Ein Parkhaus ist in der Erbschaftsteuer nicht begünstigt.

Im Rahmen eines Parkhausbetriebs Dritten zur Nutzung überlassene Parkplätze stellen erbschaftsteuerrechtlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen dar. Eine einschränkende Auslegung der entsprechenden Normen ist weder aus systematischen noch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Die Entscheidung des Gesetzgebers, bestimmte Nutzungsüberlassungen von Grundstücken nicht als schädliches Verwaltungsvermögen zu qualifizieren, ist durch seinen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum gedeckt.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall war der Erbe testamentarisch eingesetzter Alleinerbe seines im Jahr 2018 verstorbenen Vaters, des Erblassers. Zum Erbe gehörte ein mit einem Parkhaus bebautes Grundstück. Der Erblasser hatte das Parkhaus als Einzelunternehmen ursprünglich selbst betrieben und ab dem Jahr 2000 dann unbefristet an den Erben verpachtet. Das Finanzamt stellte den Wert des Betriebsvermögens fest. Dabei behandelte es das Parkhaus als sogenanntes Verwaltungsvermögen, das bei der Erbschaftsteuer nicht begünstigt ist. Sowohl das erstinstanzlich hiermit befasste Finanzgericht Köln1 als auch in der Revisionsinstanz der Bundesfinanzhof schlossen sich dieser Auffassung an.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs wird Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer grundsätzlich privilegiert. Das gilt allerdings nicht für bestimmte Gegenstände des gesetzlich so bezeichneten Verwaltungsvermögens. Darunter fallen dem Grunde nach auch „Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke“. Diese können im Rahmen der Erbschaftsteuer zwar auch begünstigt sein, etwa wenn -wie im Streitfall- der Erblasser seinen ursprünglich selbst betriebenen Gewerbebetrieb unbefristet verpachtet und den Pächter testamentarisch als Erben einsetzt. Eine Ausnahme besteht dabei jedoch für solche Betriebe, die schon vor der Verpachtung nicht die Voraussetzungen der erbschaftsteuerrechtlichen Privilegierung erfüllt haben. Dies ist bei einem Parkhaus der Fall. Denn die dort verfügbaren Parkplätze als Teile des Parkhausgrundstücks wurden schon durch den Erblasser als damaligen Betreiber an die Autofahrer -und somit an Dritte- zur Nutzung überlassen. Zudem handelt es sich dabei auch nicht um die Überlassung von Wohnungen, die der Gesetzgeber wiederum aus Gründen des Gemeinwohls für die Erbschaftsteuer privilegiert hat. Keine Rolle spielt auch, ob zu der Überlassung der Parkplätze weitere gewerbliche Leistungen wie beispielsweise eine Ein- und Ausfahrtkontrolle und eine Entgeltzahlungsdienstleistung hinzukommen. Darauf stellt das Erbschaftsteuergesetz nicht ab. Der Bundesfinanzhof sah darin auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Grundstücksüberlassungen, wie zum Beispiel im Rahmen des Absatzes eigener Erzeugnisse durch einen Brauereibetrieb oder im Zusammenhang mit einer land- und forstwirtschaftlicher Betriebstätigkeit. Denn dass der Gesetzgeber solche Betriebe -wie auch die erwähnten Wohnungsunternehmen- als förderungswürdig ansah, ist von seinem weiten Entscheidungsspielraum gedeckt.
Das von dem Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers erworbene Parkhaus gehört zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG, sodass der Wert des Betriebsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG insgesamt nicht begünstigt ist.
Für den Erwerb von Betriebsvermögen sieht § 13a i.V.m. § 13b ErbStG unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor. Zum begünstigungsfähigen Vermögen gehört gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs. Das begünstigungsfähige Vermögen ist nach § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG begünstigt, soweit sein gemeiner Wert den um das unschädliche Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 7 ErbStG gekürzten Nettowert des Verwaltungsvermögens im Sinne des § 13b Abs. 6 ErbStG übersteigt (begünstigtes Vermögen). Abweichend von § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG vollständig nicht begünstigt, wenn das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG vor der Anwendung des § 13b Abs. 3 Satz 1 ErbStG, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist, sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG sowie § 13b Abs. 6 und 7 ErbStG mindestens 90 % des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.
Die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens sind in § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG abschließend aufgezählt. Maßgebend für die Einordnung von Wirtschaftsgütern als Verwaltungsvermögen sind die Verhältnisse am Stichtag der Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 ErbStG)2.
Zu dem von der Begünstigung des Betriebsvermögens ausgeschlossenen Verwaltungsvermögen gehören unter anderem gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke und Grundstücksteile.
Die Formulierung „Grundstücke und Grundstücksteile“ orientiert sich an der Formulierung in § 266 Abs. 2 A.II.1 des Handelsgesetzbuchs und ist anhand zivilrechtlicher Vorgaben zu bestimmen. „Grundstück“ ist danach eine unbewegliche Sache im Sinne des § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und ein räumlich abgegrenzter, im Grundbuch auf einem gesonderten Grundbuchblatt geführter Teil der Erdoberfläche3. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). „Grundstücksteile“ sind als Teile von Grundstücken im vorgenannten Sinn zu verstehen. Dazu gehört auch ein Parkhaus sowie die darin gelegenen einzelnen Parkplätze.
„Dritter“ im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG ist jede Person, die nicht mit dem Nutzungsüberlassenden identisch ist. Dritte können natürliche Personen -auch Angehörige-, Kapitalgesellschaften oder Personengesellschaften sein4.
Auf den Rechtsgrund der Nutzungsüberlassung kommt es für die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Einordnung als Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG nicht an. Sie kann zum Beispiel aufgrund eines -entgeltlichen oder unentgeltlichen- Miet, Pacht- oder Leihvertrags erfolgen5. Danach ist auch die reine Gebrauchsüberlassung im Rahmen eines Mietvertrags (§ 535 BGB) eine Nutzungsüberlassung6.
Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht zu Recht ausgeführt, dass es sich bei dem Parkhaus und der Tankstelle um Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücksteile handelt. Das Parkhaus war zum Todeszeitpunkt des Erblassers an den Erben, die Tankstelle an eine GmbH verpachtet.
Zutreffend hat das Finanzgericht entschieden, dass die in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG normierte Rückausnahme aufgrund der Regelung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG nicht zur Anwendung kommt.
Nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG ist eine Nutzungsüberlassung an Dritte nicht anzunehmen, wenn die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führt und der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung als Erben eingesetzt hat. Die Rückausnahmen in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a bis f ErbStG sind eng auszulegen. Es handelt sich nicht um Regelbeispiele, sondern um einen Katalog, in dem der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Rückführung des von der Begünstigung des Betriebsvermögens ausgenommenen Verwaltungsvermögens in die Begünstigung abschließend festlegt7.
Danach waren die Voraussetzungen der Rückausnahme zwar für das Parkhaus, nicht jedoch für die Tankstelle erfüllt.
Hinsichtlich der Tankstelle ist die Rückausnahme -wie durch das Finanzgericht ausgeführt- bereits deshalb nicht einschlägig, weil der Erblasser diese an eine GmbH verpachtet hatte, die er nicht als Erbin eingesetzt hat.
In Bezug auf das Parkhaus liegen die Tatbestandsmerkmale der Rückausnahme vor. Der Parkhausbetrieb war unbefristet an den Erben verpachtet. Die Verpachtung führte beim Erblasser zu Einkünften aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der Erblasser hatte den Erben als Pächter durch Testament als Erben eingesetzt.
Jedoch scheitert die Anwendung der Rückausnahme in Bezug auf das an den Erben verpachtete Parkhaus an den in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG normierten Einschränkungen, deren Voraussetzungen -wie durch das Finanzgericht zutreffend angenommen- im Streitfall erfüllt sind.
Nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG gilt die Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG fallen.
Beide Einschränkungstatbestände des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG zu der in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG angeführten Rückausnahme sind nach dem Wortlaut der Vorschrift erfüllt.
Der vom Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls an den Erben als Erben verpachtete Betrieb war bereits vor seiner Verpachtung Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG und damit nicht begünstigtes Betriebsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 ErbStG. Denn der Erblasser vermietete die im Parkhaus befindlichen Parkplätze als Grundstücksteile den Parkenden -und somit Dritten-. Unter den Begriff der Nutzungsüberlassung fällt auch die kurzfristige und langfristige Überlassung von Parkplätzen an Parkende, unabhängig davon, ob diese im Rahmen einer Miete oder Verwahrung erfolgt. Der Wortlaut des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG ist nicht auf eine längere Nutzungsüberlassung wie typischerweise aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrags beschränkt.
Da es sich bei der Überlassung von Parkplätzen auch nicht um die Überlassung von Wohnungen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG handelt, greift auch der zweite Einschränkungstatbestand ein. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 Alternative 2 ErbStG bezieht sich auf Wohnungsvermietungsgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG8.
Die historische Auslegung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG führt -entgegen der Auffassung des Erben- zu keinem anderen Ergebnis.
Die Vorschrift wurde durch den Finanzausschuss des Deutschen Bundestags in den Entwurf des Erbschaftsteuerreformgesetzes eingefügt9. Dieser führte in der Begründung zu der Vorschrift unter anderem aus, im Gesetzesentwurf sei der Begriff des Verwaltungsvermögens bei den Dritten zur Nutzung überlassenen Grundstücken zu weit gefasst worden10. Damit werde bewirkt, dass auch solches Betriebsvermögen aus den Begünstigungen ausgenommen sein könne, das unmittelbar einem Betrieb und zugleich dem Erhalt von Arbeitsplätzen diene. Die Änderungen würden daher die Ausnahmen vom Verwaltungsvermögen weiten. Im Übrigen sei zu bemerken, dass bei Beherbergungsbetrieben überlassene Räume nicht zum Verwaltungsvermögen gehörten. Das gewerbliche Leistungsbündel schließe ein Bündel von zusätzlichen Dienstleistungen (Zimmerservice, Frühstück und so weiter) ein, die nur einheitlich angeboten und in Anspruch genommen würden.
Dieses Verständnis des Finanzausschusses hat im Wortlaut des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG und insbesondere in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG jedoch keinen Niederschlag gefunden. Dort wurden die durch den Finanzausschuss erwähnten Beherbergungsbetriebe, die auch von der Finanzverwaltung in ihren Richtlinien angeführt werden (R E 13b.13 Satz 3 ErbStR 2019), von einer Nutzungsüberlassung an Dritte, die nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG zu steuerschädlichem Verwaltungsvermögen führt, nicht ausgenommen. Ebenso wenig werden dort Parkhausbetriebe erwähnt. Der Entstehungsgeschichte kommt zwar erhebliches Gewicht für die Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers zu. Es genügt aber nicht, dass sich Voraussetzungen oder Rechtsfolgen allein der Gesetzesbegründung entnehmen lassen. Der sogenannte Wille des Gesetzgebers beziehungsweise der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann hiernach bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat. Die Gesetzesmaterialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen11.
Auch eine systematische Auslegung führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine Nutzungsüberlassung von Grundstücksteilen an Dritte im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG bzw. des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG nicht vorliegt, wenn die Nutzungsüberlassung zusammen mit einem Bündel an gewerblichen Leistungen erfolgt, sodass ein originär gewerblicher Betrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegt. Der Gesetzgeber hat im Wortlaut des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG nicht auf die Gewerblichkeit abgestellt. Von Bedeutung ist ebenso wenig, ob der Betrieb eines Parkhauses einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 Satz 1 AO erfordert. Diese Voraussetzung ist bei der Rückausnahme im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG bei der Vermietung von Wohnungen ausdrücklich genannt, nicht aber in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG.
Schließlich ist auch keine teleologische Reduktion von § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG und damit eine Ausdehnung des unschädlichen Verwaltungsvermögens in den Fällen geboten, in denen Parkplätze Dritten zur Nutzung überlassen werden.
Die teleologische Reduktion setzt eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck voraus. Sie zielt darauf ab, den Geltungsbereich einer Norm mit Rücksicht auf ihren Gesetzeszweck gegenüber dem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken. Sie kommt nur in Betracht, wenn die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde. Es bedarf demnach einer verdeckten Regelungslücke. Lässt sich ein bestimmter Gesetzeszweck hingegen nicht sicher feststellen, so ist für eine teleologische Reduktion kein Raum12.
Mit den Regelungen zur erbschaftsteuerrechtlichen Begünstigung von Betriebsvermögen im Sinne der §§ 13a und 13b ErbStG wollte der Gesetzgeber produktives Vermögen begünstigen, solches Vermögen hingegen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt, von der Begünstigung ausnehmen13. Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden, wie etwa vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude, Minderbeteiligungen an Kapitalgesellschaften oder Wertpapiere, hat der Gesetzgeber grundsätzlich dem steuerschädlichen Verwaltungsvermögen zugeordnet14. Hinsichtlich der Rückausnahmen wollte der Gesetzgeber weder eine Einzelfallprüfung vornehmen noch wollte er allgemein Grundstücke dann wieder aus der Steuerschädlichkeit ausnehmen, wenn diese zusammen mit anderen gewerblichen Leistungen einem gewerblichen Betrieb dienen. Was der Gesetzgeber als steuerschädliches Verwaltungsvermögen ansieht, hat er vielmehr in der seit dem 01.07.2016 geltenden Fassung der §§ 13a, 13b ErbStG in dem enumerativen Verwaltungsvermögenskatalog des § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG geregelt15. Hierbei stand ihm ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu16.
Hinsichtlich der Überlassung von Grundstücksteilen an Dritte hat er von seinem Entscheidungsspielraum dahingehend Gebrauch gemacht, dass er nur die Überlassung von Wohnungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 14 AO (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG), Grundstücksteile zum Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten im Rahmen von Lieferungsverträgen (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. e ErbStG) und Grundstücksteile zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f ErbStG) begünstigen wollte. Im Umkehrschluss soll jede andere Überlassung von Grundstücksteilen, wie zum Beispiel Zimmer im Rahmen von Beherbergungsbetrieben (Hotels, Pensionen, Campingplätze), Räume in Gaststätten und auch Parkplätze in Parkhäusern nach der gesetzgeberischen Entscheidung nicht begünstigt sein. Eine verdeckte Regelungslücke liegt daher nicht vor, sodass für eine teleologische Reduktion von § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG kein Raum ist.
Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Einholung einer Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes kommt nicht in Betracht. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b Satz 2 ErbStG sind nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht deshalb verfassungswidrig, weil diese Regelungen die kurzfristige Überlassung von Parkplätzen an Parkende als steuerschädliches Verwaltungsvermögen erfassen, während andere Nutzungsüberlassungen von Grundstücken oder Grundstücksteilen nach dem Katalog des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG -unter weiteren Voraussetzungen- zum begünstigten Vermögen zählen.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG belässt dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung17.
Der Gesetzgeber hat diesen ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht deshalb überschritten, weil er die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG gewährt, wenn die Überlassung von Grundstücksteilen im Rahmen der Vermietung von Wohnungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 14 Satz 1 AO (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG), zum Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten im Rahmen von Lieferungsverträgen (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. e ErbStG) und zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f ErbStG) erfolgt.
