Jeweils zur Hälfte haften die Beteiligten eines sogenannten „Streifunfalls“ beim Überholvorgang in einer Autobahnbaustelle für den eingetretenen Schaden.

So hat das Oberlandesgericht Oldenburg in dem hier vorliegenden Fall eines klagenden Autofahrers entschieden, der den an seinem PKW entstandenen Sachschaden ersetzt bekommen wollte. Nachdem das Landgericht Osnabrück die Klage auf Schadensersatz abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht der Klage teilweise statt. Ein Autofahrer hatte einen LKW mit Anhänger aus den Niederlanden in einer Autobahnbaustelle auf der Bundesautobahn 30 überholen wollen. Vor dem Überholvorgang war der LKW bereits einmal von der rechten Hauptfahrspur über die Fahrbahnmarkierung teilweise auf den linken Fahrstreifen geraten. Während des Überholvorganges auf den verengten Fahrbahnen stießen die beiden Fahrzeuge sodann aneinander. Es entstand am PKW ein Sachschaden in Höhe von mehr als 5.000 €. Nachdem die Schadensersatzklage vor dem Landgericht Osnabrück keinen Erfolg hatte, ist Berufung eingelegt worden.
In seiner Urteilsbegründung hat das Oberlandesgericht Oldenburg deutlich gemacht, dass der konkrete Unfallhergang mangels Zeugen nicht aufgeklärt werden konnte. So blieb offen, ob der LKW zu weit links auf die Überholspur gefahren war oder der Autofahrer nicht aufgepasst hatte. Ein Autofahrer dürfe, nach Auffassung des Oberlandesgerichts, im Baustellenbereich überholen, solange dies nicht verboten sei.
Eine im Verhältnis zum LKW-Fahrer gesteigerte Sorgfaltspflicht treffe ihn nicht, da auch der LKW-Fahrer besondere Sorgfalt walten lassen müsse. Selbst wenn der LKW zuvor bereits seinen Hauptfahrstreifen einmal verlassen habe und zu weit links gefahren sei, könne darauf vertraut werden, dass dies beim Überholvorgang nicht noch einmal passieren werde.
Daher hat das Oberlandesgericht entschieden, dass die Beteiligten eines hier vorliegenden Streifunfalls jeweils zur Hälfte für den eingetretenen Schaden haften.
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 11. Mai 2013 – 6 U 64/12