Der Anspruch auf eine Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31.08.1971 [1] erlischt, wenn der ehemalige Angestellte seine Arbeitszeit auf weniger als 21 Stunden wöchentlich reduziert.

Denn dann erzielt er kein Entgelt mehr, das gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich iVm. der Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich durch die Überbrückungsbeihilfe ergänzt werden konnte. Darauf, ob die Reduzierung im bestehenden Arbeitsverhältnis geschieht oder – wie vorliegend – mit einem Wechsel des Arbeitgebers verbunden ist, kommt es nach dem eindeutigen Tarifwortlaut, der allein auf das Arbeitsentgelt „aus anderweitiger Beschäftigung“ außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte abstellt, nicht an.
Die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich legt wirksam eine Mindestbeschäftigungsdauer von mehr als 21 Stunden für ein nach § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich berücksichtigungsfähiges Arbeitsverhältnis fest [2]. Dabei kann die von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob § 4 Abs. 1 TzBfG auch Fälle wie den vorliegenden erfasst, dahinstehen [3]. Die Differenzierung, die die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich zwischen Arbeitnehmern, die mehr als 21 Stunden arbeiten, und solchen, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 21 Stunden oder weniger beträgt, zur Folge hat, ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG sowie Art. 3 Abs. 1 GG, der durch § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG konkretisiert wird [4], gerechtfertigt. Das hat das Landesarbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen angenommen.
§ 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG setzt Paragraph 4 des Anhangs der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit [5] um. Für die Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten reicht es danach nicht aus, dass sie in einer allgemeinen und abstrakten Norm vorgesehen ist. Auch bloße Haushaltserwägungen genügen nicht. Vielmehr muss die Ungleichbehandlung einem echten Bedarf entsprechen und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich sein [6]. Dementsprechend verlangt das Bundesarbeitsgericht, dass sich die Prüfung, ob die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist, am Zweck der Leistung zu orientieren hat [7]. Erforderlich ist, dass die Grenzziehung zwischen Begünstigten und Benachteiligten unmittelbar an den sachlichen Grund anknüpft [8].
Die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich soll einen Anreiz zur Wiedereingliederung der von den Stationierungsstreitkräften entlassenen Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt schaffen. Zur Erreichung dieses Zwecks ist sie geeignet und erforderlich.
Der TV SozSich dient in der Gesamtschau mit dem Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens vom 03.08.1959 zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 21.10.1971 [9] einer Verbesserung der Rechtslage der bei den ausländischen Streitkräften beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere deren sozialer Sicherung [10]. Das Regelungskonzept des TV SozSich zielt auf eine schnelle Wiedereingliederung der entlassenen Arbeitnehmer in den Arbeitsprozess. Das bringen § 3 Ziff. 1 und Ziff. 2 TV SozSich zum Ausdruck. Die im Zuge der Wiedereingliederung auftretenden Härten sollen durch die Überbrückungsbeihilfe gemindert werden [11]. Diese Beihilfe soll grundsätzlich nicht die einzige Leistung an den Arbeitnehmer sein, sondern nur die Differenz zwischen dem Arbeitsentgelt bei den Stationierungsstreitkräften und den anderen Einkünften des Arbeitnehmers ausgleichen. Verschafft sich der Arbeitnehmer derartige Einkünfte nicht, erhält er auch keine Überbrückungsbeihilfe. Daraus wird deutlich, dass § 4 Ziff. 1 und Ziff. 2 TV SozSich bis zur Absicherung durch eine gesetzliche Altersrente einen Anreiz schaffen sollen, damit der Arbeitnehmer entweder durch ein neues Arbeitsverhältnis im Arbeitsprozess verbleibt oder zumindest der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, um auf diesem Weg wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert zu werden [12].