Für alle drei gesetzlich ausdrücklich normierten Rückausnahmen liegen Gründe vor, deren Förderung durch den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt ist. Der Erhalt von bezahlbarem Wohnraum rechtfertigt als besonderer Gemeinwohlgrund eine Rückausnahme für Wohnungsvermietungsunternehmen, deren Hauptzweck in der Vermietung von Wohnungen besteht und dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert18. Bei den überlassenen Grundstücksteilen zum Absatz eigener Erzeugnisse ergibt sich die Rechtfertigung zwar entgegen den Ausführungen des Finanzausschusses18 nicht schon daraus, dass die Überlassung keine typische Vermögensverwaltung darstelle und die Verpachtung Bestandteil der insgesamt originär gewerblichen Tätigkeit des überlassenden Betriebs sei. Denn diese Zielrichtung hat in den Gesetzeswortlaut keinen Eingang gefunden. Hingegen ist es ein vom Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedecktes legitimes Anliegen, aus seiner Sicht förderungswürdige Betriebe in die erbschaftsteuerrechtliche Begünstigung mitaufzunehmen. Dies gilt beispielsweise für den Absatz eigener Erzeugnisse auf eigenen Grundstücken von Brauereien, die er als förderungswürdig ansehen durfte19, ebenso wie für die in § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. f ErbStG aufgenommene Ausnahme für die Förderung von land- und forstwirtschaftlicher Betriebstätigkeit.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Februar 2024 – II R 27/21
- FG Köln, Urteil vom 10.06.2021 – 7 K 2718/20[↩]
- vgl. R E 13b.12 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2019; vgl. BFH, Urteil vom 23.02.2021 – II R 26/18, BFHE 272, 486, BStBl II 2022, 72, Rz 19, zu der Vorgängervorschrift § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F.[↩]
- vgl. Grüneberg/Herrler, Bürgerliches Gesetzbuch, 83. Aufl., Überbl v § 873 Rz 1[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 23.02.2021 – II R 26/18, BFHE 272, 486, BStBl II 2022, 72, Rz 19, zu § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F.[↩]
- vgl. Kirnberger in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 13b ErbStG Rz 64, Stand November 2022[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 24.10.2017 – II R 44/15, BFHE 260, 363, BStBl II 2018, 358, zu § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG a.F.[↩]
- vgl. auch BFH, Urteil vom 02.12.2020 – II R 22/18, BFHE 272, 120, BStBl II 2022, 66, zu § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 ErbStG a.F.[↩]
- zu den Voraussetzungen der Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG -vormals § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG a.F.- vgl. BFH, Urteil vom 24.10.2017 – II R 44/15, BFHE 260, 363, BStBl II 2018, 358[↩]
- BT-Drs. 16/11075, S.20[↩]
- BT-Drs. 16/11107, S. 11[↩]
- BFH, Urteil vom 24.10.2017 – II R 44/15, BFHE 260, 363, BStBl II 2018, 358, Rz 31[↩]
- BFH, Urteil vom 09.03.2023 – IV R 25/20, BFHE 279, 545, BStBl II 2023, 836, Rz 25[↩]
- BT-Drs. 16/7918, S. 35 f.[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/7918, S. 35[↩]
- vgl. BT-Drs. 18/8911, S. 41 f.; BFH, Urteil vom 13.09.2023 – II R 49/21, BFHE 282, 313, Rz 24[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50, Rz 238 ff. zu Sinn und Zweck der ursprünglichen Regelung des Verwaltungsvermögens im Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008, BGBl I 3018[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2015 – 1 BvL 13/11, 1 BvL 14/11, BVerfGE 139, 285, BStBl II 2015, 871, Rz 72, m.w.N.[↩]
- BT-Drs. 18/8911, S. 41[↩][↩]
- vgl. BT-Drs. 18/8911, S. 41[↩]