Zuschläge für die Spätschicht – und die Anforderungen an die Berufungsbegründung

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss eine Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt1.

Zuschläge für die Spätschicht – und die Anforderungen an die Berufungsbegründung

Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach der Berufungseinlegung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen. 

Diesen Anforderungen wurde im hier entschiedenen Fall die Berufungsbegründung des Klägers im Hinblick auf den von ihm verfolgten Anspruch auf Zahlung weiterer Zuschläge für Arbeit in der Spätschicht nach 20:00 Uhr nicht gerecht:

Der Kläger hat für die während der Nachtschichten geleisteten Arbeitsstunden Zuschläge in Höhe von insgesamt 50 % des Stundenentgelts verlangt. Für die während der Spätschichten nach 20:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden hat er Zuschläge in Höhe von insgesamt 50 %, hilfsweise in Höhe von insgesamt 25 % geltend gemacht. Hierbei handelt es sich um drei voneinander zu unterscheidende Lebenssachverhalte und damit drei Streitgegenstände iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, deren Begründung nicht denknotwendig voneinander abhängt2. Die Frage, ob der Anspruch auf weitere Spätschichtzuschläge nach § 7 Ziff. 1 Buchst. c fünfter Spiegelstrich MTV iVm. Art. 3 Abs. 1 GG, hilfsweise nach § 7 Ziff. 1 Buchst. c erster Spiegelstrich MTV aus § 7 Ziff. 1 Buchst. b Abs. 2 iVm. § 6 Ziff. 4 MTV hergeleitet werden kann, kann unabhängig davon beantwortet werden, ob die Unterscheidung bei der Zuschlagshöhe für Nachtschichtarbeit einerseits und für unregelmäßige Nachtarbeit andererseits in § 7 Ziff. 1 Buchst. c dritter und fünfter Spiegelstrich MTV gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt und dem Kläger daraus folgend ein Anspruch auf Anpassung „nach oben“ zusteht.

In seiner Berufungsbegründung setzt sich der Kläger nicht mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts auseinander, mit denen es einen Anspruch auf höhere Zuschläge für die versehene Spätschichtarbeit abgelehnt hat. Sein Vorbringen bezieht sich ausschließlich auf die Begründung des Arbeitsgerichts, mit dem es einen Anspruch auf höhere Zuschläge für die während der Nachtschichten geleisteten Arbeitsstunden verneint hat, und damit auf einen anderen Streitgegenstand. Die bloße „vollumfängliche“ Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen reichte nicht aus, um die Berufung zu begründen3.

Nur hinsichtlich des behaupteten eigenständigen Anspruchs auf höhere Zuschläge für die während der Nachtschichten geleisteten Arbeitsstunden genügte die Berufungsbegründung daher den gesetzlichen Anforderungen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Oktober 2024 – 10 AZR 6/24

  1. st. Rspr., zB BAG 28.06.2023 – 5 AZR 9/23, Rn. 13 mwN; 23.08.2017 – 10 AZR 136/17, Rn. 13[]
  2. vgl. zum zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff BAG 10.11.2021 – 10 AZR 696/19, Rn. 17 mwN, BAGE 176, 160[]
  3. vgl. BAG 28.06.2023 – 5 AZR 9/23, Rn. 16[]