Einspruch – und der "Abhilfebescheid"

Ein Einspruchsverfahren wird durch einen als „Abhilfebescheid“ bezeichneten Verwaltungsakt nur dann erledigt, wenn damit dem Begehren des Einspruchsführers in vollem Umfang Rechnung getragen wird. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung sowohl des Einspruchsbegehrens als auch des Änderungsbescheids zu würdigen.

Einspruch – und der "Abhilfebescheid"

So auch in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren, in dem der Bundesfinanzhof das finanzgerichtliche Urteil aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen hat:

Der Kläger hatte -unstreitig- Einspruch gegen die erweiterte Prüfungsanordnung des Finanzamtes eingelegt. Sollten die weiteren Ermittlungen des Finanzgerichtes ergeben, dass das Finanzamt -entsprechend seinem schriftsätzlichen; vom Kläger bestrittenen- Vorbringen „eine geänderte Prüfungsanordnung als Abhilfebescheid“ erlassen hat, wäre das Einspruchsverfahren durch einen solchen Bescheid nur dann beendet worden, wenn das Finanzamt dem Begehren der Klägerin damit in vollem Umfang Rechnung getragen hätte1. Ob dies der Fall ist, würde das Finanzgericht durch Auslegung sowohl des Einspruchsbegehrens als auch des Änderungsbescheids zu würdigen haben.

Auch wenn das Finanzamt -entsprechend seinem geänderten Vorbringen in den Beschwerdeerwiderungen- die ursprünglich angefochtene erweiterte Prüfungsanordnung aufgehoben und zugleich eine neue Prüfungsanordnung erlassen haben sollte, die nicht (nochmals) angefochten worden ist, hätte dies nicht zwingend zur Erledigung des Einspruchsverfahrens geführt. Das Finanzgericht hätte in diesem Fall vielmehr zu prüfen, ob die neue Prüfungsanordnung die angefochtene Prüfungsanordnung im Sinne des § 365 Abs. 3 Satz 1 AO „ersetzt“ hat2. Bejahendenfalls wäre das Einspruchsverfahren nicht erledigt; vielmehr wäre die neue Prüfungsanordnung Gegenstand des weiterhin anhängigen Einspruchsverfahrens geworden.

Nach der Bundesfinanzhof-Rechtsprechung besteht trotz der erfolgreichen Anfechtung einer Prüfungsanordnung dann kein Verwertungsverbot, wenn der geänderte Bescheid beim Ergehen des Änderungsbescheids noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand3. Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft, wobei hier bestimmte Tatbestände der Verlängerung oder Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nicht zu berücksichtigen sind (§ 164 Abs. 4 AO). Das Finanzgericht wird daher zu prüfen haben, ob die Bescheide für die Streitjahre 2012 und 2013 im Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide am 26.03.2020 auch dann noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen, wenn man die ablaufhemmende Wirkung des -auf einer wirksamen Prüfungsanordnung beruhenden4- Beginns einer Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 AO) hinwegdenkt. In diesem Fall wäre das Ergebnis des Einspruchsverfahrens gegen die erweiterte Prüfungsanordnung für die Entscheidung über die Klage gegen die Änderungsbescheide unerheblich.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29. Oktober 2025 – X B 31 – 32/25

  1. BFH, Beschluss vom 16.10.2019 – X B 99/19, BFHE 266, 494, BStBl II 2020, 375, Rz 27, m.w.N.[]
  2. so -zur Parallelvorschrift des § 68 FGO- BFH, Urteile vom 16.12.2008 – I R 29/08, BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539, unter II. 2.; und vom 20.03.2017 – X R 13/15, BFHE 257, 486, BStBl II 2017, 1110, Rz 32 ff.[]
  3. BFH, Urteil vom 22.02.2006 – I R 125/04, BFHE 211, 424, BStBl II 2006, 400, unter II. 2.a, m.w.N.[]
  4. BFH, Urteil vom 11.11.2020 – XI R 11/18, BFHE 271, 41, BStBl II 2021, 415, Rz 18, m.w.N.[]

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