Die obdachlose Familie – und das menschenunwürdige Kölner „Hotel“

Wird eine obdachlose Familie mit fünf Personen in einer insgesamt 30 m² großen Wohnung untergebracht, so entspricht das nicht den rechtlichen Anforderungen und ist menschenunwürdig.

Die obdachlose Familie – und das menschenunwürdige Kölner „Hotel“

So hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dem hier vorliegenden Eilverfahren entschieden und die Stadt Köln verpflichtet, der Familie eine ausreichend große Obdachlosenunterkunft zur Verfügung zu stellen, die Rückzugsmöglichkeiten eröffnen. Die fünfköpfige Familie, die seit 6 Monaten obdachlos ist, besteht aus zwei minderjährigen und zwei volljährigen Töchtern. Nach Meinung des Verwaltungsgerichts Köln1 seien die Antragstellerinnen nicht obdachlos, weil die Stadt ihnen die Möglichkeit vermittelt habe, die bislang genutzten 30 qm in einem ausschließlich von der Stadt Köln zur Unterbringung von Obdachlosen genutzten „Hotel“ eines gewerblichen Betreibers in eigenem Namen anzumieten.

Dieser Auffassung ist das Oberverwaltungsgericht Münster in seiner Entscheidung nicht gefolgt: Die Inanspruchnahme dieser Anmietungsmöglichkeit, die Kosten in Höhe von 26,75 Euro täglich pro Person verursacht (d. h. für 5 Personen 133,75 Euro pro Tag oder rund 4.000 Euro im Monat, was einem Quadratmeterpreis von weit über 100 Euro pro Monat entspricht), hielt das Oberverwaltungsgericht für nicht zumutbar, auch wenn die Kosten anscheinend vom zuständigen Sozialleistungsträger (Sozialamt oder Jobcenter) übernommen werden.

Weiterhin hat das Oberverwaltungsgericht Münster ausgeführt, dass der Unterbringungsanspruch eines Obdachlosen zwar grundsätzlich nur auf die Unterbringung in einer menschenwürdigen Unterkunft gerichtet sei, die Schutz vor den Unbilden der Witterung biete sowie Raum für die notwendigsten Lebensbedürfnisse lasse. Dabei müssten Obdachlose im Verhältnis zur Versorgung mit einer Wohnung weitgehende Einschränkungen hinnehmen. Allerdings muss dem Unterzubringenden eine gewisse Mindestfläche von ca. 9 qm, je nach den Einzelfallumständen – insbesondere bei nicht nur kurzfristiger Obdachlosigkeit – auch mehr, zur Verfügung stehen. Zudem sei schutzwürdigen Belangen von minderjährigen Kindern Rechnung zu tragen, und die Unterkunft müsse eine Rückzugsmöglichkeit für einzelne (erwachsene) Familienangehörige bieten.

Weiterlesen:
Haftung für das eigene WLAN

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. März 2020 – 9 B 187/20

  1. VG Köln, 20 L 27/20[]

Bildnachweis: