Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 TVöD/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD/VKA).
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ist der Außendienstmitarbeiter, der nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verfügt, seit dem 13.05.2002 bei der beklagten Stadt beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 07.05.2002 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis „nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe – (BMT-G-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung“. Außerdem sollen die „im Bereich des Arbeitgebers sonstigen jeweils geltenden einschlägigen Tarifverträge Anwendung“ finden. Der Außendienstmitarbeiter ist seit dem 16.02.2009 als Mitarbeiter im Außendienst im Fachbereich Ordnung und Sicherheit eingesetzt. Seitdem erhält er eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA). In der für die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters erstellten Stellenbeschreibung vom 15./16.02.2009 ging die beklagte Stadt von „Außendiensttätigkeiten“ mit einem Zeitanteil von 85 %, „Mitwirkung“ mit einem Zeitanteil von 5 % und „Innendiensttätigkeiten“ mit einem Zeitanteil von 10 % der Gesamtarbeitszeit des Außendienstmitarbeiters aus. Am 7.01.2022 erstellte die beklagte Stadt eine neue Stellenbeschreibung für die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters, diese ist vom Außendienstmitarbeiter mit dem Zusatz „Tätigkeiten nehme ich wahr seit 16.02.2009“ unterschrieben. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts verbringt der Außendienstmitarbeiter einen Großteil seiner Arbeitszeit mit Streifengängen. Während dieser übt er die Tätigkeiten aus der Stellenbeschreibung aus den Tätigkeitsbereichen „Streifentätigkeit, Kontrollgänge“, „Feststellung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten“ sowie „Einleitung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr aus. Bei den Streifengängen nutzte der Außendienstmitarbeiter zunächst ein Handerfassungsgerät, in welches er Tag, Uhrzeit und Ort eines festgestellten Vergehens eintrug und mit dem er Fotos fertigte. Die Personalien der Beteiligten nahm er handschriftlich auf. Nach Übermittlung an den Innendienst fertigte dieser Ordnungswidrigkeitenanzeigen, fügte die einschlägigen Gesetze und Verordnungen hinzu und legte – teilweise nach Rücksprache mit dem Außendienstmitarbeiter – die Höhe des Buß- oder Verwarngeldes fest. Seit Februar 2018 verwendet der Außendienstmitarbeiter zur Erfassung von Vergehen ein von der beklagten Stadt bereitgestelltes Smartphone, in dem insgesamt 57 Gesetze und Verordnungen mit Textbausteinen hinterlegt sind, davon etwa 20 Gesetze von Bedeutung für den Außendienstmitarbeiter. Mithilfe des Smartphones nimmt er Tag, Uhrzeit und Ort des Vergehens sowie die Personalien der Beteiligten auf. Zudem wählt er die für den Verstoß hinterlegten Rechtsnormen aus. Daraufhin wird, wenn ein bundeseinheitlicher Tatbestandskatalog für das Vergehen existiert, automatisch das jeweilige Verwarngeld im Smartphone hinterlegt. Anderenfalls kann der Außendienstmitarbeiter einen Vorschlag machen, ob zB ein Verwarngeld ausgesprochen werden soll. Die mit dem Smartphone aufgenommenen Fälle werden in einer Cloud gespeichert und anschließend vom Innendienst weiterbearbeitet. Dabei kann das hinterlegte Buß- oder Verwarngeld abgeändert werden. Dies erfolgt nur in seltenen Fällen. Mit Schreiben vom 28.02.2022 stellte der Außendienstmitarbeiter einen „Antrag auf Höhergruppierung“ in die Entgeltgruppe 9a TVöD.
Das Arbeitsgericht hat seiner Feststellungsklage auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9a des TVöD/VKA ab dem 1.08.2021 stattgegeben, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen1. Und das Bundearbeitsgericht hat nun auch die Revision der beklagten Stadt zurückgewiesen:
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeregelung infolge der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst2 nach dem TVöD/VKA und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA).
Die Eingruppierung des Außendienstmitarbeiters richtet sich nach § 12 TVöD/VKA in Verbindung mit der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA.
Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gelten für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten sowie für die zwischen dem Inkrafttreten des TVöD/VKA und dem 31.12.2016 neu eingestellten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis über den 31.12.2016 hinaus fortbesteht, ab dem 1.01.2017 für (Neu-)Eingruppierungen die §§ 12, 13 TVöD/VKA in Verbindung mit der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung anhand dieser Vorschriften fand jedoch anlässlich der Überleitung in die Entgeltordnung nicht statt (§ 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA). Vielmehr erfolgte die Überleitung zum 1.01.2017 gemäß § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe. Dies ist nach der Protokollerklärung zu § 29a Abs. 1 TVÜ-VKA diejenige, die nach Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung der Vergütungsgruppe des BAT, deren tarifliche Anforderungen die Tätigkeit erfüllte, zugeordnet war3.
Danach verbleibt es grundsätzlich nach dem 1.01.2017 bei der zuvor zutreffenden Eingruppierung. Ändert sich allerdings zugleich mit Einführung der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA oder danach die Tätigkeit des Beschäftigten, greift die Tarifautomatik mit der Folge, dass die Eingruppierung nach §§ 12, 13 TVöD/VKA in Verbindung mit der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA vorzunehmen ist. Bei unveränderter Tätigkeit kommt eine Eingruppierung nach §§ 12, 13 TVöD/VKA nur in Betracht, wenn sich nach der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA eine höhere Entgeltgruppe als in der Anlage 1 oder 3 TVÜ-VKA vorgesehen ergibt und der Beschäftigte bis zum 31.12.2017 eine dementsprechende Eingruppierung beantragt hat4.
Der Außendienstmitarbeiter hat zwar bis zum 31.12.2017 keinen Antrag auf Höhergruppierung nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt, seit Verwendung des Smartphones im Februar 2018 ist aber nicht mehr von einer unverändert auszuübenden Tätigkeit im Sinne von § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA auszugehen.
Eine veränderte Tätigkeit liegt vor, wenn die Arbeitgeberin aufgrund einer Tätigkeitsänderung auch ohne Inkrafttreten der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA gehalten gewesen wäre, die Eingruppierung des Arbeitnehmers zu überprüfen, also dann, wenn sich die geänderte Tätigkeit auf die Eingruppierung auswirken kann. Die bereits bestehenden Arbeitsverhältnisse sollen bei Veränderungen der – auch sonst geltenden – Tarifautomatik unterworfen sein. Nicht maßgebend ist demgegenüber, ob sich durch die Änderung der Tätigkeit tatsächlich eine andere Eingruppierung ergibt. § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA stellt auf die Tätigkeit und nicht auf die Eingruppierung ab. Danach kann eine veränderte Tätigkeit unter anderem beim Wechsel des Inhalts der Arbeitsaufgaben oder bei Änderung der Art und Weise, wie die Tätigkeit zu erledigen ist, vorliegen5.
Nach diesen Grundsätzen hat sich die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters verändert.
Dabei ist allerdings die von der beklagten Stadt im Jahr 2022 neu erstellte Stellenbeschreibung ebenso wenig von Bedeutung wie der Umstand, dass der Außendienstmitarbeiter diese mit dem Zusatz unterschrieben hat, die Tätigkeit bereits seit 2009 wahrzunehmen. Weder der alten noch der neuen Stellenbeschreibung lässt sich entnehmen, ob oder wie sich die Tätigkeit an sich und insbesondere die Art und Weise ihrer Ausübung geändert hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Parteien bei Erstellung der neuen Stellenbeschreibung davon ausgegangen sind, die Tätigkeit habe sich geändert oder sei gleich geblieben. Maßgebend ist allein die tatsächlich vom Außendienstmitarbeiter auszuübende Tätigkeit.
Die beklagte Stadt war aufgrund der Einführung des Smartphones im Februar 2018 gehalten zu prüfen, ob sich diese Änderung auf die Eingruppierung des Außendienstmitarbeiters auswirken kann. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gehen die Funktionen des Smartphones über diejenigen des Handerfassungsgeräts hinaus. Die Einführung eines solchen neuen, zur Arbeitsausführung erforderlichen technischen Geräts, das sich in seiner Funktionsweise von dem zuvor verwendeten Gerät unterscheidet, ändert die Ausübung der Tätigkeit. Die Nutzung kann die Aufgabenerfüllung sowohl vereinfachen als auch erschweren und sich damit eingruppierungsrelevant auswirken. Unerheblich ist, ob die Veränderung tatsächlich zu einer geänderten Eingruppierung führt. Entgegen der Auffassung der beklagten Stadt ist daher nicht erforderlich, dass die Änderung „wesentlich“ ist.
Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, es handele sich bei allen Tätigkeiten, die der Außendienstmitarbeiter während des Streifengangs auszuüben hat, um einen einheitlichen Arbeitsvorgang, der 95 % der Gesamtarbeitszeit ausmacht.
Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 TVöD/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen (§ 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD/VKA).
Nach § 12 Abs. 2 TVöD/VKA ist Bezugspunkt der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang. Maßgebend für dessen Bestimmung ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch die Arbeitgeberin vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht jedoch die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA auch Zusammenhangsarbeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zugeordnet sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten6.
Die zu diesem Ergebnis führende Auslegung der tariflichen Bestimmungen hat das Bundesarbeitsgericht ausführlich insbesondere in den Entscheidungen vom 09.09.20207 und 26.04.20238 begründet und sich dabei auch mit der von der beklagten Stadt vertretenen Auffassung auseinandergesetzt. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den unter Nrn. 1, 2 und 5 der Stellenbeschreibung vom 07.01.2022 aufgelisteten Tätigkeiten um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Diese sind vom Außendienstmitarbeiter während des Streifengangs auszuüben und dienen dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Die beklagte Stadt hat keine organisatorische Trennung der Einzeltätigkeiten vorgenommen. Der Außendienstmitarbeiter hat während des Streifengangs auf die Gegebenheiten vor Ort zu reagieren und daran orientiert zB Bürgerhinweise entgegenzunehmen, Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, Ordnungswidrigkeiten und Gefahren festzustellen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Damit folgt die Aufgabenerfüllung durch den Außendienstmitarbeiter nicht einer im einzelnen vorgegebenen Organisation der beklagten Stadt, die ggf. eine Aufspaltung in verschiedene Arbeitsvorgänge bedingen könnte, sondern den zufälligen Entwicklungen im Verlaufe der Außendiensttätigkeit. Erfolgt eine Konkretisierung der Arbeitsaufgabe erst in Reaktion auf Einwirkungen von außen, können die Einzeltätigkeiten nicht voneinander getrennte Arbeitsvorgänge bilden. Vielmehr handelt es sich um die Zuweisung einer Gesamtaufgabe, bei der sich die konkret auszuübenden Tätigkeiten erst im Verlauf der Ausführung, mithin des Streifengangs ergeben9. Der Außendienstmitarbeiter hat die ihm übertragenen Tätigkeiten nicht nach einer durch die beklagte Stadt vorgegebenen Organisation, sondern so auszuüben, wie sie sich nach den von ihm vorgefundenen Gegebenheiten während des Streifengangs ergeben. Welche Tätigkeiten konkret anfallen, ist von der beklagten Stadt weder vorhersehbar noch zu beeinflussen. Der Außendienstmitarbeiter hat die ihm übertragenen Tätigkeiten daher einheitlich auszuüben. Entgegen der Auffassung der beklagten Stadt ist es daher unerheblich, dass es sich bei den Maßnahmen, die der Außendienstmitarbeiter zu ergreifen hat, sowohl um repressive als auch präventive handelt.
Ob es sich bei den weiteren vom Außendienstmitarbeiter auszuübenden Tätigkeiten – in der Stellenbeschreibung vom 07.01.2022 als „Amtshilfe“ und „Mitwirkung“ bezeichnet – um eigenständige Arbeitsvorgänge handelt oder auch diese Tätigkeiten dem Arbeitsvorgang „Streifengang“ zuzurechnen sind, kann dahinstehen. Als eigener Arbeitsvorgang wären sie aufgrund ihres geringen zeitlichen Anteils nicht eingruppierungsrelevant. Anderenfalls wäre der Zeitanteil am dann einheitlichen Arbeitsvorgang so klein, dass eine zulasten des Außendienstmitarbeiters veränderte Bewertung ausgeschlossen wäre.
Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters im Arbeitsvorgang „Streifengang“ erfülle die tariflichen Anforderungen der Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA, ist für das Bundesarbeitsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA baut unter anderem auf der Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 TVöD/VKA auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 2 TVöD/VKA voraussetzt. Daher ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe – hier „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ – erfüllt werden und anschließend, ob die Merkmale der darauf aufbauenden höheren Fallgruppe – hier „selbstständige Leistungen“ – vorliegen10.
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ und „selbstständige Leistungen“ handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen erkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Berufungsurteil erkennen lässt, wie das Landesarbeitsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff verstanden hat11.
Die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters erfordert gründliche und vielseitige Fachkenntnisse im Sinne von Entgeltgruppe 6 Fallgruppe 2 TVöD/VKA.
