Nahrungsergänzungsmittel – und die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben

Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben über pflanzliche Stoffe ist derzeit in der Europäischen Union verboten. Das grundsätzliche Verbot gilt solange, bis die EU-Kommission die Prüfung dieser Angaben abgeschlossen und sie in die Listen der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben aufgenommen hat, sofern die Verwendung der Angaben nicht bereits nach einer Übergangsregelung zulässig ist.

Nahrungsergänzungsmittel – und die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben

Dem hier vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs lag ein Fall aus Deutschland zugrunde. Das  Unternehmen Novel Nutriology vertreibt ein Nahrungsergänzungsmittel, das Safran- und Melonensaft-Extrakte enthält. Bei diesem Nahrungsergänzungsmittel handelt sich um pflanzliche oder auf pflanzlicher Basis hergestellte Substanzen. Das Unternehmen warb für das Nahrungsergänzungsmittel damit, dass diese Extrakte stimmungsaufhellend wirkten sowie Stressgefühle und Erschöpfung reduzierten. Ein deutscher Wirtschaftsverband verklagte Novel Nutriology vor den deutschen Gerichten auf Unterlassung dieser Angaben, die unionsrechtswidrig seien. Zu dieser Fragestellung hat der Bundesgerichtshof den Unionsgerichtshof um Vorabentscheidung ersucht. 

Mit einem solchen Vorabentscheidungsersuchen haben die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dem Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen eines Rechtsstreits, über den sie zu entscheiden haben, Fragen betreffend die Auslegung des Unionsrechts oder die Gültigkeit einer Handlung der Europäischen Union vorzulegen. Der Unionsgerichtshof entscheidet dabei nur über die vorgelegte Rechtsfrage, nicht auch den beim nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit. Dieser ist vielmehr unter Zugrundelegung der Entscheidung des Unionsgerichtshofs vom nationalen Gericht zu entscheiden. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, wenn diese über vergleichbare Fragen zu befinden haben. 

In seinem jetzt verkündeten Urteil stellt der Unionsgerichtshof fest, dass nach der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel1 für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel die Verwendung gesundheitsbezogener Angaben bei der Werbung sowie bei deren Kennzeichnung und Aufmachung grundsätzlich verboten ist.

Die Verwendung kann derzeit nur zulässig sein, sofern es sich um von der Kommission zugelassene und in die Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben aufgenommene Angaben handelt. Die Verordnung unterscheidet insoweit zwischen zwei Kategorien von gesundheitsbezogenen Angaben, nämlich speziellen gesundheitsbezogenen Angaben und allgemeinen gesundheitsbezogenen Angaben. Die Verwendung einer speziellen gesundheitsbezogenen Angabe ist nur zulässig, wenn diese in eine Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben aufgenommen ist. Dagegen ist jeder allgemeinen gesundheitsbezogenen Angabe eine solche spezielle Angabe beizufügen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um spezielle gesundheitsbezogene Angaben. 

Allerdings hat die EU-Kommission ihre Prüfung der gesundheitsbezogenen Angaben über pflanzliche Stoffe derzeit ausgesetzt und sie daher noch nicht in die Listen zulässiger gesundheitsbezogener Angaben aufgenommen. 

Die von der EU-Kommission – in Zusammenarbeit mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) – vorzunehmende Prüfung und das Erfordernis einer Zulassung durch die Kommission sollen sicherstellen, dass gesundheitsbezogene Angaben wissenschaftlich abgesichert sind, wodurch die Verbraucher und die menschliche Gesundheit geschützt werden sollen. 

Daher dürfen gesundheitsbezogene Angaben zu pflanzlichen Stoffen derzeit nicht bei der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel verwendet werden. Dem Unionsgerichtshof zufolge stellt dieses Verbot, für das eine Übergangsregelung mit Ausnahmemöglichkeiten besteht, keine unverhältnismäßige Einschränkung der unternehmerischen Freiheit dar. 

Etwas anderes kann gelten, wenn die geforderten Angaben unter eine Übergangsregelung fallen, die in der Verordnung Nr. 1924/2006 vorgesehen ist. 

Nach den Angaben des Bundesgerichtshofs ist dies vorliegend nicht der Fall. Es handelt sich nämlich um gesundheitsbezogene Angaben über psychische Funktionen, die in Deutschland vor dem Inkrafttreten der Verordnung keiner Bewertung unterzogen und nicht zugelassen wurden. Für solche Angaben hätte vor dem 19. Januar 2008 bei der zuständigen nationalen Behörde ein Zulassungsantrag gestellt werden müssen, was Novel Nutriology nicht getan hat. 

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 30. April 2025 – C -386/23

  1. in der durch die Verordnung (EG) Nr. 109/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 berichtigten und geänderten Fassung[]