PKH für den Insolvenzverwalter – und seine wirtschaftliche Beteiligung an der Masse

Der Insolvenzverwalter zählt nicht zu den am Gegenstand eines für die Masse geführten Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten, wenn durch den Rechtsstreit ein Vermögensgegenstand zur Masse zurückgeführt werden soll, für dessen Verlust der Verwalter schadensersatzpflichtig ist.

PKH für den Insolvenzverwalter – und seine wirtschaftliche Beteiligung an der Masse

Das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Masse gegen den Insolvenzverwalter nach § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO (hier: wegen einer versehentlichen Doppelzahlung des Insolvenzverwalters) macht diesen nicht zu einem am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten, dem die Aufbringung der Kosten nach § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzumuten wäre.

Die Regelung in § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO soll sicherstellen, dass Prozesskostenhilfe nur gewährt wird, wenn die Kosten nicht von den Vermögensträgern aufgebracht werden können, denen ein Erfolg des beabsichtigten Rechtsstreits zugutekommt. Bei einem vom Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzmasse geführten Rechtsstreit sind dies neben der Masse in erster Linie die Insolvenzgläubiger, die bei einem erfolgreichen Ausgang des Rechtsstreits mit einer verbesserten Befriedigung ihrer Ansprüche aus der zur Verteilung zur Verfügung stehenden Masse rechnen und deshalb als wirtschaftlich Beteiligte gelten können.

Der Insolvenzverwalter ist regelmäßig kein wirtschaftlich Beteiligter in diesem Sinne, dem es zuzumuten wäre, die Kosten eines im Interesse der Masse geführten Rechtsstreits selbst aufzubringen. Dies gilt selbst dann, wenn der aus dem Rechtsstreit erwartete Erlös voraussichtlich erst die Möglichkeit schafft, den Vergütungsanspruch des Verwalters zu befriedigen. Ansprüche der Masse geltend zu machen, gehört zu den ihm übertragenen Aufgaben. Es würde seinen Gebührenanspruch im Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG unzulässig einschränken, wenn er solche Prozesse auf eigene Kosten führen müsste1.

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Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn eine Haftung des Insolvenzverwalters für die Folgen einer Vermögensverschiebung in Betracht kommt, die durch den beabsichtigten Rechtsstreit rückgängig gemacht werden soll. Auch in diesem Fall gehört die Verfolgung des Anspruchs zu den dem Verwalter übertragenen Aufgaben. Die Regelung in § 255 BGB gibt dem Verwalter nur das Recht, eine Schadensersatzleistung bis zur Abtretung eines Erstattungsanspruchs der Masse zurückzubehalten; zu einem gesetzlichen Forderungsübergang kommt es nicht. Solange eine Abtretung nicht erfolgt ist, führt der Verwalter den Rechtsstreit deshalb in Erfüllung der ihm kraft seines Amtes obliegenden Pflichten im Interesse der Insolvenzmasse. Dieser fließt ein erstrittener Betrag zu. Nur mittelbar wird dadurch auch der Schaden beseitigt, für den der Verwalter haften soll. Dies genügt jedoch nicht, um ihn als wirtschaftlich Beteiligten im Sinne von § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO anzusehen, dem die Aufbringung der Prozesskosten zumutbar wäre.

Für dieses Ergebnis spricht auch, dass die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Verfahren über den Antrag auf Prozesskostenhilfe nur summarisch zu prüfen sind; dann kann es nicht die Aufgabe des Gerichts sein, im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen von Prozesskostenhilfe einen möglichen materiellrechtlichen Ersatzanspruch der verwalteten Masse gegen den Insolvenzverwalter abschließend zu prüfen, zumal ein solcher Anspruch auf Ersatz eines den Insolvenzgläubigern entstandenen Gesamtschadens gegen den Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren gemäß § 92 Satz 2 InsO nur von einem neu bestellten Insolvenzverwalter oder einem Sonderinsolvenzverwalter geprüft und geltend gemacht werden kann2. Die Prüfung eines Regressanspruchs gegen den Insolvenzverwalter könnte im Übrigen zu einer erheblichen Verzögerung des Prozesskostenhilfeverfahrens führen. Dies widerspräche dem Ziel, das Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren schnell abzuwickeln und nicht über Gebühr auszudehnen3. Schließlich könnte das Ziel, die Staatskasse zu entlasten, verfehlt werden, wenn der beabsichtigte Rechtsstreit wegen der getroffenen Zahlungsanordnung unterbliebe und nachfolgend für eine Schadensersatzklage gegen den Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe gewährt werden müsste.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Januar 2016 – IX ZB 24/15

  1. BGH, Beschluss vom 15.01.1998 – IX ZB 122/97, WM 1998, 360 zur KO; vom 18.09.2003 – IX ZB 460/02, ZIP 2003, 2036 zur InsO; MünchKomm-InsO/Ott/Vuia, 3. Aufl., § 80 Rn. 89 mwN[]
  2. BGH, Urteil vom 17.11.2005 – IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 99; vom 17.07.2014 – IX ZR 301/12, WM 2014, 2009 Rn. 11[]
  3. vgl. Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 12. Aufl., § 127 Rn. 1[]