„Gründliche Fachkenntnisse“ setzen nähere Kenntnisse von unter anderem Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Hierzu zählen auch alle sonstigen zur Ausübung der Tätigkeit benötigten Fachkenntnisse wie Erfahrungswissen oder Wissen der Allgemeinbildung. Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Das Tätigkeitsmerkmal erfordert danach erweiterte Fachkenntnisse sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. „Vielseitige Fachkenntnisse“ erfordern demgegenüber eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben. Denkbar ist zwar, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Beschäftigte eingesetzt wird, jedoch reicht ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung nicht aus12.
Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, zur Ausübung der Tätigkeit seien gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderlich. Der Außendienstmitarbeiter müsse mehrere unterschiedliche Rechtsgebiete gleichermaßen gründlich beherrschen und über Rechtskenntnisse aus sehr unterschiedlichen Bereichen verfügen. Darüber hinaus erschließe sich im Hinblick auf die Vergütung des Außendienstmitarbeiters nach Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA nicht, warum die beklagte Stadt nunmehr davon ausgehe, derartige Kenntnisse seien nicht erforderlich.
Diese Beurteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Erforderlichkeit der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse ergibt sich allerdings nicht bereits aus der Tatsache, dass der Außendienstmitarbeiter eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA erhält. Eine solche setzt zwar voraus, dass die Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. Die beklagte Stadt ist aber, selbst wenn sie bei der ursprünglichen Bewertung der Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters solche Fachkenntnisse vorausgesetzt haben sollte, nicht gehindert, nunmehr deren Erforderlichkeit zu bestreiten. Der Außendienstmitarbeiter beruft sich auf einen Anspruch auf Vergütung nach einer höheren Entgeltgruppe als von der beklagten Stadt angenommen. Hierfür trägt er die volle Darlegungs- und Beweislast. Er konnte nicht darauf vertrauen, dass die beklagte Stadt auch dann, wenn ihre Bewertung sich aus anderen Gründen als fehlerhaft erweisen sollte – so wie vorliegend hinsichtlich der Bestimmung der Arbeitsvorgänge, an ihrer ursprünglichen Bewertung der Tätigkeit festhalten würde13. Ebenso wenig ist – entgegen der Auffassung des Außendienstmitarbeiters – durch Überleitung in Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA festgelegt, dass seine Tätigkeit die tariflichen Anforderungen dieser Entgeltgruppe erfüllt. Die Überleitungsregelung nach § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA schließt nicht die Überprüfung aus, ob die Eingruppierung vor der Überleitung fehlerhaft war14.
Die Wertung des Landesarbeitsgerichts, zur Ausübung der Tätigkeit seien aufgrund der unterschiedlichen vom Außendienstmitarbeiter zu bearbeitenden Rechtsgebiete gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderlich, hält sich im Rahmen des dem Landesarbeitsgericht zustehenden Beurteilungsspielraums. Sie ist unter Berücksichtigung der in der Stellenbeschreibung aufgelisteten Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters nicht zu beanstanden. Da sich die Tätigkeiten zudem auf verschiedene Bereiche des Ordnungsrechts beziehen; und vom Außendienstmitarbeiter sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen ergriffen werden müssen, konnte das Landesarbeitsgericht nicht nur von der Erforderlichkeit von gründlichen, sondern auch von vielseitigen Fachkenntnissen ausgehen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landesarbeitsgericht zur Begründung auf Normen des Landes Mecklenburg-Vorpommern verwiesen hat, die der Außendienstmitarbeiter nicht anzuwenden hat. Hierbei handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, da die zitierten Bestimmungen in keinem Zusammenhang zum vorliegenden Fall stehen. Damit liegt eine nach § 319 ZPO von Amts wegen zu berichtigende Unrichtigkeit und keine fehlerhafte Willensbildung des Landesarbeitsgerichts vor15. Tatsächlich gemeint waren ersichtlich die in der Stellenbeschreibung vom 07.01.2022 genannten Vorschriften.
Die Tätigkeit erfordert auch selbstständige Leistungen im Sinne von Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA in rechtserheblichem Ausmaß.
„Selbstständige Leistungen“ im Tarifsinn erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen16.
Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters erfordere selbstständige Leistungen, da er zahlreiche Ermessensentscheidungen sowohl zur Gefahrenabwehr als auch bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zu treffen habe. Dies folge bereits aus dem vom Außendienstmitarbeiter zu beachtenden Opportunitätsprinzip nach § 4 Abs. 1 BbgPolG17 und § 47 Abs. 1 OWiG. Der Außendienstmitarbeiter habe anhand von Beispielen ausreichend dargelegt, dass er Entschließungs- und Auswahlermessen auszuüben und insbesondere bei jeder Maßnahme der Gefahrenabwehr den erforderlichen Abwägungsprozess zu vollziehen hat. Er habe sich zudem situationsgemäß zu verhalten.
