Einwendungsdurchgriff bei einer 0%-Finanzierung

Ein Verbraucher, der einen Kauf durch einen verbundenen, unentgeltlichen Darlehensvertrag – eine sogenannte „0%-Finanzierung“ – finanziert, kann dem Anspruch des finanzierenden Kreditinstituts auf Rückzahlung des Darlehens nicht die Gewährleistungsrechte entgegenhalten, die ihm wegen Mängeln der gekauften Sache gegen den Verkäufer zustehen.

Einwendungsdurchgriff bei einer 0%-Finanzierung

Dies entschied jetzt der Bundesgerichtshof für einen in der ersten Jahreshälfte 2011 geschlossenen Darlehensvertrag. In dem zugrunde liegenden Fall erwarb der Kläger am 4. März 2011 von einem Baumarkt zwei Türen zum Preis von 6.389,15 € einschließlich Montage. Gleichzeitig unterschrieb er in dem Baumarkt, der seine Produkte mit einer „0%-Finanzierung“ bewarb, auf einem dort bereitliegenden Formular der beklagten Bank einen Antrag auf Abschluss eines Darlehensvertrages, den die Beklagte am 21. Juni 2011 annahm. Der Darlehensvertrag enthielt die Anweisung des Klägers an die Beklagte, den von ihm ratenweise zurückzuzahlenden Nettodarlehensbetrag, der – ebenso wie der Preis der Türen – 6.389,15 € betrug, an den Baumarkt auszuzahlen. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Baumarkt zahlte die Beklagte nur 5.973,86 € an diesen.

Nach dem Einbau der Türen rügte der Kunde Mängel. In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige Mängelbeseitigungskosten von 5.415,50 € und eine Wertminderung von 550 € fest. Der Kunde trat deshalb gegenüber dem Baumarkt vom Vertrag zurück und ist der Auffassung, er sei nach den §§ 358, 359 BGB in der bei Abschluss des Vertrages im März/Juni 2011 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) zur Rückzahlung des Darlehens an die finanzierende Bank nicht verpflichtet.

Weiterlesen:
Schuldnerverzeichnis - und die nachträgliche Stundungsvereinbrung

Seine Klage auf Feststellung, dass der finanzierenden Bank aus dem Darlehensvertrag keine Rechte mehr zustehen, ist in den Vorinstanzen vor dem Landgericht Landshut1 und dem Oberlandesgericht München2 erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht München im Wesentlichen ausgeführt, die Bank habe gegen den Kunden gemäß § 488 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Betrages von 5.973,86 €. Auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt könne der Kunde sich gegenüber der Bank nicht berufen, weil die Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs gemäß §§ 358, 359 BGB aF nicht vorlägen. Dieser setze einen Verbraucherdarlehensvertrag und damit gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus. Ein solcher liege nicht vor, weil der Kunde der Bank für die Gewährung des Darlehens kein gesondertes Entgelt habe zahlen müssen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Kunden gegen diese Entscheidung des OLG München jetzt zurückgewiesen:

Die Bank hat, so der Bundesgerichtshof, gegen den Kunden aufgrund des Darlehensvertrages vom März/Juni 2011 gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Darlehens. Der Kunde kann sich gegenüber der Bank nicht auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt berufen. Ein Einwendungsdurchgriff gemäß §§ 358, 359 BGB aF setzt einen Verbraucherdarlehensvertrag, d.h. gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschriften, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewusst an den in § 491 BGB verwandten Begriff des Verbraucherdarlehensvertrages angepasst worden sind. Auch der Einwendungsdurchgriff gemäß Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates3 gilt gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie nicht für zins- und gebührenfreie Kreditverträge.

Weiterlesen:
Persönlicher Reitlehrer

Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag ist kein entgeltlicher Darlehensvertrag, weil die Bank für das dem Kunden eingeräumte Kapitalnutzungsrecht keine Gegenleistung erhält. In dem Vertrag sind weder Zinsen noch Gebühren vereinbart worden. Auch die Differenz zwischen dem Nettodarlehensbetrag von 6.389,15 € und dem von der Bank an den Baumarkt ausgezahlten Betrag von 5.973,86 € kann nicht als Gegenleistung des Klägers angesehen werden. In Höhe dieses Differenzbetrages hat die Bank den vertraglichen Anspruch des Klägers auf Auszahlung des vollen Nettodarlehensbetrages nicht erfüllt. Da der Kläger gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nur die Rückzahlung des tatsächlich zur Verfügung gestellten Darlehens in Höhe von 5.973,86 € schuldet, erhält die Bank nur den an den Baumarkt ausgezahlten Betrag zurück. Sie erhält keinen darüber hinausgehenden Vermögensvorteil, der als Gegenleistung des Kunden für das ihm eingeräumte Kapitalnutzungsrecht angesehen werden könnte.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. September 2014 – XI ZR 168/13

  1. LG Landshut, Urteil vom 04.10.2012 – 23 O 2386/12[]
  2. OLG München, Urteil vom 25.03.2013 – 17 U 4579/12[]
  3. ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66[]