Kita-Gebühren – und das BAföG-Darlehen als Einkommen

Kommt es für die Berechnung von Gebühren für Kindertagesstätten auf die Höhe des von den Eltern erzielten Einkommens i.S.d. Sozialhilferechts (§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) an, so gehört zu diesem Einkommen auch der als öffentlich-rechtliches Darlehen gewährte Teil der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz.

Kita-Gebühren – und das BAföG-Darlehen als Einkommen

In dem jetzt vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschiedenen Fall wurde der Sohn der klagenden Eltern in einer von der beklagten Stadt betriebenen Kindertagesstätte betreut. Dafür zog die Stadt die Eltern zu einer Teilnahmegebühr heran. Für die Ermittlung der Höhe der Teilnahmegebühr kommt es unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit auf die Höhe des anrechenbaren Familieneinkommens an. Hierzu zählte die Stadt auch den der Mutter als Darlehen gewährten Teil der individuellen Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Die Mutter bezog als Studierende solche Leistungen, die ihr jeweils zur Hälfte als Zuschuss und als öffentlich-rechtliches Darlehen bewilligt wurden.

Sowohl der Widerspruch der Eltern wie auch ihre Klage und Berufung vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht gegen die Höhe der Teilnahmegebühr blieben insoweit ohne Erfolg1. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte nun die Schleswiger Urteile und wies auch die Revision der Eltern gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts zurück:

Einkommen i.S.d. für die Feststellung der zumutbaren Belastung mit der Gebühr entsprechend geltenden § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind grundsätzlich Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die zu einem wertmäßigen Zuwachs bei demjenigen führen, der solche Einkünfte hat. Daran fehlt es regelmäßig, wenn die Einkünfte von vornherein mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet sind. Zwar ist auch das als Teil der individuellen Ausbildungsförderung gewährte öffentlich-rechtliche Darlehen grundsätzlich, wenngleich unter günstigeren Bedingungen, zurückzuzahlen. Seine Berücksichtigung als Einkommen i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist mit Blick auf die mit der individuellen Ausbildungsförderung verknüpften Ziele und die Ausgestaltung des Förderungssystems gleichwohl gerechtfertigt.

Durch die Förderung seiner Ausbildung wird der Auszubildende typischerweise in die Lage versetzt, einen Mehrwert zu generieren, der sich in dem Abschluss der Ausbildung und der Aufnahme einer qualifizierten Berufstätigkeit mit besseren Verdienstmöglichkeiten widerspiegelt und der die Erwartung rechtfertigt, dass eine Rückzahlung des Darlehens innerhalb einer angemessenen Zeit ohne Beeinträchtigung des Lebensunterhalts zumutbar ist. Das Darlehen stellt sich insoweit als eine Art Vorfinanzierung der verbesserten Einkommensaussichten dar. Die im Ausbildungsförderungsrecht angelegte Aussicht auf diesen Mehrwert rechtfertigt es, das öffentlich-rechtliche Darlehen als Einkommen zu behandeln.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 5 C 8.15

  1. VG Schleswig, Urteil vom 28.04.2011 – 15 A 171/09; OVG Schleswig, Urteil vom 27.11.2014 – 3 LB 1/12[]