Enthält die Berufungsbegründung immerhin zu einem Streitpunkt eine § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung, ist die Berufung insgesamt zulässig, wenn die bezeichneten Umstände geeignet sind, der angegriffenen Entscheidung insgesamt die Grundlage zu entziehen. Es ist für die Zulässigkeit der Berufung ohne Belang, ob dieser Angriff begründet ist und ob die Berufungsbegründung weitere Rügen zu rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkten enthält, auf die das angefochtene Urteil gar nicht gestützt ist.

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat, wenn die Berufung darauf gestützt wird, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht [1], die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Da die Berufungsbegründung erkennen lassen soll, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, hat dieser diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit ist somit lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden nicht gestellt; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind [2]. Enthält die Berufungsbegründung immerhin zu einem Streitpunkt eine § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung, ist die Berufung insgesamt zulässig, wenn die bezeichneten Umstände geeignet sind, der angegriffenen Entscheidung insgesamt die Grundlage zu entziehen [3].
Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gerade noch gerecht: Auch wenn sich die Berufungsbegründung mit der Haftung wegen fehlerhafter Angaben im Emissionsprospekt weitgehend abstrakt beschäftigt, wird mit noch hinreichender Deutlichkeit klar, dass sie rügt, das Landgericht habe mit der gegebenen Begründung das Vorliegen eines Prospektfehlers nicht ablehnen dürfen. Die Berufungsbegründung beanstandet die Auffassung des Landgerichts, bei den Angaben über die Haftung für Gesellschaftskredite sei dem Prospekt keine bestimmte Haftungsreihenfolge zu entnehmen. Die Berufungsbegründung stellt ausdrücklich für den „hiesigen Prospekt“ darauf ab, anhand der Formulierung der Haftungsreihenfolge werde entgegen der Auffassung des Landgerichts für den Anleger der Eindruck erweckt, vor seiner Inanspruchnahme durch Gläubiger der Gesellschaft werde eine Verwertung der Immobilie erfolgen. Die Berufungsbegründung fährt sinngemäß fort, der jeweilige Anleger lasse sich besser für eine Beteiligung begeistern, wenn die Haftung mit Einschränkungen verharmlost werde. Weiter führt die Berufungsbegründung aus, somit sei „der vorliegende Emissionsprospekt unrichtig, da er den Gesellschaftern ausdrücklich den Eindruck vermittelt[e], die finanzierende Bank müsse vorrangig die GbR in Anspruch nehmen.“ Zu den aus der Sicht des Berufungsführers maßgeblichen Rechtsgrundsätzen für die Feststellung, welchen Eindruck Angaben in einem Emissionsprospekt dem Anleger vermitteln, wird in den die Berufungsbegründung einleitenden Rechtsausführungen unter Bezugnahme auf Rechtsprechungsnachweise darauf hingewiesen, dass „durch die Anhäufung positiver Werturteile unter Missachtung einer ausreichenden Risikodarstellung kein unrichtiger Gesamteindruck beim Anleger über die Chancen und Risiken der Investition entstehen“ dürfe. Mit diesem Angriff gegen die rechtliche Würdigung der beanstandeten Prospektangaben über die Haftung der Gesellschafter durch das Landgericht genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Es ist für die Zulässigkeit der Berufung ohne Belang, ob dieser Angriff begründet ist und ob die Berufungsbegründung weitere Rügen zu rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkten enthält, auf die das angefochtene Urteil gar nicht gestützt ist.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. Dezember 2011 – II ZB 21/10
- § 513 Abs. 1, § 546 ZPO[↩]
- ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Beschluss vom 21.05.2003 VIII ZB 133/02, NJW-RR 2003, 1580; Beschluss vom 26.06.2003 III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533; Urteil vom 14.11.2005 II ZR 16/04, NJW-RR 2006, 499 Rn. 9; Beschluss vom 10.09.2009 VII ZB 21/08, ZfBR 2010, 62 Rn. 8; Beschluss vom 01.10.2009 VII ZB 43/09, BauR 2010, 248 Rn. 5; Beschluss vom 31.08.2010 VIII ZB 13/10, WuM 2011, 48 Rn. 7; Beschluss vom 21.09.2010 VIII ZB 9/10, WuM 2010, 694 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.11.2002 XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 162; Beschluss vom 01.03.2011 XI ZB 26/08 Rn. 14 m.w.N.[↩]