist derjenige als Flüchtling anzuerkennen.

Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eines Yeziden

So hat das Verwaltungsgericht Hannover in dem hier vorliegenden Fall das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verpflichtet, einen aus dem Irak stammenden Kläger als Flüchtling anzuerkennen. Der 18jährige Kläger ist Mitglied der religiösen Minderheit der Yeziden und stammt aus der nordirakischen Provinz Ninive. Seine Familie war nach seinen Angaben seit Jahren von Arabern bedroht worden, die seinen Vater erschlagen hätten. Schließlich sei die restliche Familie nach weiteren Bedrohungen aus dem Irak ausgereist. Den Asylantrag des Klägers lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Juni 2014 ab, weil es zum damaligen Zeitpunkt keine ausreichende Bedrohung der yezidischen Bevölkerung im Irak sah.

In seiner Urteilsbegründung führt das Verwaltungsgericht Hannover aus, dass dem Kläger aufgrund der aktuellen Lage im Irak bei seiner Rückkehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen würde. Das Verwaltungsgericht hat keine Zweifel daran, dass den Angehörigen der yezidischen Glaubensgemeinschaft im Irak von Seiten der bewaffneten Kampftruppen der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) eine sogenannte an den Glauben anknüpfende Gruppenverfolgung droht, gegen die weder von Seiten des Irakischen Staates noch seitens anderer Stellen Schutz zu erwarten ist. Der Berichterstattung in den Medien lässt sich entnehmen, dass der IS Gräueltaten auch an der yezidischen Bevölkerung der Provinz Ninive verübt. Die Gewalttaten betreffen eine Vielzahl von Menschen und haben eine Massenflucht der yezidischen Bevölkerung nach Syrien, in die Türkei und vor allem in die kurdischen Autonomiegebiete des Irak ausgelöst. Die Irakische Armee bietet keinen Schutz gegen den Vormarsch des IS im Nordirak, und die kurdischen Peshmerga-Truppen konnten die Milizen bisher weder vertreiben noch ist eine Vertreibung auch nach Lieferung von Waffenhilfe aus dem Ausland absehbar. Innerhalb des Iraks steht den Yeziden kein Schutz zur Verfügung, weil die Fluchtwege in die kurdischen Autonomiegebiete durch die IS-Kämpfer abgeschnitten sind, die Autonomiegebiete selbst wegen der Bedrohung durch die Milizen nicht als dauerhaft sicher angesehen werden können und dort zudem nicht die Kapazitäten vorhanden sind, um hunderttausende Flüchtlinge aufzunehmen.

Aus diesen Gründen hat das Verwaltungsgericht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verpflichtet, dem Kläger internationalen Schutz in Gestalt der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Asylverfahrensgesetz zu gewähren.

Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 15. August 2014 – 6 A 9853/14