Stellt ein Unternehmer mit Sitz im Inland einem Motorradrennfahrer einen vollständigen Rennservice mit Fahrzeug für im Ausland veranstaltete Motorradrennen zur Verfügung, führt er damit eine einheitliche sonstige Leistung aus, die im Inland der Umsatzbesteuerung unterliegt.
Leistungen, die ein Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie im Inland (§ 1 Abs. 2 Satz 1 UStG) erbracht werden.
Bei dem Rennservice wird gegenüber den einzelnen Rennfahrern eine einheitliche sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG) erbracht. Das entspricht den dafür maßgeblichen Abgrenzungsgrundsätzen1 sowie der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Unternehmer, der einem selbständigen Autorennfahrer einen vollständigen Rennservice mit Fahrzeug für eine erfolgversprechende Teilnahme an im Ausland veranstalteten Autorennen zur Verfügung stellt, eine einheitliche sonstige Leistung ausführt2.
Der Ort der hier vorliegenden sonstigen Leistungen richtet sich nach § 3a UStG.
Gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG wird eine sonstige Leistung –vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen Regelungen des § 3b UStG (und ab 1. Januar 2000 des § 3f UStG)– an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend hiervon bestimmt § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG, dass künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter dort ausgeführt werden, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird.
Ab 1. Januar 2000 wurde dieser Tatbestand um kulturelle Leistungen sowie dahingehend erweitert, dass auch „die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind“, hierunter fallen3.
Die durch das UStG 1980 eingeführte Vorschrift des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG sollte –so die Gesetzesbegründung4– die Bestimmung über den Dienstleistungsort in Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG umsetzen. Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt abweichend von der Grundregel in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Leistenden als Leistungsort für Dienstleistungen)
„als Ort der folgenden Dienstleistungen den Ort, an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden:
…
- Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten, einschließlich derjenigen der Veranstalter solcher Tätigkeiten sowie gegebenenfalls der damit zusammenhängenden Tätigkeiten“.
§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG 1980 hatte diese Richtlinienregelung nur teilweise übernommen und anders als Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG die (lediglich) mit den in dieser Bestimmung aufgeführten Katalogleistungen und den ähnlichen Tätigkeiten zusammenhängenden Leistungen nicht erwähnt. Erst durch das StBereinG 1999 wurde § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG entsprechend ergänzt5.
Durch § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG in der ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung wollte der Gesetzgeber dem „Dudda“-Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften6 Rechnung tragen7. Danach sind „alle jene Leistungen als mit einer Tätigkeit insbesondere auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung zusammenhängende Dienstleistungen anzusehen, die zwar selbst keine solche Tätigkeit darstellen, aber für ihre Ausübung unerlässlich sind“8.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führt ein Unternehmer, der sein Unternehmen im Inland betreibt, gemäß § 3a Abs. 1 UStG eine einheitliche sonstige Leistung im Inland aus, wenn er einem selbständigen Autorennfahrer einen vollständigen Rennservice mit Fahrzeug für eine erfolgversprechende Teilnahme an im Ausland veranstalteten Autorennen zur Verfügung stellt9.
Entsprechendes gilt im Streitfall. Für das Streitjahr 1999 kommt eine Bestimmung des Leistungsortes nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG nicht in Betracht, da nach der für dieses Jahr geltenden Fassung des UStG hierunter nur künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter fallen.
Im Streitfall hat der Kläger selbst keine der betreffenden Leistungen erbracht und ist auch nicht als Veranstalter einer solchen Leistung aufgetreten. Eine hierüber hinausgehende Anwendung des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG gegen seinen Wortlaut ist unabhängig vom Regelungsgehalt der zugrunde liegenden Richtlinienbestimmung nicht möglich10.
Der Kläger kann sich für die Bestimmung des Leistungsortes im Jahr 1999 nicht unmittelbar auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Denn diese Bestimmung ist nicht anwendbar. Der EuGH hat zum Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG unter maßgeblicher Berücksichtigung der siebten Begründungserwägung der Richtlinie 77/388/EWG ausgeführt, Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG als ganzer wolle eine „Sonderregelung für Dienstleistungen einführen, die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Waren eingehen“. Ein entsprechender Zweck liege auch Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG zugrunde. Nach „Auffassung des Gemeinschaftsgesetzgebers soll nämlich, wenn der Leistende seine Dienstleistungen in dem Staat erbringt, in dem derartige Leistungen tatsächlich bewirkt werden, und wenn der Veranstalter die Mehrwertsteuer, mit der der Endverbraucher belastet werden soll, in demselben Staat einnimmt, die Mehrwertsteuer, deren Bemessungsgrundlage alle diese Leistungen sind, deren Kosten in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen, an diesen Staat und nicht an denjenigen Staat entrichtet werden, in dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat“11.
