Ein Gebrauchtwagenkäufer hat keinerlei Ansprüche gegen den Autohändler oder den Hersteller, wenn er beim Erwerb seines Dieselfahrzeugs gewusst hat, dass es vom sog. „Dieselskandal“ betroffen ist.
 
So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in dem hier vorliegenden Berufungsverfahren entschieden und gleichzeitig das Urteil des Landgerichts Baden-Baden1 bestätigt. Der Kläger hat im April 2016 von dem beklagten Autohaus ein gebrauchtes Fahrzeug der Marke VW, Typ Tiguan 2,0 TDI mit einem Kilometerstand von 36.080 zu einem Kaufpreis von 25.900 EUR erworben. In dem Fahrzeug ist ein von der VW AG hergestellter Dieselmotor des Typs EA 189 mit 2,0 Liter Hubraum verbaut. Dieser Motor verfügt über eine nach Auffassung des Kraftfahrbundesamtes unzulässige Abschalteinrichtung.
Nun fordert der Kläger von dem Autohaus die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückübereignung des Fahrzeugs unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung. Außerdem verlangt er die Feststellung, dass die VW AG ihm Ersatz der Schäden schulde, die durch die eingebaute Software zur Prüfstanderkennung in der Motorsteuerung verursacht werden.
Das Landgericht Baden-Baden hat die Klage insgesamt abgewiesen. Da der Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis von der manipulativen Motorsteuerung gehabt habe, habe er keine Mangelgewährleistungsansprüche gegen den Händler und auch keine Ansprüche gegen die VW AG. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
In seiner Urteilsbegründung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe ausgeführt, dass die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung durch die VW AG wegen Einbaus der Motorsteuerungssoftware nicht kausal ist für den Erwerb eines (gebrauchten) Fahrzeugs, wenn der Käufer Kenntnis von dem Vorhandensein dieser Software im gekauften Fahrzeug hatte. Gewährleistungsansprüche gegen den Autohändler bestehen in diesem Fall ebenfalls nicht (§ 442 Abs. 1 S. 1 BGB). Selbst wenn der Käufer keine Kenntnis von der genauen Wirkungsweise der Software hatte, handelte er jedenfalls grob fahrlässig, wenn er sich nicht weiter erkundigte, obwohl er wusste, dass die Software in dem Fahrzeug eingebaut ist (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Zweitkäufer ist als mittelbar Geschädigter einer sittenwidrigen vorsätzlichen Handlung zwar grundsätzlich in den Schutzbereich des § 826 BGB einbezogen2. Ein Vermögensschaden durch den Kauf eines von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist der VW AG aber ab Mitte Dezember 2015 nicht mehr zurechenbar. Die VW AG hatte zu diesem Zeitpunkt die Öffentlichkeit so weitgehend informiert, dass zwischen ihrem ursprünglichen Verhalten – der Konzernentscheidung zur Implementierung der Software – und dem Erwerb des Fahrzeugs kein rechtlich zurechenbarer Zusammenhang mehr besteht. Nicht ausreichend für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs war allerdings die ad hoc Mitteilung der VW AG vom 15.09.2015.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 9. Januar 2020 – 17 U 133/19
- LG Baden-Baden, Urteil vom 11.01.2019 – 4 O 93/18[↩]
- dazu OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.11.2019 – 17 U 146/19[↩]
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