Bandbreitenrechtsprechung und die Ermittlung des Teilwerts

Die sog. „Bandbreitenrechtsprechung“ ist nicht auf die Ermittlung des Teilwerts übertragbar.

Bandbreitenrechtsprechung und die Ermittlung des Teilwerts

Eine Entnahme liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen aus betriebsfremden Gründen ohne angemessene Gegenleistung verlässt. Die Entnahme wird nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert bewertet, bzw. bei einer den Teilwert nicht erreichenden Gegenleistung mit der Differenz zwischen der Gegenleistung und dem Teilwert1. Dieser Grundsatz gilt gleichermaßen für das Betriebsvermögen einschließlich des Sonderbetriebsvermögens bei einer Mitunternehmerschaft. Verkauft die Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) dem Gesellschafter (Mitunternehmer) das Wirtschaftsgut unter dem erzielbaren Marktpreis, so liegt in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Marktpreis eine (verdeckte) Entnahme des Gesellschafters vor2.

Der Teilwert eines bestimmten Wirtschaftsguts ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Der Teilwert ist deshalb ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern auf einer allgemeinen Werteinschätzung beruht3. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs4 kann in der Regel für den Teilwert eines nicht betriebsnotwendigen Wirtschaftsguts der Verkehrswert angesetzt werden, wenn kein Anhaltspunkt besteht, dass dieser Wert vom Teilwert abweicht. Bei der Teilwertermittlung durch das Finanzgericht handelt es sich um eine Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung5, die Tatsachenfeststellung i.S. von § 118 Abs. 2 FGO ist und daher revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und nicht gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt6. Ist dies der Fall, so bleibt der vom Finanzgericht ermittelte Wert auch dann maßgeblich, wenn ein anderer Wert gleichermaßen oder sogar besser begründbar erscheint. Der vom Finanzgericht zu bestimmende Teilwert ist eine bestimmte feste Größe und ist insbesondere nicht nach einer Bandbreite zu bestimmen7.

Die zur Begründung einer abweichenden Rechtsansicht herangezogenen BFH-Urteile in BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171 und in BFHE 209, 460, BStBl II 2007, 658 befassen sich nicht mit der Bewertung eines Wirtschaftsguts zum Teilwert, sondern mit der Frage, ob zu einem unüblich niedrigen Preis an eine nahestehende Gesellschaft verkauft wurde und daher eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 KStG) gegeben war; dabei war der niedrigste innerhalb der Bandbreite möglicher fremdüblicher Preise liegende Wert anzusetzen. Diese Bandbreitenrechtsprechung basiert mithin auf einem Fremdvergleich. Ein Fremdvergleich ist zur Bestimmung des Teilwerts jedoch nicht anzustellen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – IV B 12/12

  1. BFH, Urteil vom 21.06.2012 – IV R 1/08, BFHE 237, 503[]
  2. ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteile vom 06.08.1985 – VIII R 280/81, BFHE 144, 386, BStBl II 1986, 17; vom 25.07.2000 – VIII R 46/99, BFHE 192, 516, und in BFHE 237, 503, jeweils m.w.N.[]
  3. BFH, Urteil vom 07.11.1990 – I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342[]
  4. z.B. BFH, Urteil vom 25.08.1983 – IV R 218/80, BFHE 139, 268, BStBl II 1984, 33[]
  5. BFH, Urteil vom 04.03.1998 – X R 151/94, BFH/NV 1998, 1086[]
  6. ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH, Urteile vom 01.12.1967 – III 19/65, BFHE 91, 254, BStBl II 1968, 332; vom 29.05.2008 – VI R 11/07, BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933[]
  7. BFH, Urteil vom 19.08.2009 – III R 79/07, BFH/NV 2010, 610[]