Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 406e Abs. 4 Satz 2 StPO1 hat der Beschuldigte, der sich gegen die einem Dritten ohne seine vorherige Anhörung gewährte Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 406e Abs. 1 StPO wendet, den Rechtsweg zwar formell erschöpft, da die Entscheidung des Amtsgerichts als Ermittlungsgericht gemäß § 406e Abs. 4 Satz 4 StPO unanfechtbar ist, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind.

Nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder dem rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens ist gegen die Entscheidung des nach § 406e Abs. 4 Satz 2 StPO angerufenen Ermittlungsgerichts jedoch die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaft2.
Bei der Entscheidung über die Beschwerde wird das Landgericht zu berücksichtigen haben, dass die Gewährung von Akteneinsicht regelmäßig mit einem Eingriff in Grundrechtspositionen des Beschuldigten, namentlich in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, verbunden ist und die Staatsanwaltschaft vor Gewährung der Akteneinsicht deshalb zu einer Anhörung des von dem Einsichtsersuchen betroffenen Beschuldigten verpflichtet ist3. Die unterlassene Anhörung stellt einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, der durch die Durchführung des Verfahrens auf gerichtliche Entscheidung nicht geheilt werden kann4.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. Oktober 2016 – 1 BvR 1766/14
- vgl. BGH, Beschluss vom 18.01.1993 – 5 AR (VS) 44/92, NJW 1993, S. 1341, 1342; Schmitt/Meyer-Goßner, StPO, 58. Auflage 2015, § 406e Rn. 11 m.w.N.[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/12098, S. 36[↩]
- vgl. Zabeck, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Auflage 2013, § 406e, 8.; BVerfG, Beschluss vom 15.04.2005 – 2 BvR 465/05, NStZ-RR 2005, S. 242; Beschluss vom 26.10.2006 – 2 BvR 67/06, NJW 2007, S. 1052[↩]
- vgl. AG Zwickau, Beschluss vom 12.04.2013 – 13 Gs 263/13, juris; entgegen LG Stralsund, Beschluss vom 10.01.2005 – 22 Qs 475/04, juris; KG, Beschluss vom 02.10.2015 – 4 Ws 83/15 – 141 Ar 417/15, NStZ 2016, S. 438 zur Nachholung im Beschwerdeverfahren[↩]