Dass die Geschäftsordnung einer Rechtsanwaltskammer neben Kammermitgliedern auch „Anwaltvereinen“ ein Wahlvorschlagsrecht für die Wahl zum Kammervorstand einräumt, begründet keine Bedenken gegen die Gültigkeit der Wahl.

Das Wahlvorschlagsrecht jedes einzelnen Kammermitglieds und damit auch die formale Chancengleichheit aller Wahlbewerber1 bleibt von dieser Regelung unberührt. Dass neben einzelnen Kammermitgliedern auch Zusammenschlüsse von Kammermitgliedern oder eben berufsständische Organisationen Wahlvorschläge machen dürfen, überschreitet die Grenzen der der Rechtsanwaltskammer überantworteten Satzungsautonomie nicht (hierzu allgemein Lauda in Gaier/Wolf/Göcken, aaO, § 64 BRAO Rn. 3 ff.; vgl. auch den BGH, Beschluss vom 15.09.1969 – AnwZ (B) 6/69, BGHZ 52, 297, 299 zugrunde liegenden Fall).
Das gilt auch dann, wenn sich – was im hier entschiedenen Fall der Rechtsanwaltskammer Köln und der Anwaltsvereine Köln, Bonn und Aachen nicht der Fall ist – in ihnen nicht ausschließlich Kammermitglieder vereinigen sollten. Wie es zu beurteilen wäre, wenn im konkreten Fall Wahlvorschläge innerhalb der Gremien der örtlichen Anwaltvereine auf Nichtkammermitglieder zurückgingen oder – worauf sich der Rechtsanwalt beispielhaft beruft – von polnischen oder brasilianischen „Anwaltvereinen“ unterbreitet worden wären, muss der Bundesgerichtshof nicht entscheiden. Denn für beides existieren keine Anhaltspunkte. Eine unter Umständen zu weite Bestimmung der Geschäftsordnung muss sich aber konkret und nicht nur theoretisch auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben können2.
Auch die Chancen von nicht durch die Anwaltvereine vorgeschlagenen Wahlbewerbern werden durch die Regelung nicht in zu beanstandender Weise beeinträchtigt. Es liegt in der Natur der Sache und ist bei demokratischen Wahlen hinzunehmen, wenn sich Kandidaten in der Wahlversammlung der Unterstützung durch Kammermitglieder gewiss sein können, die in berufsständischen Vereinigungen organisiert sind. Genauso klar ist andererseits, dass Wahlbewerber, die sich – wie vorliegend der Rechtsanwalt – erst in der Mitgliederversammlung zu einer Kandidatur bereitfinden, ohne zuvor für sich geworben zu haben, zunächst eine schlechtere Ausgangsposition haben. Dies hat aber nichts mit der beanstandeten seinerzeitigen Satzungsbestimmung zu tun. Dass der hier klagende Rechtsanwalt nicht von vornherein chancenlos war, erweist im Übrigen der Umstand, dass er trotz der eher ungünstigen Ausgangsbedingungen 68 Stimmen auf sich vereinigen konnte.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12. März 2015 – AnwZ(Brfg) 82/13