Diese Begründung hält dem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab stand.
Die Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und damit die Entscheidung über Maßnahmen der Gefahrenabwehr und der Verhinderung oder Beseitigung von Ordnungswidrigkeiten erfordert grundsätzlich selbstständige Leistungen18. Das bedeutet aber nicht, dass bei jeder ordnungsbehördlichen Maßnahme ohne weiteres von selbstständigen Leistungen im Tarifsinn auszugehen wäre. Derartige Maßnahmen haben Behörden zwar unter Ausübung pflichtgemäßen Entschließungs- und Auswahlermessens zu treffen (vgl. § 47 Abs. 1 OWiG, § 4 Abs. 1 BbgPolG). Je nach Art der Maßnahme kann eine Abwägung im Tarifsinn aber nicht erforderlich oder sogar unzulässig sein19. Es ist daher im Einzelfall zunächst anhand der durch den Beschäftigten anzuwendenden Normen zu prüfen, ob die Tätigkeit selbstständige Leistungen erfordert. Ist dies der Fall, ist unter Berücksichtigung der Arbeitsorganisation der Arbeitgeberin zu untersuchen, ob das einem Beschäftigten zustehende Ermessen zB durch Arbeitsanweisungen und Durchführungshinweise eingeschränkt ist.
Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht beachtet und bei der Subsumtion beibehalten.
Es hat – entgegen der Auffassung der beklagten Stadt – selbstständige Leistungen nicht allein im Hinblick auf das vom Außendienstmitarbeiter zu beachtende Verhältnismäßigkeitsprinzip angenommen. Vielmehr ist es davon ausgegangen, dieser habe bei den im Einzelnen von ihm geschilderten Maßnahmen die für selbstständige Leistungen erforderlichen Abwägungsprozesse zu vollziehen und Maßnahmen der Gefahrenabwehr einzuleiten. Dies lässt im Hinblick darauf, dass der Außendienstmitarbeiter danach unter anderem Identitätsfeststellungen durchführt, Platzverweise ausspricht, Gegenstände sicherstellt und Verwarnungen ausspricht, einen Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungssätze nicht erkennen. Soweit die beklagte Stadt rügt, die Tätigkeit des Außendienstmitarbeiters weise nicht die erforderliche Komplexität auf und setze nicht die Anwendung der erforderlichen Fachkenntnisse voraus, nimmt sie lediglich eine andere Wertung vor, zeigt aber keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler des Landesarbeitsgerichts auf.
Die Rüge der beklagten Stadt, das Landesarbeitsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend gewürdigt und sich mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16.05.202320 nicht hinreichend auseinandergesetzt, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Eine, zulässige – Verfahrensrüge lässt sich diesem Vorbringen nicht entnehmen.
Feststellungen zu etwaigen ermessensbeschränkenden Dienstanweisungen hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Hiergegen wendet sich die beklagte Stadt nicht.
Die selbstständigen Leistungen fallen in rechtlich erheblichem Ausmaß an.
Bei der Bewertung eines Arbeitsvorgangs ist es zur Erfüllung einer qualifizierenden tariflichen Anforderung, hier der „selbstständigen Leistungen“, ausreichend, wenn diese innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegt. Nicht erforderlich ist, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs selbstständige Leistungen ihrerseits in dem von § 12 Abs. 2 Satz 2, Satz 4 TVöD/VKA bestimmten Maß anfallen. Entscheidend ist, dass zu Beginn der Tätigkeit die Fähigkeit, dieser qualitativen Anforderung gerecht zu werden, allgemein bereitgehalten werden muss, weil sie nach der vertraglichen Aufgabenstellung jederzeit, wenn auch in einem nicht vorhersehbaren Umfang, eingesetzt werden muss21.
Der Außendienstmitarbeiter kann die ihm übertragenen Aufgaben nur vollständig erfüllen, wenn er – sobald ein dies erfordernder Fall auftritt – selbstständige Leistungen erbringt. Auf den tatsächlichen Umfang der selbstständigen Leistungen kommt es daher nicht an.
Die Ansprüche des Außendienstmitarbeiters sind nicht nach § 37 Abs. 1 TVöD/VKA verfallen. Er hat diese mit seinem Schreiben vom 28.02.2022 ausreichend geltend gemacht22. In diesem wird eine „Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9a TVöD“ beansprucht und „die Ausschlussfrist nach § 37 TVöD“ angeführt. Damit hat er entgegen der Auffassung der beklagten Stadt hinreichend zum Ausdruck gebracht, nicht nur eine höhere Vergütung für die Zukunft, sondern auch für die Zeit geltend zu machen, in der Ansprüche zum Zeitpunkt des Schreibens noch nicht verfallen waren.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2025 – 4 AZR 305 – 24
- LAG Berlin-Brandenburg 2.09.2024 – 10 Sa 24/24[↩]
- vgl. dazu BAG 11.07.2018 – 4 AZR 443/17, Rn.20[↩]
- BAG 16.10.2024 – 4 AZR 253/23, Rn. 14; 24.04.2024 – 4 AZR 128/23, Rn. 15[↩]
- BAG 24.04.2024 – 4 AZR 128/23, Rn. 17; 5.07.2023 – 4 AZR 289/22, Rn. 17[↩]
- BAG 22.06.2022 – 4 AZR 440/21, Rn.20; vgl. ausführlich zum inhaltsgleichen § 29 TVÜ-Länder BAG 9.09.2020 – 4 AZR 195/20, Rn. 21, BAGE 172, 130[↩]
- BAG 26.02.2025 – 4 AZR 141/24, Rn. 34; 17.07.2024 – 4 AZR 265/23, Rn. 23[↩]
- BAG 09.09.2020 – 4 AZR 195/20, Rn. 28 – 57, BAGE 172, 130[↩]
- BAG 26.04.2023 – 4 AZR 34/22 (F), Rn. 23 ff.[↩]
- vgl. hierzu auch BAG 16.10.2019 – 4 AZR 284/18, Rn. 23[↩]
- vgl. BAG 26.02.2025 – 4 AZR 141/24, Rn. 47[↩]
- BAG 24.04.2024 – 4 AZR 128/23, Rn. 30; 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, Rn. 33[↩]
- vgl. zu Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1a BAT BAG 24.04.2024 – 4 AZR 128/23, Rn. 27; zu Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1b BAT-O BAG 30.11.2022 – 4 AZR 195/22, Rn. 28; 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, Rn. 36[↩]
- vgl. hierzu ausführlich BAG 16.08.2023 – 4 AZR 339/22, Rn. 24 ff., BAGE 181, 369[↩]
- vgl. BAG 5.07.2023 – 4 AZR 289/22, Rn. 24; 22.10.2020 – 6 AZR 74/19, Rn.19, BAGE 173, 1[↩]
- vgl. BGH 30.07.2024 – VI ZR 244/22, Rn. 4 mwN[↩]
- lammerzusatz zu Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA). Das Merkmal „selbstständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Eine selbstständige Leistung im Tarifsinn ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Entgeltgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinn ist – ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe – ein wie auch immer gearteter Ermessens, Entscheidungs, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht dem nicht entgegen ((zu Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1b BAT BAG 24.04.2024 – 4 AZR 128/23, Rn. 31 mwN[↩]
- Gesetz über die Aufgaben, Befugnisse, Organisation und Zuständigkeit der Polizei im Land Brandenburg [Brandenburgisches Polizeigesetz – BbgPolG] vom 19.03.1996 [GVBl. I S. 74] idF vom 19.06.2024 [GVBl. I Nr. 22][↩]
- BAG 16.10.2019 – 4 AZR 284/18, Rn. 35; 21.03.2012 – 4 AZR 266/10, Rn. 46[↩]
- vgl. hierzu BAG 16.10.2019 – 4 AZR 284/18, Rn. 35 ff.[↩]
- LAG Mecklenburg-Vorpommern 16.05.2023 – 5 Sa 160/22[↩]
- BAG 17.07.2024 – 4 AZR 265/23, Rn. 39 mwN zur „schwierigen Tätigkeit“; ausführlich BAG 9.09.2020 – 4 AZR 195/20, Rn. 65, BAGE 172, 130 zu § 12 TV-L[↩]
- zu den Grundsätzen vgl. BAG 27.04.2022 – 4 AZR 463/21, Rn. 60, BAGE 177, 338; 17.11.2021 – 4 AZR 77/21, Rn. 34 mwN[↩]
Bildnachweis:
- Fahrzeug des Ordnungsamtes der Stadt Bielefeld: Spacekid | CC0 1.0 Universal











