Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums

Gemäß § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 ist in den Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. HGB. Sie werden für Kapitalgesellschaften ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 264 ff. HGB.

Bestimmung des Wertaufhellungszeitraums

Zu den handelsrechtlichen GoB gehört die Pflicht des Kaufmanns, in seiner Bilanz für den Schluss eines Geschäftsjahres seine Verbindlichkeiten (Schulden) vollständig auszuweisen (§ 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 sind bei der Bewertung –wie beim Ansatz von Wirtschaftsgütern1– alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind.

Wertaufhellende Tatsachen können mithin noch in einem bestimmten zeitlichen Rahmen berücksichtigt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind als „wertaufhellend“ nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden2. Der Wertermittlung zum Bilanzstichtag zugrunde zu legen ist ein Bilanzansatz damit nur, wenn er spätestens am Tag der Bilanzerstellung erkennbar geworden ist3.

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Der Wertaufhellungszeitraum wird durch die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses begrenzt. Nach § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB ist danach für die meisten Kapitalgesellschaften der Stichtag der 31.03.2008. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist dabei auch zu entnehmen, dass der Wertaufhellungszeitraum an dem Tag endet, an dem spätestens eine Bilanz hätte erstellen werden müssen4.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12. Dezember 2012 – I B 27/12

  1. vgl. BFH, Urteil vom 28.03.2000 – VIII R 77/96, BFHE 191, 339, BStBl II 2002, 227, m.w.N.[]
  2. BFH, Urteile vom 04.04.1973 – I R 130/71, BFHE 109, 55, BStBl II 1973, 485; vom 27.04.1965 – I 324/62 S, BFHE 82, 445, BStBl III 1965, 409[]
  3. BFH, Urteile vom 30.01.2002 – I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688; vom 20.08.2003 – I R 49/02, BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941; vom 15.09.2004 – I R 5/04, BFHE 208, 116, BStBl II 2009, 100; BFH, Urteil vom 19.10.2005 – XI R 64/04, BFHE 211, 475, BStBl II 2006, 371; BFH, Urteil vom 21.09.2011 – I R 89/10, BFHE 235, 263, BFH/NV 2012, 306; BFH, Beschluss vom 30.11.2011 – I R 83/10[]
  4. BFH, Urteile vom 08.03.1989 – X R 9/86, BFHE 156, 443, 451, BStBl II 1989, 714; vom 03.07.1991 – X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802; vom 22.08.2012 – X R 23/10, BFHE 238, 173, BFH/NV 2012, 1877[]
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