Ein Urteil ist (teilweise) nicht mit Gründen versehen, wenn das Finanzgericht einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergeht oder einen bestimmten Sachverhaltskomplex überhaupt nicht berücksichtigt.
Nach § 119 Nr. 6 FGO ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Dabei muss das Finanzgericht zwar nicht auf alle Einzelheiten des Sachverhalts und auf jede von den Beteiligten angestellte Erwägung näher eingehen. Ein Urteil enthält aber keine hinreichenden Entscheidungsgründe, wenn das Finanzgericht einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergeht oder einen bestimmten Sachverhaltskomplex überhaupt nicht berücksichtigt1.
So auch in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Finanzgerichts des Saarlands2:
Das Finanzgericht hätte dem Einwand der Klägerin, sie habe die erweiterte Prüfungsanordnung angefochten und das Einspruchsverfahren sei noch nicht erledigt, nachgehen müssen. Ein offenes Einspruchsverfahren gegen die erweiterte Prüfungsanordnung wäre für die Klageverfahren vorgreiflich gewesen. Denn die erfolgreiche Anfechtung einer Prüfungsanordnung führt dazu, dass die Erkenntnisse der Außenprüfung grundsätzlich nicht verwertet werden dürfen3.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29. Oktober 2025 – X B 31 – 32/25
- BFH, Beschluss vom 28.04.2025 – V B 30/23, BFH/NV 2025, 886, Rz 13, m.w.N.[↩]
- FG Saarland, Urteil vom 12.03.2025 – 1 K 1104/21[↩]
- BFH, Entscheidungen vom 21.04.1993 – X R 112/91, BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649, unter B.II. 1.a; und vom 14.04.2020 – VI R 32/17, BFHE 268, 493, BStBl II 2020, 487, Rz 22, m.w.N.[↩]










