Verfügt der Ausgleichspflichtige bei einem betrieblichen Versorgungsträger über mehrere Anrechte, von denen eines geringfügig ist, das aber ebenso wie ein nicht geringfügiges Anrecht im Wege der externen Teilung zu demselben Zielversorgungsträger auszugleichen ist, so dass kein nennenswerter Aufwand durch die Teilung entsteht, erscheint es im Rahmen der Ermessensausübung nach § 18 Abs.2 VersAusglG unbillig, vom Grundsatz der Halbteilung der Anrechte nur wegen der vorgenommenen Aufspaltung der betrieblichen Altersversorgung auf verschiedene Durchführungsarten abzusehen. Liegt das vom Gesetzgeber für den Regelfall angenommene Missverhältnis zwischen Teilungsaufwand und Nutzen eines geringwertigen Anrechts im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung nicht vor, erscheint ein Ausgleich geboten, auch wenn keine sonstigen Belange der beteiligten Eheleute den Ausgleich erfordern.

Nach § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen.
In dem hier vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Fall hat der Antragsgegner innerhalb der Ehezeit im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bei der Deutschen Lufthansa AG nicht nur das vom Amtsgericht berücksichtigte Anrecht auf die LufthansaBetriebsrente mit einem Ausgleichswert von 19.680,27 Euro erworben, für das der Versorgungsträger die externe Teilung gefordert hat.
Der Ausgleich dieses Anrechts ist nicht auszuschliessen.
Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen. Das Anrecht des Antragsgegners Deferred Compensation hat zwar einen im Sinne des § 18 Abs. 2 VersAusglG geringen Ausgleichswert. Denn der Kapitalwert liegt mit 2.765,20 Euro unter dem in § 18 Abs. 3 VersAusglG festgelegten Grenzwert von 120 % der monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 Abs. 1 SGB IV, der bei Ehezeitende im Jahr 2010 (2.555,00 Euro x 120 % =) 3.066,00 Euro betrug. Diese Versorgung ist jedoch, obgleich die Wertgrenze unterschritten ist, wegen Vorliegens besonderer Gründe dennoch auszugleichen.
Die Ausgestaltung des § 18 Abs. 2 VersAusglG als Sollvorschrift eröffnet einen Ermessensspielraum. Nach der Gesetzesbegründung sollen geringfügige Anrechte zur Vereinfachung des Versorgungsausgleichs grundsätzlich ausgeschlossen werden1. Im Regelfall soll daher von dem Ausgleich einzelner Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert abgesehen werden. Trotz Geringwertigkeit ist der Ausgleich aber vorzunehmen, wenn dies aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ausnahmweise geboten ist. Dabei sind nicht nur Belange der beteiligten Eheleute bezüglich der konkreten Versorgungssituation geeignet, ein Absehen vom Ausschluss zu rechtfertigen. Denn der Zweck der Vorschrift des § 18 VersAusglG ist es vor allem, dem zuständigen Versorgungsträger einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand zu ersparen, der ihm durch die Teilung und die Aufnahme eines neuen Rentenberechtigten entstehen würde2. § 18 VersAusglG soll dem Versorgungsträger den Aufwand ersparen, für wertmäßig geringe Anrechte kleine Renten begründen und verwalten zu müssen. Nach Auffassung des Senats kommt damit der Höhe des zu erwartenden Teilungsaufwandes im Rahmen der Ermessensausübung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG eine große Bedeutung zu3. Zugleich soll mit dem Ausschluss das Entstehen von Splitterversorgungen der beteiligten Eheleute und die weitere unverhältnismäßige Verringerung der ohnehin geringen Anrechte durch mit der Teilung verbundene Kosten vermieden werden. Dieser Zweck ist gegen die Interessen des Ausgleichsberechtigten und den Halbteilungsgrundsatz abzuwägen.
Keiner dieser Gesichtspunkte, die für einen Ausschluss sprechen könnten, kommt vorliegend zum Tragen. Durch den Ausgleich des Anrechts Deferred Compensation entsteht kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand bei der Deutschen Lufthansa AG als Versorgungsträger. Zudem hat diese sich selbst nicht gegen einen Ausgleich ausgesprochen, was im Rahmen der Ermessensentscheidung ebenfalls zu berücksichtigen ist4. Da die Deutsche Lufthansa AG für das Anrecht die externe Teilung beantragt hat, erschöpft sich der ihr entstehende Verwaltungsaufwand in der Auszahlung des Ausgleichswertes an die Zielversorgung und in der Erfassung und Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs im Versorgungskonto des Antragsgegners. Da die Deutsche Lufthansa AG bereits aufgrund der externen Teilung der LufthansaBetriebsrente zu deren Ausgleich durch Zahlung an denselben Zielversorgungsträger verpflichtet ist, entsteht ihr durch den externen Ausgleich des zweiten Anrechts ersichtlich kein nennenswerter Verwaltungsaufwand. Darüber hinaus ist das Entstehen einer Splitterversorgung auf Seiten der Antragstellerin ausgeschlossen, weil die Ausgleichsbeträge für die betrieblichen Anrechte im Wege der externen Teilung (ohne Abzug von Kosten) insgesamt an einen Zielversorgungsträger zur Begründung eines Vertrages über eine Basisversorgung überwiesen werden.
Verfügt der Ausgleichspflichtige damit bei einem betrieblichen Versorgungsträger über mehrere Anrechte, von denen eines geringfügig ist, das aber ebenso wie das nicht geringfügige Anrecht im Wege der externen Teilung zu demselben Zielversorgungsträger auszugleichen ist, so dass kein nennenswerter Aufwand durch die Teilung entsteht, erscheint es unbillig, vom Grundsatz der Halbteilung der Anrechte nur wegen der vorgenommenen Aufspaltung der betrieblichen Altersversorgung auf verschiedene Durchführungsarten abzusehen5. Liegt das vom Gesetzgeber für den Regelfall angenommene Missverhältnis zwischen Teilungsaufwand und Nutzen eines geringwertigen Anrechts im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung nicht vor, erscheint ein Ausgleich geboten, auch wenn keine sonstigen Belange der beteiligten Eheleute wie z.B. die Versorgungssituation der Beteiligten oder besondere Leistungsvoraussetzugen der Anrechte den Ausgleich erfordern.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 22. August 2011 – 2 UF 103/11