Das im Umgangsrechtsverfahren vereinbarte Wechselmodell – und seine Abänderung

Die Abänderung eines in einem Umgangsrechtsverfahren vereinbarten Wechselmodells kann nur in einem solchen Verfahren und nicht in einem Sorgerechtsverfahren erreicht werden1.

Das im Umgangsrechtsverfahren vereinbarte Wechselmodell – und seine Abänderung

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs legt der Wortlaut des § 1696 BGB nahe, dass sich die Abänderung auf die jeweils gleichartige Entscheidung, einerseits auf das Sorge- oder andererseits auf das Umgangsrecht, beziehen muss. Bei Sorge- und Umgangsrechtsverfahren handelt es sich nach der gesetzlichen Systematik um eigenständige Verfahrensgegenstände. Während im Sorgerechtsverfahren etwa nach § 1671 BGB oder § 1666 BGB die Frage der Rechtszuständigkeit der Eltern für die elterliche Sorge oder Teile davon in Rede steht, betrifft die Umgangsregelung die tatsächliche Ausübung der elterlichen Sorge und schränkt insoweit die Befugnisse des Sorgeberechtigten entsprechend ein, ohne in das Sorgerecht als Status einzugreifen. Sorge- und Umgangsrecht unterliegen dementsprechend verfahrensrechtlich der eigenständigen Behandlung, wie es das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat. Entsprechend entfaltet die im jeweiligen Verfahren erlassene Entscheidung keine übergreifende Bindungswirkung auch für den anderen Verfahrensgegenstand2.

Zudem ist die Prämisse des Rechtsmittelbegehrens nicht haltbar, dass mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil zugleich notwendigerweise die gerichtliche Entscheidung für ein Residenzmodell verbunden sei. Denn diese Folge ist nicht Gegenstand der Sorgerechtsentscheidung, welche allein in der Übertragung der entsprechenden Befugnis auf den Elternteil besteht. Auch ist die Betreuung im Residenzmodell nicht auf andere Weise zwangsläufig mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts verbunden3. Wie das Oberlandesgericht zutreffend erkannt hat, folgt daraus, dass eine in einem Umgangsrechtsverfahren beschlossene oder mit familiengerichtlicher Genehmigung vereinbarte Regelung des Wechselmodells nur in einem Umgangsrechtsverfahren und nicht in einem Sorgerechtsverfahren abgeändert werden kann.

Weiterlesen:
Die ablehnte Verfahrenskostenhilfe für ein Sorgerechtsverfahren - und der Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit

Ob eine auf das Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung in bestimmten Fallgestaltungen, wenn der umgangsberechtigte Elternteil nicht mitsorgeberechtigt ist, zu einer vorherigen sorgerechtlichen Regelung möglicherweise in sachlichen Widerspruch treten kann, stellt sich als eine im jeweiligen Einzelfall zu beantwortende Frage der inhaltlichen Folgerichtigkeit der im jeweiligen Verfahren zu treffenden Entscheidung dar4.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. Januar 2022 – XII ZA 12/21

  1. Fortführung der BGH, Beschlüsse BGHZ 214, 31 = FamRZ 2017, 532; und vom 27.11.2019 XII ZB 512/18 FamRZ 2020, 255[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2019 XII ZB 512/18 FamRZ 2020, 255 Rn. 14 mwN[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2019 XII ZB 512/18 , FamRZ 2020, 255 Rn. 15 mwN[]
  4. vgl. BGH, Beschlüsse BGHZ 214, 31 = FamRZ 2017, 532 Rn. 21; und vom 27.11.2019 XII ZB 512/18 , FamRZ 2020, 255 Rn. 17 mwN[]

Bildnachweis: