Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es weder aus rechtssystematischer noch aus verfassungsrechtlicher Sicht zu beanstanden, dass § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2002 n.F. auch den Abzug von Veräußerungsverlusten und Teilwertabschreibungen ausschließt1.

Das in § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG 2002 n.F. angeordnete Abzugsverbot für Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Darlehenssicherheiten erfordert nur, dass der Gesellschafter, der das Darlehen oder die Sicherheit gewährt, zu irgendeinem Zeitpunkt während der Darlehenslaufzeit zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft beteiligt ist oder war. Auf den Zeitpunkt (nur) der Darlehensbegebung oder den Eintritt (nur) der Gewinnminderung kommt es nicht an. Das in § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG 2002 n.F. enthaltene Abzugsverbot ist verfassungsgemäß.
Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2009 sind u.a. Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem Anteil an einer Körperschaft entstehen, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG 2009 gehören, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen. Danach bestimmt sich auch der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer (i.V.m mit § 10d EStG 2009 und § 8 Abs. 1 KStG 2002 n.F.) ebenso wie der vortragsfähige Gewerbeverlust (i.V.m § 10a und § 7 Satz 1 und Satz 4 letzter Halbsatz des GewStG 2002).
Nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG 2002 n.F. gehören zu den Gewinnminderungen i.S. des Satzes 3 auch Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben wurden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder war.
Mit der letzteren Verwendung sowohl des Präsens („ist“) als auch des Imperfekts („war“) zeigt das Gesetz in letztlich unmissverständlicher Weise an, dass ihm eine Beteiligung im Umfang der bezeichneten Wesentlichkeitsschwelle von mehr als einem Viertel der Anteile am Grund- oder Stammkapital zu irgendeinem Zeitpunkt genügt und dass es auf irgendwelche zeitlichen Beschränkungen ‑beispielsweise bezogen auf den Zeitpunkt der Darlehensbegebung oder dem Zeitpunkt des Wertverfalls- nicht ankommt. Die Verwendung des Präsens im Hinblick auf die Darlehensbegebung („wird“) ändert daran ebenso wenig wie die Verwendung des Imperfekts einerseits im Hinblick auf die betreffende Gewinnminderung für die hingegebenen Sicherheiten („wurden“), andererseits aber auch wiederum im Hinblick auf das Darlehen, das der betreffenden Körperschaft gewährt „wurde“. Weder zu dem einen noch zu dem anderen steht die Festlegung der qualifizierten Beteiligungsverhältnisse im letzten Halbsatz der Vorschrift in einem greifbaren Zeitzusammenhang. Und so gesehen ist es vonnöten, reicht es aber zugleich aus, wenn der darlehensgewährende Gesellschafter, wie im Streitfall die Klägerin, die Beteiligungserfordernisse erst während der Darlehenslaufzeit erfüllt. Dass dieses Auslegungsergebnis, das zwanglos aus dem Regelungstext abzuleiten ist, gemessen an dem Regelungszweck ‑nämlich anderweitig unter Umständen mögliche Gestaltungen zur Vermeidung des Abzugsverbots des § 8b Abs. 3 KStG 2002 n.F. zu unterbinden- eine „überschießende“ Tendenz aufweisen mag, widerspricht dem nicht. Sollte unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien2 ein derart einengender Wille des Gesetzgebers bestanden haben, so hätte sich ein solcher jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen. Auf den letzteren kommt es aber an, wenn er, wie hier, zweifelsfrei ist und sich ein anderweitiges Verständnis aus Gründen übergeordneten Rechts nicht zwingend aufdrängt3.
Grundsätze des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes widersprechen dem nicht: Zwar wurde der Abzugsausschluss in § 8b Abs. 3 und 4 KStG 2002 n.F. erst ab dem Veranlagungszeitraum 2008 durch das Jahressteuergesetz 2008 neu in das Gesetz eingefügt und waren entsprechende Teilwertabschreibungen zuvor uneingeschränkt abzugsfähig. Das hat der Bundesfinanzhof ‑zur Abschreibung auf sog. eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen- in seinem Urteil vom 14. Januar 20094 zur seinerzeitigen Regelungslage entschieden. Das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den unbeschränkten Fortbestand steuerrechtlicher Abzugspositionen ist indessen nicht schützenswert, solange diese nicht in die Vergangenheit zurückwirken. Das aber ist vorliegend der Fall5. Die Neuregelung wirkt erstmals für Gewinnminderungen vom Veranlagungszeitraum 2008 an und führt sonach zu einer sog. unechten Rückwirkung, weil ihre belastenden Rechtsfolgen ‑hier: die Versagung der Gewinnminderung aus der Teilwertabschreibung- erst am 31.12 2009, dem streitgegenständlichen Feststellungsstichtag, eintreten6. Und dass der Wert des begebenen Darlehens (ganz oder zum Teil) bereits in den Vorjahren gemindert gewesen wäre7, wurde im vorliegenden Fall vom Finanzgericht nicht festgestellt und wird von der Klägerin auch jetzt nur behauptet.
Die geltend gemachten grundlegenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 8b Abs. 3 KStG 2002 n.F. sind nicht tragfähig.
Das betrifft zunächst die Nicht-Abzugsfähigkeit von Veräußerungs- und Liquidationsverlusten nach Maßgabe von § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2002 n.F. Darüber hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 13.10.20108 entschieden und etwaige Verfassungseinwände unbeschadet gewisser rechtssystematischer Bedenken im Ergebnis verworfen. Daran ist mit den Gründen jener Entscheidung, auf welche, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen wird, uneingeschränkt festzuhalten. Die Klägerin hat nichts Neues erwogen, das die seinerzeitigen Überlegungen und das Ergebnis der Entscheidung in Frage stellen könnte.
Der Bundesfinanzhof ist auch nicht davon überzeugt, dass der Gesetzgeber mit § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG 2002 n.F. eine verfassungswidrige Vorschrift geschaffen hat. Zwar mag darüber nachgedacht werden, ob es dem Verfassungsgebot der Folgerichtigkeit einer Gesetzesregelung zuwiderläuft, wenn auch Darlehensverluste in das Abzugsverbot miteinbezogen werden, obschon eine auch nur gedachte Korrespondenz mit steuerfreien Einnahmen (nach § 8b Abs. 1 KStG 2002) hier mangels einschlägiger Tatbestandsmäßigkeit von vornherein ausgeschlossen ist9. Bemängelt wird überdies eine Verletzung der allgemeinen Finanzierungsfreiheit10. Auch lässt sich bedenken, dass der durch § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG 2002 n.F. ermöglichte Gegenbeweis der Fremdüblichkeit nichts an der prinzipiellen Asymmetrie und damit dem Verstoß gegen die Folgerichtigkeit ändert, und dass der Gegenbeweis im allgemeinen und in Krisensituationen im Besonderen praktisch ohnehin kaum erbracht werden kann11. All das trifft zu, gereicht aber dennoch nicht zur Annahme eines Verfassungsverstoßes. Denn bei Licht betrachtet, korrespondiert der Abzugsausschluss nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG 2002 n.F. nicht mit der Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 2002, sondern (nur) mit jener nach dessen Absatz 2. Er ergänzt in diesem Zusammenhang den generellen (und systematisch korrekten) Abzugsausschluss nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2002 n.F., und zwar erkennbar zu dem schon beschriebenen Zweck, dessen mögliche (und ggf. auch missbräuchliche) Umgehung vermittels eines Gesellschafterdarlehens in typisierender Weise zu verhindern. Das aber muss dem Gesetzgeber im Rahmen seines (weiten) gestalterischen Entscheidungsfreiraumes zugestanden werden. Soweit es hierbei vor allem dadurch zu überschießenden Wirkungen kommen kann, dass infolge Darlehensverzichts des Gesellschafters bei der Gesellschaft ein steuerwirksamer Ertrag entsteht12, wäre dem unter Umständen mittels Billigkeitserweis im Einzelfall abzuhelfen13.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. März 2014 – I R 87/12
- Bestätigung von BFH, Urteil vom 13.10.2010 – I R 79/09, BFHE 231, 529[↩]
- in BT-Drs. 16/6290, S. 73; vgl. auch Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 277[↩]
- ebenso z.B. Gosch, a.a.O., § 8b Rz 279c; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8b Rz 485, m.w.N.; Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz 227; s. auch Neumann in Neumann/Watermeyer, Die Unternehmensbesteuerung ‑Ubg- 2008, 748, 751; anders z.B. M. Frotscher in G. Frotscher/Maas, KStG, GewStG, UmwStG, § 8b KStG Rz 305 ff.; Gröbl/Adrian in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz 185; Watermeyer in Neumann/Watermeyer, ebenda; Winhard, Finanz-Rundschau ‑FR- 2010, 686, 687[↩]
- BFH, Urteil vom 14.01.2009 – I R 52/08, BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674[↩]
- M. Frotscher in G. Frotscher/Maas, a.a.O., § 8b KStG Rz 282; Winhard, FR 2010, 686; anders Neumann/Watermeyer, Ubg 2008, 748, 756[↩]
- vgl. dazu auch ‑bezogen auf § 34 Abs. 4 Satz 3 und 4 i.V.m. § 8b Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG 1999- BFH, Urteil vom 06.03.2013 – I R 10/11, BFHE 241, 157, BStBl II 2013, 707[↩]
- s. zu einer vergleichbaren Konstellation: BVerfG, Beschluss vom 07.07.2010 – 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BVerfGE 127, 61, zur Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle bei § 17 EStG[↩]
- BFH, Urteil vom 13.10.2010 – I R 79/09, BFHE 231, 529[↩]
- vgl. Gosch, a.a.O., § 8b Rz 279a; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, a.a.O., § 8b Rz 453; Blümich/Rengers, § 8b KStG Rz 291; Lechner, Ubg 2013, 162; Letzgus, Betriebs-Berater ‑BB- 2010, 92[↩]
- Schnitger, ebenda[↩]
- Lechner, Ubg 2013, 162[↩]
- s. dazu BFH, Beschluss vom 09.06.1997 – GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307; und dazu auch Letzgus, BB 2010, 92; Lechner, Ubg 2013, 162[↩]
- so denn auch explizit die Regelungsbegründung, s. BT-Drs. 16/6290, S. 74[↩]