Die Anreizwirkung des § 4 TV SozSich entfaltet sich vor allem durch die Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich. Sie hält den Arbeitnehmer dazu an, in einem zeitlich bestimmten Mindestumfang zu arbeiten. Die Tarifvertragsparteien haben sich dabei bewusst für eine Begrenzung auf eine Mindestarbeitszeit, nicht aber für eine Mindesthöhe des anderweitig erzielten Entgelts entschieden [13]. Sie haben die Grenze von 21 Stunden nicht willkürlich gegriffen, sondern sich an der im Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags geltenden Regelarbeitszeit von 42 Stunden orientiert. Zugleich haben sie berücksichtigt, dass nach der bei Abschluss des TV SozSich geltenden Rechtslage ein Arbeitnehmer als arbeitslos galt, der geringfügig beschäftigt war. Geringfügig war eine Beschäftigung von nicht mehr als 20 Stunden (§§ 101, 102 Abs. 1 AFG idF vom 25.06.1969, BGBl. I S. 582). Arbeitnehmer, die 20 oder weniger Stunden arbeiteten und daneben Leistungen der Arbeitsverwaltung erhielten, hatten demnach grundsätzlich bereits Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich. Mit der Protokollnotiz zu § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich haben die Tarifvertragsparteien die beiden unterschiedlichen Tatbestände der Ergänzung von Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung und der Ergänzung von Leistungen aus Anlass der Arbeitslosigkeit in § 4 Ziff. 1 Buchst. a und b TV SozSich voneinander abgegrenzt und dabei zugleich einen angemessenen Abstand zur Arbeitslosigkeit iSd. §§ 101, 102 Abs. 1 AFG in der bei Abschluss des TV SozSich geltenden Fassung vorgesehen.
Mit dieser rechtlichen Ausgestaltung haben die Tarifvertragsparteien entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die mehr als 21 Stunden arbeiten, und solchen die diese Stundenzahl unterschreiten, getroffen, ohne ihren Gestaltungsspielraum zu überschreiten. Allerdings trifft der Hinweis des Arbeitsgerichts zu, dass ein Teilzeitbeschäftigter im Einzelfall aus einer Tätigkeit von 21 Stunden oder weniger eine höhere Vergütung erzielen kann als ein anderer Teilzeitbeschäftigter in einem Arbeitsverhältnis mit mehr als 21 Stunden. Den Tarifvertragsparteien kam es aber ausgehend vom Regelungszweck des TV SozSich offenkundig nicht auf ein Mindestmaß an Einkommen und damit eine Minderung der Leistungen des Bundes an. Vielmehr wollten sie sicherstellen, dass Arbeitnehmer mit Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe durch die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ursprünglich mehr als 50 % des Arbeitsvolumens eines Vollzeitbeschäftigten überhaupt eine Erwerbstätigkeit in mehr als geringfügigem Umfang iSd. bei Abschluss des TV SozSich geltenden § 102 AFG ausüben und sich so wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern [14]. Diese Grenzziehung knüpft damit unmittelbar an den sachlichen Grund, eine Anreizwirkung zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu schaffen, an. Die ihr zugrunde liegenden Annahmen halten sich im Rahmen der den Tarifvertragsparteien zukommenden Einschätzungsprärogative [15].
Die Regelung ist auch geeignet und erforderlich, den gewünschten Anreiz zu setzen. Das zeigen der Vortrag des Arbeitnehmers im vorliegenden Rechtsstreit, der einräumt, das Arbeitsverhältnis bei der Firma S an den Vorgaben des TV SozSich ausgerichtet zu haben und das Verhalten des Arbeitnehmers im Verfahren – 6 AZR 383/12, der ebenfalls versucht hatte, das Arbeitsverhältnis nach den Vorgaben des TV SozSich zu gestalten.
