Architektenvertrag – und das Kopplungsverbot

Nach Art. 10 § 3 MRVG ist eine Vereinbarung, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, unwirksam.

Architektenvertrag – und das Kopplungsverbot

Im Zusammenhang mit dem Erwerb des Baugrundstücks steht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede Verpflichtung des Erwerbers zur Inanspruchnahme von Ingenieur- oder Architektenleistungen, ohne die er rechtlich oder tatsächlich das Grundstück nicht hätte erwerben können.

Ein Zusammenhang ist auch dort anzunehmen, wo das Verhalten des Architekten unter Berücksichtigung aller objektiv erkennbaren Begleitumstände als eine auf die Architektenbindung gerichtete Willenserklärung zu verstehen ist und der Erwerber das auch so aufgefasst hat. Grundsätzlich greift das Koppelungsverbot auch dann ein, wenn ein Architekt den Nachweis eines zum Verkauf stehenden Baugrundstückes von der Verpflichtung des Interessenten zu Erteilung eines entsprechenden Auftrages abhängig macht1.

Entscheidend ist, dass der Veräußerer den Verkauf des Grundstückes davon abhängig macht, dass der Erwerber einem bestimmten Architekten den Auftrag zusagt. An der missbilligten Koppelung fehlt es dann, wenn der Erwerber das Grundstück auch ohne Bindung an die Architektenleistung oder Inkaufnahme entsprechender, insbesondere wirtschaftlicher Nachteile erwerben kann2. Die Beweislast für die Koppelung obliegt demjenigen, der sich auf die Unwirksamkeit des Vertrages beruft3.

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Mit dem Koppelungsverbot wollte der Gesetzgeber der Gefahr entgegenwirken, dass bei knappem Angebot an Baugrundstücken der Ingenieur oder Architekt, der Grundstücke an der Hand hat, eine monopolartige Stellung erwirbt, die nicht auf eigener beruflicher Leistung beruht, und dass eine berufsfremde Tätigkeit des Ingenieurs oder Architekten, die der des Maklers ähnlich ist, den Wettbewerb manipuliert. Es sollten der Leistungswettbewerb geschützt und die Wahlmöglichkeit des Hauskäufers erhalten bleiben in4.

Das Koppelungsverbot dient also auch dem Schutz des Grundstückserwerbers. Im Hinblick auf diese Schutzrichtung wird deshalb im Schrifttum zu Recht die Auffassung vertreten, dass der Erwerber so geschützt werden müsse, als sei aus seiner Sicht ein wirksamer Architektenvertrag zustande gekommen5. Teilweise wird die Grenze enger gezogen6, mitunter beschränken sich die Stellungnahmen auch darauf, dass der Erwerber dem Anspruch des Architekten auf Bereicherungsausgleich die Mängel wertmindernd entgegenhalten dürfe7.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass sich der Erwerber gegenüber dem Einwand des Architekten, der Vertrag sei wegen Verstoßes gegen das Kopplungsverbot nichtig, auf § 242 BGB berufen kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn er sich auf den Erhalt der Architektenleistung eingerichtet hat, so dass sich die Berufung des Architekten auf die Unwirksamkeit des Vertrages als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (Verbot des venire contra factum proprium).

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Das ist in dem hier vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Rechtsstreit der Fall: Der Architekt hat die Unwirksamkeit des Vertrages erst nach 6 Jahren geltend gemacht. Vorher hat er die Vergütung abgerechnet , und zwar auch für die Bauüberwachung. Er hat zudem – nur hinsichtlich der Bauüberwachung im einzelnen streitig – Architektenleistungen erbracht, ohne den Bauherrn auf eine etwaige Unwirksamkeit des Vertrages hinzuweisen, so dass dieser keine Veranlassung hatten, einen anderen Architekten zu beauftragen. Überdies erhebt er gegenüber einem Rückzahlungsanspruch des Bauherrn aus Bereicherungsrecht, der bei einer Unwirksamkeit des Vertrages in Höhe des berechneten Architektenhonorars unzweifelhaft begründet gewesen wäre, die Einrede der Verjährung. so dass dem Bauherrn jegliche begründeten Ansprüche abgeschnitten wären.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 30. Juli 2014 – 11 U 133/13

  1. BGH NJW 2008, 3633 Rn. 13 m.w.N.[]
  2. vgl. Koeble in: Locher/Koeble/Frik, HOAI, 12. Aufl., § 3 MRVG Rn. 14/15; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rn. 719 f.[]
  3. BGH NJW 2008, 3633 Rn. 23; Werner/Pastor Rn. 723[]
  4. vgl. BGH NJW 2008, 3633 Rn. 13; NJW 2010, 3154 Rn. 27, 40; BVerfG NJW 2011, 2782 Rn. 11[]
  5. Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 12. Teil Rn. 66; Motzke a.a.O. H 60[]
  6. etwa Werner-Pastor Rn. 726; Koeble in: Locher/Koeble/Frik § 3 MRVG Rn. 23, allerdings ohne Abgrenzung zu seiner im Kompendium des Baurechts, a.a.O., geäußerten Auffassung[]
  7. z.B. LG Mönchengladbach BauR 1988, 246[]
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