Im Streitfall liegen aber keine derartigen „Dienstleistungen … zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen“ vor, deren Kosten in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen.
Es ist bereits fraglich, ob die „ambitionierten Fahrer“, denen der Kläger seinen Rennservice zur Verfügung gestellt hat, überhaupt Unternehmer waren12. Nur dann lägen Dienstleistungen zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen vor.
Jedenfalls sind die –von den Rennfahrern aufgewendeten– Kosten der vom Kläger an sie erbrachten Leistungen nicht in einen von Endverbrauchern gezahlten Preis für eine Gesamtdienstleistung eingegangen. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Rennfahrer die ihnen vom Kläger für seine Leistungen in Rechnung gestellten Kosten ihrerseits an die Veranstalter der Motorradrennen weiterberechnet und die Kosten sodann Eingang in die von den Besuchern der Veranstaltungen aufgewendeten Eintrittspreise gefunden hätten. Dafür, dass die Rennfahrer ihre (sportlichen) Leistungen den Veranstaltern in Rechnung gestellt hätten, gibt es aber keinen Anhaltspunkt. Danach mussten vielmehr –umgekehrt– die Rennfahrer an die Veranstalter Nenngelder und Gebühren zahlen.
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Kosten des Rennservice des Klägers in den Preis von etwaigen anderen im Ausland erbrachten Leistungen der Rennfahrer eingegangen wären, die dort der Umsatzbesteuerung unterlagen.
Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt in entscheidungserheblicher Weise von dem Sachverhalt, der dem „Dudda“-Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften6 zugrunde lag. Während der Kläger Dudda seine (tontechnischen) Leistungen unmittelbar gegenüber dem jeweiligen Veranstalter (der Konzerte) erbracht und berechnet hatte, existieren im Streitfall keine Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und dem jeweiligen Veranstalter der Motorradrennen; Leistungsbeziehungen bestehen vorliegend ausschließlich auf einer „Vorstufe“ zwischen dem Kläger und den Rennfahrern (als Leistungsempfängern).
Aus den EuGH-Urteilen vom 17. November 199313 und „Design Concept SA“14 ergibt sich nicht, dass für die Anwendung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG „letztlich nicht von Belang“ sei, ob die Zuschauer der Veranstaltung als Endverbraucher die Kosten für den Rennservice über den Eintrittspreis tatsächlich trügen.
In seinem Urteil vom 17. November 199315, das zu „Leistungen auf dem Gebiet der Werbung“ i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG ergangen ist, hat der EuGH in Rz 15 –wie in seinem „Dudda“-Urteil16 Bezug auf die siebte Begründungserwägung der Richtlinie 77/388/EWG genommen und ausgeführt, es sei gerechtfertigt, die Leistungen auf dem Gebiet der Werbung dort zu besteuern, wo der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit habe, weil die Kosten dieser zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbrachten Leistungen in den Preis der Waren eingingen. Soweit der Empfänger üblicherweise in dem Staat, in dem er seinen Sitz hat, die Waren verkaufe oder die Dienstleistungen erbringe, für die geworben werde, und damit die entsprechende Mehrwertsteuer dem Endverbraucher in Rechnung stelle, sei es nach Ansicht des Gemeinschaftsgesetzgebers angezeigt, dass auch die Mehrwertsteuer auf die Werbeleistung vom Empfänger an diesen Staat entrichtet werde.
Auch in diesem Urteil geht der EuGH mithin davon aus, dass die Mehrwertsteuer für Werbeleistungen dem Endverbraucher in Rechnung gestellt wird.
In seinem „Design Concept SA“ -Urteil14, das ebenfalls zu „Leistungen auf dem Gebiet der Werbung“ i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG ergangen ist, hat der EuGH zwar entschieden, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG sei so auszulegen, dass er Leistungen auf dem Gebiet der Werbung erfasse, die dem Werbetreibenden indirekt erbracht und einem Zwischenempfänger in Rechnung gestellt würden, der sie seinerseits dem Werbetreibenden in Rechnung stelle; dass dieser keine Ware oder Dienstleistung herstelle, in deren Preis die Kosten der genannten Leistungen eingehen könnten, sei für die Bestimmung des Ortes der dem Zwischenempfänger erbrachten Dienstleistungen nicht von Belang. Diese Aussage bezieht sich aber lediglich auf Leistungen (der Flanders Expo SA), die einem Werbetreibenden (dem luxemburgischen Ministerium für Wirtschaft) mittelbar erbracht und einem Dritten (der Design Concept SA) in Rechnung gestellt wurden, der sie dem Werbetreibenden berechnet hat17.