Die Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung von Teilzeitbeschäftigten mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von mehr als 21 Stunden bzw. 21 Stunden oder weniger ist nicht durch die zwischenzeitlichen Änderungen des Sozialversicherungsrechts entfallen. Die Höchstgrenze für geringfügige bzw. kurzzeitige Beschäftigungen iSd. § 102 AFG ist zwar nachfolgend auf 18 Stunden und später durch § 119 Abs. 3 SGB III in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung bzw. § 138 Abs. 3 SGB III auf 15 Stunden abgesenkt worden [16]. Dadurch ist zwar der Abstand zwischen einer Beschäftigungslosigkeit iSd. SGB III, die einen Anspruch nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich begründen kann, und einem berücksichtigungsfähigen Arbeitsverhältnis iSd. § 4 Ziff. 1 Buchst. a TV SozSich vergrößert worden. Zugleich ist damit aber auch die von den Tarifvertragsparteien verfolgte Anreizwirkung verstärkt worden. Der Arbeitnehmer soll eine Tätigkeit ausüben, die zu einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt führt. Das ist bei einer Tätigkeit mit mehr als 21 Stunden in größerem Maß zu bejahen als bei einer solchen mit 15 Stunden oder weniger.
Der Arbeitnehmer hatte für die Zeit seit dem 1.11.2006 auch keinen Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gemäß § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich. Er war zwar bei einer monatlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigungslos iSd. § 138 Abs. 3 SGB III. Der Arbeitnehmer hat jedoch nicht vorgetragen, Leistungen der Agentur für Arbeit bezogen zu haben, sondern offensichtlich von seinen Ersparnissen gelebt. Darum kann dahinstehen, ob einem Anspruch nach § 4 Ziff. 1 Buchst. b TV SozSich für die Zeit ab dem 1.11.2006 § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich entgegengestanden hätte. Ob der Arbeitnehmer zumindest eine Drittelrente hätte beziehen können, kann das Bundesarbeitsgericht ohnehin nicht feststellen. Maßgeblich dafür wäre zunächst die individuelle Hinzuverdienstgrenze des Arbeitnehmers [17]. Diese ist vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden. Für deren Höhe sind auch keine unstreitigen Tatsachen in der Revisionsinstanz vorgetragen. Nicht entscheidungserheblich ist deshalb auch, ob der Anspruch auf eine solche oder eine andere Teilrente überhaupt zum Erlöschen der Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c TV SozSich führt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Juli 2014 – 6 AZR 993/12
- TV SozSich[↩]
- vgl. ohne nähere Problematisierung BAG 27.09.2001 – 6 AZR 489/00, zu I 2 der Gründe; 22.12 1994 – 6 AZR 337/94[↩]
- vgl. zur grundsätzlich möglichen Geltung dieser Bestimmung bei unterschiedlicher Behandlung von Teilzeitbeschäftigten untereinander BAG 28.05.2013 – 3 AZR 266/11, Rn. 37[↩]
- BAG 25.04.2007 – 6 AZR 746/06, Rn. 23, BAGE 122, 215[↩]
- ABl. EG L 14 vom 20.01.1998 S. 9[↩]
- EuGH 1.03.2012 – C‑393/10 – [O‘Brien] Rn. 64, 66[↩]
- BAG 5.08.2009 – 10 AZR 634/08, Rn. 32; vgl. aus der älteren Rechtsprechung BAG 26.09.2001 – 10 AZR 714/00, zu II 2 b der Gründe, BAGE 99, 140[↩]
- Laux in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 4 Rn. 61[↩]
- BGBl. II 1973 S. 143[↩]
- BT-Drs. 7/361 S. 2[↩]
- BT-Drs. 7/119 S. 11[↩]
- vgl. BAG 10.07.2003 – 6 AZR 344/02, zu 1 b aa und 2 der Gründe; 22.12 1994 – 6 AZR 337/94, zu II 2 der Gründe[↩]
- vgl. BAG 22.12 1994 – 6 AZR 337/94, zu II 2 der Gründe[↩]
- vgl. BSG 8.10.1981 – 7 RAr 38/80[↩]
- vgl. dazu BAG 27.02.2014 – 6 AZR 931/12, Rn. 27; 24.10.2013 – 6 AZR 964/11, Rn. 34[↩]
- vgl. Valgolio in Hauck/Noftz SGB III 2. Aufl. Stand Mai 2012 K § 138 Rn. 24[↩]
- vgl. BSG 1.02.2005 – B 8 KN 6/04 R, Rn. 29[↩]