Die Sachaufklärungspflicht des Finanzgerichts – und die Frage der Entscheidungserheblichkeit

Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife herbeizuführen, hat das Finanzgericht nur das aufzuklären, was aus seiner materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserheblich ist.

Die Sachaufklärungspflicht des Finanzgerichts – und die Frage der Entscheidungserheblichkeit

Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife herbeizuführen, hat das Finanzgericht nur das aufzuklären, was aus seiner materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserheblich ist1. Dies hat das Finanzgericht im vorliegenden Fall getan. Zu einer Aktenbeiziehung „ins Blaue hinein“ war das Finanzgericht nicht verpflichtet2, was vorliegend insbesondere auf das Vorbringen der Klägerin zutrifft, das Finanzamt habe die Prüfungsanordnung zu anderen Ausforschungszwecken als gegen die guten Sitten verstoßend und missbräuchlich einsetzen wollen.

Zwar kann die fehlende gerichtliche Anforderung, weitere den Streitfall betreffende Akten des Finanzamts zu übersenden, der Grundordnung des Verfahrens widersprechen. Dies setzt aber voraus, dass es sich dabei um Akten handelt, die aus der Sicht des Finanzgerichtes für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage erheblich sind und für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sein können. Dabei verfügt das Finanzgericht über eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Frage, welche Akten es für entscheidungserheblich hält, die den Bundesfinanzhof allerdings nicht bindet, wenn die Rechtsauffassung des Finanzgerichtes offenkundig fehlerhaft ist. Dies ist in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise darzulegen3.

Hierzu ergibt sich im vorliegenden Fall aus der Beschwerde bereits nicht, weshalb das Finanzgericht nach seiner insoweit maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung verfahrensfehlerhaft von einer weiteren Aktenanforderung abgesehen hat. Die Beschwerde beschränkt sich insoweit nur darauf, eine weitere Aktenanforderung sei erforderlich gewesen, um beurteilen zu können, ob eine Nichtigkeit auslösende Willkür aufseiten des Finanzamtes vorgelegen habe, ohne dies indes -bis auf den Vorwurf, die Prüfung diene nur missbräuchlichen anderen Ausforschungszwecken- zu konkretisieren. Dies genügt nicht.

Aus den Ausführungen der Klägerin zu einer angeblichen Beweisvereitelung erschließt sich zudem nicht, wodurch das Finanzamt eine Beweisvereitelung hätte erreichen wollen oder können, zumal darüber hinaus als Verfahrensmängel im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nur Verfahrensfehler des Finanzgerichtes, nicht aber Verfahrensfehler der Finanzbehörden in Betracht kommen4.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10. November 2025 – V B 70/24

  1. vgl. BFH, Beschluss vom 04.03.2020 – XI B 30/19, BFH/NV 2020, 611, Rz 11, m.w.N.[]
  2. vgl. dazu auch BFH, Beschluss vom 12.02.2019 – VIII B 53/18, BFH/NV 2019, 568, Rz 12 und 13, m.w.N.[]
  3. BFH, Beschluss vom 30.05.2022 – II B 56/21, BFH/NV 2022, 905, Rz 10 und 11[]
  4. BFH, Beschluss vom 12.01.2023 – IX B 81/21, BFH/NV 2023, 380, Rz 16[]