Agrarbeihilfen und das Kriterium der Gutgläubigkeit

Zur Beurteilung der Gutläubigkeit i.S.d. Art. 49 Abs. 5 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 wird auf die Redlichkeit bei der Antragstellung gesehen, die nicht von der Gutgläubigkeit zu trennen ist. Redlichkeit erfordert die innere Bereitschaft, sich im Zuge der Antragstellung (vollständig) pflichtgemäß zu verhalten. Wer für die Ausfüllung seines Antrags eine Vorgehensweise wählt, mit der er wissentlich ein merklich erhöhtes Risiko eingeht, dass es zu Fehlern kommt, negiert innerlich das nicht unbillige Verlangen des europäischen Rechts nach einem sorgfältig ausgefüllten Antrag.

Agrarbeihilfen und das Kriterium der Gutgläubigkeit

In dem hier vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg entschiedenen Fall hatte die beklagte Behörde u.a. eingewendet, dass in den Ausfüllhinweisen zur Anlage 2 des Sammelantrags 2007 detailliert erläutert werde, wie die Eintragungen zu erfolgen hätten. Die Klägerin habe mit ihrer Unterschrift erklärt, die Ausfüllhinweise als verbindlich anzuerkennen. Ihr hätte aufgrund der gesamten Antragsunterlagen bekannt sein müssen, dass sie in jedem der fünf Jahre des Verpflichtungszeitraums einen Auszahlungsantrag mit allen bewirtschafteten Flächen hätte stellen müssen. Ein Handeln des Begünstigten in gutem Glauben setze voraus, dass er sich selbst redlich verhalten habe, d.h. die ihm bekannten Prämienbindungen eingehalten habe, insbesondere seine Angaben vollständig und korrekt gewesen seien. Wer nicht vollständige und korrekte Angaben gemacht habe oder seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Beihilfegewährung nicht nachgekommen sei, habe nicht gutgläubig annehmen können, dass er die Beihilfe zu Recht erhalten habe und es zu einer Rückforderung nicht kommen werde.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sah dies als ausreichend an: Insbesondere trifft es zu, dass das Kriterium der Gutgläubigkeit i.S.d. Art. 49 Abs. 5 UAbs. 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 an die Redlichkeit bei der Antragstellung geknüpft ist (OVG Lüneburg, Urteile vom 05.07.2011 – 10 LB 229/07, 10 LB 162/10 und 10 LB 172/10; BayVGH, Urteil vom 02.05.2005 – 19 B 03.1726, RdL 2006, 25 zur Vorgängervorschrift des Art. 14 Abs. 4 UAbs. 1 VO (EWG) Nr. 3887/92). Redlichkeit erfordert die innere Bereitschaft, sich im Zuge der Antragstellung (vollständig) pflichtgemäß zu verhalten. Wer für die Ausfüllung seines Antrags eine Vorgehensweise wählt, mit der er wissentlich ein merklich erhöhtes Risiko eingeht, dass es zu Fehlern kommt, negiert innerlich das nicht unbillige Verlangen des europäischen Rechts nach einem sorgfältig ausgefüllten Antrag (OVG Lüneburg, Urteile vom 05.07.2011, a.a.O.)).

Vor diesem Hintergrund sprechen hier mindestens ebenso beachtliche Gründe gegen die Annahme einer Gutgläubigkeit der Klägerin wie dafür. Dass sich die Klägerin beim Ausfüllen der Anlage 2 der Hilfe eines Mitarbeiters der Beklagten bedient hat, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass sich der stattgebende Teil des Urteils im Ergebnis als offensichtlich richtig erweist.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 1. August 2011 – 10 LA 139/10