Mit den Voraussetzungen der Genehmigung qualifizierten Krankentransports musste sich jetzt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg befassen:

Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG in der Neufassung vom 2. Oktober 2007 (Nds. GVBl. S. 473) kann die Genehmigung zum geschäftsmäßigen Betrieb des qualifizierten Krankentransports im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NRettDG versagt werden, wenn zu erwarten ist, dass sie zu einer Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen, bedarfsgerechten, flächendeckenden und wirtschaftlichen Rettungsdienst führt; zu berücksichtigen sind insbesondere die Auslastung und die Abstimmung des Einsatzes der Rettungsmittel, die Zahl und die Dauer der Einsätze, die Eintreffzeiten und die Entwicklung der Gesamtkosten im Rettungsdienstbereich. Ist danach nicht zu erwarten, dass die zur Genehmigung gestellten Fahrzeuge das von § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG geschützte öffentliche Interesse beeinträchtigen, hat der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung. Ist hingegen zu erwarten, dass die zur Genehmigung gestellten Fahrzeuge das öffentliche Interesse beeinträchtigen werden, ist der Genehmigungsbehörde nach § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG ein Ermessensspielraum eröffnet, den sie trotz Vorliegens des Versagungsgrundes auch zu Gunsten des Zulassungsbewerbers ausüben kann. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht aufgrund der konkreten Situation des Rettungsdienstes im Landkreis Aurich festgestellt, dass der Beklagte zu Recht davon ausgegangen sei, bei Zulassung der Klägerin sei eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen, bedarfsgerechten, flächendeckenden und wirtschaftlichen Rettungsdienst zu erwarten. Die seitens der Klägerin zur Begründung ernstlicher Zweifel an diesem Urteil vorgebrachten Argumente überzeugen das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht nicht:
Soweit die Klägerin sich gegen die alleinige Betrachtung des Standortes Marienhafe wendet, kann sie damit nicht durchdringen. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 NRettDG ist im Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung qualifizierten Krankentransports der beabsichtigte Standort des Fahrzeugs anzugeben. Diesem Erfordernis ist die Klägerin auf entsprechenden Hinweis des Gerichts im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens nachgekommen. Dementsprechend lautet auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag auf Erteilung einer Genehmigung für den Standort Marienhafe. Schon vor diesem Hintergrund war das Verwaltungsgericht nicht zur Prüfung alternativer Standorte gehalten. Gleiches gilt für die nunmehr erstmalig ins Spiel gebrachte Vorhaltung des Fahrzeugs lediglich für einzelne Tage oder Stunden.
Soweit die Klägerin ausführt, die Ermittlung der Auslastungsquote sei fehlerhaft, da zwei näher bezeichnete Unternehmen auf der Grundlage von Genehmigungen nach § 49 PersBefG illegal liegende Krankentransporte vornähmen, kann dies ihrem Zulassungsantrag ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Den vorgelegten Unterlagen der Unternehmen Patiententransfer-Südbrookmerland Taxi Lammers und Else Wulff Taxi & Busbetrieb lässt sich entnehmen, dass diese Unternehmen Liegendtransporte teilweise auch im Auftrag der Krankenkassen vornehmen. Für die Durchführung hier einzig interessierender qualifizierter Krankentransporte mit stillschweigender Duldung des Beklagten fehlen jedoch konkrete Anhaltspunkte. Ein qualifizierter Krankentransport liegt nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 NRettDG nur dann vor, wenn sonstige Kranke, Verletzte oder Hilfsbedürftige befördert werden, die nach ärztlicher Verordnung während der Beförderung einer fachgerechten Betreuung oder der besonderen Einrichtung eines Rettungsmittels bedürfen oder bei denen dies aufgrund ihres Zustandes zu erwarten ist. Nicht jeder Liegendtransport fällt damit in den Anwendungsbereich des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes. Auch der Einbau zusätzlicher Gerätschaften für den Transport hilfsbedürftiger Personen wie Krankentragesessel und/oder ‑liege in Personenkraftwagen führt als solcher nicht schon dazu, dass der Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes verlassen wird [1].
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 17. Januar 2012 – 13 LA 65711
- vgl. ausführlich: OVG NRW, Urteil vom 29.04.2008 – 13 A 2457/05, OVGE 51, 175[↩]