Im Streitfall hat dagegen –wie ausgeführt– der Kläger seine Leistungen ausschließlich gegenüber den Rennfahrern und nicht mittelbar gegenüber den Veranstaltern von Motorradrennen erbracht; die Rennfahrer haben die Kosten dieser Leistungen auch nicht den Veranstaltern weiterberechnet.
Der Leistungsort für die in den Streitjahren 2000 und 2001 vom Kläger ausgeführten Leistungen liegt ebenfalls gemäß § 3 Abs. 1 UStG im Inland. § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG in der ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung greift nicht ein.
Der Kläger hat keine mit sportlichen Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter zusammenhängende Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, im Sinne dieser Vorschrift erbracht.
§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG in der ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist richtlinienkonform auszulegen, wie sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt.
Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG sind zwar (ebenfalls) „alle jene Leistungen als mit einer Tätigkeit insbesondere auf dem Gebiet der Künste oder der Unterhaltung zusammenhängende Dienstleistungen anzusehen, die zwar selbst keine solche Tätigkeit darstellen, aber für ihre Ausübung unerlässlich sind“18.
Art. 9 Abs. 2 Buchst. c erster Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG ist aber –wie dargelegt– deshalb im Streitfall nicht anwendbar, weil keine „Dienstleistungen … zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen“ vorliegen, „deren Kosten in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen“.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. Dezember 2010 – XI R 27/09
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 25.06.2009 – V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239; vom 15.10.2009 – XI R 52/06, BFHE 227, 231, BStBl II 2010, 869; und vom 10.02.2010 – XI R 49/07, BFHE 228, 456, BFH/NV 2010, 1055[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 26.03.1992 – V R 16/88, BFHE 168, 458, BStBl II 1992, 929[↩]
- vgl. Art. 9 Nr. 1 Buchst. b, Art. 28 des Steuerbereinigungsgesetzes –StBereinG– vom 22.12.1999, BGBl I 1999, 2601[↩]
- BT-Drucks 8/1779, 30 zu § 3a UStG[↩]
- vgl. dazu BFH, Urteil vom 06.11.2002 – V R 57/01, BFH/NV 2003, 827[↩]
- EuGH, Urteil „Dudda“ in Slg. 1996, I-4595, BStBl II 1998, 313[↩][↩]
- vgl. Entwurf des StBereinG 1999, BR-Drucks 475/99, 71[↩]
- vgl. EuGH, Urteil in Slg. 1996, I-4595, BStBl II 1998, 313, Rz 27[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 168, 458, BStBl II 1992, 929[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2003, 827[↩]
- vgl. EuGH, Urteil „Dudda“ in Slg. 1996, I-4595, BStBl II 1998, 313, Rz 22 bis 24; siehe auch EuGH, Urteil vom 09.03.2006 – C-114/05 [Gillan Beach Ltd], Slg. 2006, I-2427, BFH/NV Beilage 2006, 278, HFR 2006, 628, Rz 16 bis 18[↩]
- vgl. zur Unternehmereigenschaft von Motorsportrennfahrern: BFH, Urteil vom 04.09.2008 – V R 10/06, BFH/NV 2009, 230[↩]
- EuGH, Urteil vom 17.11.1993 – C-68/92 [Kommission gegen Französische Republik], Slg. 1993, I-5881, HFR 1995, 353[↩]
- EuGH, Urteil in Slg. 2003, I-5617, BFH/NV Beilage 2003, 213, HFR 2003, 923[↩][↩]
- EuGH, Urteil in Slg. 1993, I-5881, HFR 1995, 353[↩]
- EuGH, Urteil in Slg. 1996, I-4595, BStBl II 1998, 313, Rz 22[↩]
- vgl. Rz 6, 7, 17 und 28 des Urteils[↩]
- vgl. EuGH, Urteil „Dudda“ in Slg. 1996, I-4595, BStBl II 1998, 313, Rz 27; siehe auch BFH, Urteil vom 03.06.2009 – XI R 34/08, BFHE 226, 369, BStBl II 2010, 369[↩]










