Grundstücksverkauf im „Einheimischenmodell“

Beim Verkauf von gemeindeeigenen Grundstücken kann die Gemeinde den Käufer in dem Grundstückskaufvertrag nicht zu einer Selbstnutzung für die nächsten 20 Jahre verpflichten, auch nicht bei geförderten Grundstücken in einem neuen Wohngebiet. Eine solche Klausel hat jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main für nichtig erklärt.

Grundstücksverkauf im „Einheimischenmodell“

In dem jetzt vom Oberlandesgericht Frankfurt/Main entschiedenen Fall stellte die beklagte hessische Stadt in den 1990er Jahren nach Erschließung eines neuen Wohngebietes Bauinteressenten im Rahmen eines sog. „Einheimischen-Modells“ Grundstücke zu günstigen Preisen zur Verfügung. Die Kläger erwarben 1995 ein solches Grundstück zum Preis von 266,- DM/qm – der damalige wie der (umgerechnet) aktuelle Bodenrichtwert liegt bei 530,- DM/qm. Die Kläger errichteten auf dem Grundstück ein Wohnhaus, das sie 1996 bezogen. Der Kaufvertrag enthält eine Klausel, nach der sich die Kläger verpflichten, „das Wohnhaus mindestens 20 Jahre selbst zu bewohnen“. Bei Nichteinhaltung sollten sie zur Rückübertragung des Grundstücks oder Zuzahlung von 400,- DM/qm verpflichtet sein.
Als die Kläger im Jahre 2006 beabsichtigten, den Wohnort zu wechseln, beharrte die beklagte Stadt auf der Einhaltung der für diesen Fall vereinbarten Zuzahlung.

Mit der Klage haben die Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Selbstnutzungsklausel verlangt. Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Darmstadt gab ihnen Recht1. Auch mit der hiergegen eingelegten Berufung hatte die beklagte Stadt keinen Erfolg, das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Darmstadt.

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Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt benachteiligt die Klausel die Kläger als Käufer unangemessen. Die von der beklagten Stadt formulierte Regelung schieße über ihren Zweck, Bodenspekulation zu verhindern und einheimische Familien zu fördern, deutlich hinaus. Die Klausel verstoße als Allgemeine Geschäftsbedingung – auch wegen der vorgesehenen Dauer der Selbstnutzung von 20 Jahren – bereits gegen das Grundrecht der Freizügigkeit, dem Recht, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnsitz nehmen zu dürfen (Art. 11 Grundgesetz). Überdies sei die Klausel unangemessen, weil sie keine Härtefallregelung vorsehe. Schließlich folge die Unangemessenheit zusätzlich aus der als Sanktion vereinbarten Zuzahlungsverpflichtung von 400,- DM/qm. Zusammen mit dem damals geleisteten Kaufpreis überschreite der Quadratmeterpreis den damaligen wie den heutigen Grundstückswert, was sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen als unzulässige Strafzahlung darstelle.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27. August 2009 – 22 U 213/07

  1. LG Darmstadt, Urteil vom 26.06.2007 – 8 O 90/07[]