Überhöhte Gebühren wegen Spielsucht im Ordnungsamt

Eine außerordentliche, fristlose Kündigung, kann auch auf eine nicht schuldhaft begangene, schwere Pflichtverletzung gestützt werden. Die aufgrund einer Spielsucht vereinbarte „Dienstanweisung Sucht“ bewahrt bei strafbaren Handlungen nicht vor der Kündigung, wenn darin abgestufte Sanktionsverfahren bei Pflichtverletzungen geregelt sind, die auf typischen, suchtbedingten Ausfallerscheinungen beruhen, nicht aber auf strafbare Handlungen.

Überhöhte Gebühren wegen Spielsucht im Ordnungsamt

Mit dieser Begründung hat das Arbeitsgericht Düsseldorf in dem hier vorliegenden Fall die gegen die Kündigungen gerichtete Klage eines Mitarbeiters des Hildener Ordnungsamtes abgewiesen und bereits die erste Kündigung als wirksam erachtet. Der Kläger war seit ca. 23 Jahren im Ordnungsamt der beklagten Stadt Hilden als Verwaltungsfachangestellter beschäftigt. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, gebüh-renpflichtige Erlaubnisse, z.B. zum Betrieb einer Schankwirtschaft und zur gewerbs-mäßigen Aufstellung von Spielgeräten, erteilt und die – zum Teil überhöht festgesetzten – Gebühren selbst vereinnahmt zu haben. Die insgesamt veruntreute Summe beläuft sich auf mehr als 100.000,00 Euro. Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses auf Grund von insgesamt 33 Tat- bzw. Verdachtskündigungen.

Der Kläger hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt, aber die Ansicht vertreten, die Beklagte habe ihm gleichwohl nicht kündigen dürfen. Aufgrund seiner Spielsucht fehle ihm die Impuls- und Steuerungsfähigkeit, so dass ihm die Handlungen nicht vorwerfbar seien. Entsprechend einer bei ihr geltenden „Dienstvereinbarung Sucht“ sei die Beklagte verpflichtet gewesen, vor dem Ausspruch einer Kündigung zunächst ein abgestuftes Verfahren, bestehend aus Erstgespräch, Zweitgespräch, Ermahnung, 1. Abmahnung und weiterer Abmahnung, zu durchlaufen. Die Beklagte, für die seine Spielsucht offensichtlich gewesen sei, habe ihre Kontroll- und Überwachungspflichten verletzt.

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In seiner Urteilsbegründung hat das Arbeitsgericht Düsseldorf darauf hingewiesen, dass es die die „Dienstvereinbarung Sucht“ für nicht einschlägig hält. Die Auslegung der Vereinbarung ergebe, dass das darin geregelte abgestufte Sanktionsverfahren Pflichtverletzungen wie z.B. Verspätungen oder qualitative Fehlleistungen betreffe, die auf typischen, suchtbedingten Ausfallerscheinungen beruhten, nicht aber strafbare Handlungen. Die Darlegungen des Klägers zu seiner angeblichen Steuerungsunfähigkeit seien nicht hinreichend konkret. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar erklärt worden, warum der Kläger – was unstreitig ist – seine Pflichten immer wieder auch ordnungsgemäß habe erfüllen können. Im Übrigen könne eine außerordentliche, fristlose Kündigung, für die das Gesetz nicht zwischen verhaltens-, personen- und betriebsbedingten Gründen differenziere, auch auf eine nicht schuldhaft begangene, schwere Pflichtverletzung gestützt werden.

Das Arbeitsgericht hat die gegen die Kündigungen gerichtete Klage abgewiesen und bereits die erste Kündigung als wirksam erachtet.

Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 2 Ca 3420/14