Fahrtenbuchmethode fürs Geschäftsfahrzeug – und der geschätzte Treibstoffverbrauch

Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen -hier: Treibstoffkosten- schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz aus.

Fahrtenbuchmethode fürs Geschäftsfahrzeug – und der geschätzte Treibstoffverbrauch

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führt die Überlassung eines betrieblichen Kfz durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit in aller Regel zum Zufluss von Arbeitslohn i.S. von § 19 EStG. Denn der Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart1.

Der Wert der Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und für die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte ist entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mittels der 1 %-Regelung und der 0, 03%-Regelung zu ermitteln (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG). Nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG kann dieser Wert mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte entfallenden Teil der „gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen“ angesetzt werden, wenn die durch das Kfz „insgesamt entstehenden Aufwendungen“ durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

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Ausweislich des Gesetzeswortlauts ist die Fahrtenbuchmethode daher nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt weiter voraus, dass zum einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt wird und zum anderen, dass die durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen umfassen. Die Fahrtenbuchmethode gründet damit auf dem Zusammenspiel der Gesamtfahrleistung durch die im Fahrtenbuch selbst vollständig dokumentierten Fahrtstrecken einerseits und einer vollständigen Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem Ansatz der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen mittels belegmäßiger Erfassung der durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen2.

Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus3. Dies gilt entgegen der Auffassung der GmbH selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines „Sicherheitszuschlags“ bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall ausgeschlossen. Die GmbH hat nicht sämtliche, durch das jeweils überlassene Kfz entstandenen Aufwendungen belegmäßig nachgewiesen. Die durch die Nutzung dieser Fahrzeuge entstandenen (tatsächlichen) Treibstoffkosten gründen vielmehr auf einer Schätzung. Zwar hat die GmbH die Einkaufsrechnungen für den insgesamt im Streitzeitraum bezogenen Treibstoff vorgelegt; die anteiligen Treibstoffkosten je PKW hat sie aber nur anhand des vom Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauchs sowie des durchschnittlichen Liter-Kraftstoffpreises ermittelt und damit nicht durch Belege nachgewiesen.

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Die verfassungsrechtlichen Bedenken der GmbH in Bezug auf eine Übermaßbesteuerung in den Fällen, in denen der zu versteuernde Nutzungsvorteil wegen fehlender Belege nicht nach der Fahrtenbuchmethode bewertet werden kann, sondern zwingend nach Maßgabe der 1 %-Regelung anzusetzen ist, teilt der Bundesfinanzhof nicht. Vielmehr ist die Regelung des § 8 Abs. 2 EStG auch unter Berücksichtigung des Belegerfordernisses verfassungsrechtlich unbedenklich. Der BFH hat mehrfach entschieden, dass die 1 %-Regelung verfassungskonform ist, weil der Steuerpflichtige zwischen dieser grob typisierenden Regelung und der Fahrtenbuchmethode, nach der eine Bewertung des vom Arbeitgeber zugewandten Nutzungsvorteils nach Maßgabe der tatsächlich entstandenen Kosten erfolgt, wählen kann4. Dieses Wahlrecht wird durch das in § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG geregelte Nachweisverlangen nicht beeinträchtigt. Vielmehr kann eine zutreffende Bewertung des Nutzungsvorteils anhand der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen nur gelingen, wenn diese auch belastbar erfasst werden. Dem trägt der Gesetzgeber Rechnung, wenn er hierfür einen Nachweis mittels belegmäßiger Erfassung anordnet. Ein solcher ist dem Steuerpflichtigen im Regelfall auch möglich und zumutbar.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 15. Dezember 2022 – VI R 44/20

  1. BFH, Beschluss vom 19.04.2021 – VI R 43/18, BFHE 273, 89, BStBl II 2021, 605, Rz 14, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteil vom 20.03.2014 – VI R 35/12, BFHE 245, 192, BStBl II 2014, 643, Rz 13[]
  3. ebenso Schmidt/Kulosa, EStG, 41. Aufl., § 6 Rz 568; Brandis/Heuermann/Ettlich, 164. Ergänzungslieferung November 2022, § 8 EStG Rz 120; Schmidt/Krüger, a.a.O., § 8 Rz 53; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 8 Rz 437; Adamek in Bordewin/Brandt, § 8 EStG Rz 151; Schramm in: EStG – eKommentar, Fassung vom 01.01.2020, § 8 EStG Rz 65; a.A. u.a. Neu, EFG 2021, 543; Haversath in Wagner, Lohnsteuer, 1. Aufl.2023, E Rz 765; Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 408[]
  4. u.a. BFH, Urteile vom 13.12.2012 – VI R 51/11, BFHE 240, 69, BStBl II 2013, 385, Rz 15; in BFHE 245, 192, BStBl II 2014, 643, Rz 16, und BFH, Urteil vom 15.05.2018 – X R 28/15, BFHE 261, 492, BStBl II 2018, 712, Rz 21, m.w.N.[]
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