Die auf dem Bewertungsportal „Yelp“ praktizierte Bewertungsdarstellung von Unternehmen ist zulässig. Bewertungsportale dürfen die Gewichtung, Zusammenfassung und Darstellung der für ein Unternehmen abgegebenen Einzelbewertungen sowohl automatisiert wie auch nach jeweils eigenen Kriterien vornehmen.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nahm eine Unternehmerin wegen ihrer Bewertungsdarstellung auf dem Internetportal dessen Betreiber auf Unterlassung, Feststellung und Schadensersatz in Anspruch.
Yelp betreibt im Internet unter www.yelp.de ein Bewertungsportal, in dem angemeldete Nutzer Unternehmen durch die Vergabe von einem bis zu fünf Sternen und einen Text bewerten können. Das Internetportal zeigt alle Nutzerbeiträge an und stuft sie ohne manuelle Kontrolle durch eine Software automatisiert und tagesaktuell entweder als „empfohlen“ oder als „(momentan) nicht empfohlen“ ein. Bei Aufruf eines Unternehmens werden mit dessen Bezeichnung und Darstellung bis zu fünf Sterne angezeigt, die dem Durchschnitt der Vergabe in den „empfohlenen“ Nutzerbeiträgen entsprechen (Bewertungsdurchschnitt). Unmittelbar daneben steht „[Anzahl] Beiträge„. Unter der Darstellung des Unternehmens ist eine entsprechende Anzahl von Bewertungen – überschrieben mit „Empfohlene Beiträge für [Unternehmen]“ – jeweils mit den vergebenen Sternen und dem Text wiedergegeben. Am Ende dieser Wiedergabe steht „[Anzahl] andere Beiträge, die momentan nicht empfohlen werden„. Nach Anklicken der daneben befindlichen Schaltfläche wird folgender Text angezeigt:
„Was sind empfohlene Beiträge?
Unsere User veröffentlichen auf Yelp Millionen von Beiträgen. Aus diesem Grund benutzen wir eine automatisierte Software um die hilfreichsten Beiträge hervorzuheben. Diese Software zieht mehrere Faktoren in Betracht, wie z.B. die Qualität, die Vertrauenswürdigkeit und die bisherige Aktivität des Users auf Yelp. Dieser Vorgang ist gleich für alle Geschäftsauflistungen und hat nichts damit zu tun ob ein Unternehmen ein Anzeigenkunde bei uns ist oder nicht. Die Beiträge die nicht direkt auf der Geschäftsseite hervorgehoben und auch nicht in die Gesamtbewertung einberechnet werden sind aber unten aufgeführt. Hier mehr darüber erfahren.“
Darunter befindet sich die Überschrift „[Anzahl] Beiträge für [Unternehmen] werden momentan nicht empfohlen“ mit dem nachfolgenden „Hinweis: Die Beiträge unten werden nicht in der gesamten Sternchen-Bewertung für das Geschäft berücksichtigt.“ Danach folgt die Wiedergabe der nicht empfohlenen Beiträge.
Die klagende Unternehmerin betreibt ein Fitness-Studio, zu dem das Bewertungsportal am 10. Februar 2014 aufgrund eines empfohlenen Beitrags vom 7. Februar 2014 drei Sterne und 24 ältere Beiträge mit überwiegend positiven Bewertungen als momentan nicht empfohlen anzeigte. Nach ihrer Auffassung hat Yelp den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass der Bewertungsdurchschnitt aller Beiträge angezeigt worden sei. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen sei willkürlich und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien erfolgt, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht München I hat die Klage abgewiesen1. Dagegen hat in der Berufungsinstanz das Oberlandesgericht München Yelp verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite für das Fitness-Studio eine Gesamtbewertung oder eine Gesamtzahl der Bewertungen auszuweisen, in die Beiträge (Bewertungen), die von Nutzern der vorgenannten Internetseite abgegeben worden waren und welche Yelp als „momentan nicht empfohlen“ wertet, nicht einbezogen werden2. Außerdem hat das Oberlandesgericht München die Verpflichtung von Yelp zum Ersatz entstandenen sowie noch entstehenden Schadens festgestellt und Yelp zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten verurteilt.
Der Bundesgerichtshof hat nun auf die Revision von Yelp das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts München aufgehoben und das klageabweisende Urteil des Landgerichts München I wiederhergestellt:
Die von der Unternehmerin geltend gemachten Ansprüche ergeben sich nicht aus § 824 Abs. 1 BGB. Yelp hat nicht – wie in dieser Bestimmung vorausgesetzt – unwahre Tatsachen behauptet oder verbreitet. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts München äußerte Yelp mit der angegriffenen Bewertungsdarstellung nicht, dass es sich bei dem angezeigten Bewertungsdurchschnitt um das Ergebnis der Auswertung aller für das Fitness-Studio abgegebenen Beiträge handele und dass der danebenstehende Text deren Anzahl wiedergebe. Denn der unvoreingenommene und verständige Nutzer des Bewertungsportals entnimmt der Bewertungsdarstellung zunächst, wie viele Beiträge die Grundlage für die Durchschnittsberechnung bildeten, und schließt daraus weiter, dass Grundlage für die Durchschnittsberechnung ausschließlich der „empfohlene“ Beitrag ist sowie dass sich die Angabe der Anzahl nur darauf bezieht. Die von Yelp praktizierte Bewertungsdarstellung greift auch nicht rechtswidrig in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Fitnessstudiobetreiberin ein (§ 823 Abs. 1 BGB). Ihre rechtlich geschützten Interessen überwiegen nicht die schutzwürdigen Belange der Betreiberin des Yelp-Bewertungsportals.
Die Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und der Einstufung von Nutzerbewertungen als „empfohlen“ oder „nicht empfohlen“ sind durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt; ein Gewerbetreibender muss Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Januar 2020 – VI ZR 496/18
- LG München I, Urteil vom 12.02.2016 – 25 O 24646/14[↩]
- OLG München, Urteil vom 13.11.2018 – 18 U 1282/16[↩]
Bildnachweis:
- Yelp: Yelp Pressroom