Das Spannen einer signalroten, sich von der Umgebung deutlich abhebenden Slackline in einer Höhe von ca. 50 cm auf einer Breite von 6-8 m in einem Free-style-Bereich eines Fitnessstudios stellt keinen Zustand dar, den ein umsichtiger Kunde des Studios nicht erkennen und sich dagegen mit der gebotenen Aufmerksamkeit nicht selbst schützen kann.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Schadensersatzansprüche der gestürzten Fitnessstudio-Besucherin mit heute veröffentlichter Entscheidung zurückgewiesen. Die damals 74-jährige Frau ist Mitglied in einem von der Betreiberin des Fitnessstudios betriebenen Fitnessstudio. Sie war nach ihrem eigenen Training über eine von der Betreiberin des Fitnessstudios als “Free-Style-Zone“ bezeichnete Fläche gegangen. Dort können Kunden verschiedene bereitliegende Geräte nehmen und nach eigenen Vorstellungen trainieren. Zwischen zwei ca. 8 m voneinander entfernten Säulen in dieser Zone war eine signalrote sog. Slackline gespannt. Die Parteien streiten darüber, ob die Höhe vom Boden – wie von der Fitnessstudio-Besucherin behauptet – etwa 15-20 cm oder aber 50 cm – wie von der Betreiberin des Fitnessstudios behauptet – betrug. Die Fitnessstudio-Besucherin stürzte über die Slackline und zog sich Frakturen am Schien- und am Wadenbein zu. Sie begehrt u.a. Schmerzensgeld in Höhe von knapp 12.000 €.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Frankfurt am Main hatte die Klage abgewiesen1. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main keinen Erfolg:
Der Fitnessstudio-Besucherin stünde kein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung einer vertraglichen oder deliktischen Verkehrssicherungspflicht zu, befand das Oberlandesgericht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die signalrote Slackline in Höhe von ca. 50 cm auf einer Breite von 6-8 m in dem Freestyle-Bereich im Studio der Betreiberin des Fitnessstudios gespannt gewesen. Dies „stellte nach den konkreten Umständen keinen Zustand dar, den ein umsichtiger Kunde des Studios nicht erkennen und sich dagegen mit der gebotenen Aufmerksamkeit nicht selbst schützen konnte“, betont das OLG. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Slackline durch Kunden benutzt wurde oder nicht.
„Die von der Slackline möglicherweise ausgehende Gefahr, über sie zu stolpern, war hier nach Auffassung des Gerichts auch für ein durch sportliche Übungen bereits etwas erschöpften Menschen deutlich erkennbar“, ergänzt das OLG. Die hellrote, signalartige Farbe habe die Slackline deutlich von der Umgebung, insbesondere den grün-grau-schwarzen Bodenflächen abgehoben. Dies gelte auch für die Ansicht aus der Ferne. Die Fitnessstudio-Besucherin hätte sie beim Betreten der Freestyle-Zone erkennen können.
Zudem stelle die Freestyle-Area nach ihrer Beschaffenheit und Zweckbestimmung auch keine Verkehrsfläche dar, auf der nicht mit Hindernissen gerechnet zu werden brauche. Vielmehr werde dieser Bereich von den Nutzern frei als Bewegungsraum für das Hantieren mit Geräten oder für Bodenübungen in Anspruch genommen. Nutzer müssten deshalb mit anderen Teilnehmern und auch mit herumliegenden Geräten rechnen. Die Fitnessstudio-Besucherin selbst habe in dem Raum ihre Bodenübungen machen wollen. Von ihr habe deshalb erwartet werden können, dass sie auf die hier bereits trainierenden anderen Nutzer und die Geräte achte. Gerade da der Fitnessstudio-Besucherin die Slackline auch früher bereits gesehen hatte, habe für sie individuell Anlass bestanden, beim Betreten des Freestyle-Bereichs aufmerksam zu sein.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 5. August 2021 – 16 U 162/20
- LG Frankfurt a.M., Urteil vom 05.06.2020 – 2-19 O 237/19[↩]
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