Ein Vollstreckungsantrag in Justizbeitreibungssachen kann als elektronisches Dokument eingereicht werden und unterliegt keinen weiteren Anforderungen als andere elektronisch eingereichte Dokumente. Ausreichend ist entweder eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine einfache elektronische Signatur bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall betreibt die Vollstreckungsbehörde für den Gläubiger, das Land Niedersachsen, gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen Gerichtskostenforderungen. Sie beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft und bei unentschuldigtem Fernbleiben der Schuldnerin den Erlass eines Haftbefehls. Der Antrag schließt mit dem Namen „C. “ und wurde über das besondere elektronische Behördenpostfach der Vollstreckungsbehörde an das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach des Amtsgerichts zur Weiterleitung an den zuständigen Gerichtsvollzieher übermittelt. Der Gerichtsvollzieher lehnte die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme ab.
Das Amtsgericht Essen hat die hiergegen gerichtete Erinnerung des Gläubigers zurückgewiesen1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist vor dem Landgericht Essen erfolglos geblieben2. Das Beschwerdegericht hat angenommen, da eine unabhängige und neutrale Prüfung und Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den begehrten Vollstreckungsakt nicht erfolge, müsse der Antrag jedenfalls einer konkreten Person zugeordnet werden können. Das grundsätzlich einen sicheren Übermittlungsweg darstellende besondere elektronische Behördenpostfach erlaube ohne qualifizierte Signatur keine solche Zuordnung zu einer Person.
Auf die Rechtsbeschwerde des Landes war der angefochtene Beschluss vom Bundesgerichtshof bereits deswegen aufzuheben, weil rechtsfehlerhaft nicht der originär zuständige Einzelrichter die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen hat, sondern die Kammer auf sich selbst. Der Bundesgerichtshof verwies die Sache an das Beschwerdegericht zurück und erteilte für das weitere Verfahren im Wesentlichen folgende Hinweise:
Der Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz entspricht den im elektronischen Rechtsverkehr geltenden Formanforderungen, wenn er entweder von der ihn verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert worden ist oder von der ihn verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist (§ 753 Abs. 4 Satz 2, § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Satz 1 und 2 JBeitrG).
Damit hat der Gesetzgeber die formellen Anforderungen abschließend festgelegt. Die nach der Bundesgerichtshofsrechtsprechung geltenden Anforderungen an einen in Papierform eingereichten Vollstreckungsantrag nach der Justizbeitreibungsordnung3 können auf einen elektronisch eingereichten Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz nicht übertragen werden. Insbesondere muss der Vollstreckungsantrag nicht zusätzlich in Papierform mit Unterschrift und Dienstsiegel eingereicht werden. Er ist auch nicht zwingend qualifiziert elektronisch zu signieren; vielmehr reicht bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg die (einfache) Signatur. Die Anbringung eines aufgedruckten Dienstsiegels ist ebenfalls nicht erforderlich.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. April 2023 – I ZB 84/22
- AG Essen, Beschluss vom 02.08.2022 – 31 M 956/22[↩]
- LG Essen, Beschluss vom 17.10.2022 – 7 T 272/22[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 18.12.2014 – I ZB 27/14, DGVZ 2015, 146[↩]
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- Amtsgericht und Landgericht Essen: Hans-Peter Witt | GFDL GNU Free Documentation License 1.2