Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung)1.

Maßgeblich ist die Vermögenslage zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung2.
Bei einem Betrug durch Abschluss eines Vertrages ergibt ein Vergleich der Vermögenslage vor und nach dem Vertragsabschluss, ob ein Vermögensschaden eingetreten ist. Dabei sind die beiderseitigen Vertragsverpflichtungen zu vergleichen (Eingehungsschaden)3. Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Geschädigten (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt, bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird4.
Die Bewertung des Vermögens und des Vermögensschadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten5. Dabei schützt die Vorschrift des § 263 StGB weder das bloße Affektionsinteresse noch die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit noch die Wahrheit im Geschäftsverkehr6, sondern allein das Vermögen. Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung des Schadens zwar eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen7. Dementsprechend sind Leistung und Gegenleistung zunächst nach ihrem Verkehrs- bzw. Marktwert zu vergleichen8. Ergibt sich danach ein Wertgefälle zum Nachteil des durch die Täuschung Betroffenen, weil er etwa gegen Bezahlung des vollen Kaufpreises eine minderwertige Ware erhält, so liegt ein Vermögensschaden vor9. Auf die subjektive Einschätzung, ob der irrtumsbedingt Verfügende sich geschädigt fühlt, kommt es ebenso wenig an10, wie auf die Frage, wie hoch der Verfügende subjektiv den Wert der Gegenleistung taxiert11.
Eine Begrenzung des strafrechtlichen Vermögensschutzes vor täuschungsbedingten Vermögensverfügungen enthält der Straftatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB nicht12. Auch besteht beim Betrug das Erfordernis der „Stoffgleichheit“ nur zwischen dem Vermögensschaden und dem angestrebten Vermögensvorteil, nicht aber zwischen dem Vermögensschaden und dem Gegenstand der Täuschung13.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Juni 2016 – 1 StR 20/16
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 02.02.2016 – 1 StR 437/15 Rn. 33, NStZ 2016, 286; und vom 08.10.2014 – 1 StR 359/13 Rn. 31 ff., BGHSt 60, 1 mit Anm. Albrecht JZ 2016, 841 und C. Dannecker NZWiSt 2015, 173; Beschlüsse vom 16.06.2014 – 4 StR 21/14 Rn. 24, NStZ 2014, 640; vom 19.02.2014 – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270; vom 29.01.2013 – 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711; vom 25.01.2012 – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 113 f.; und vom 18.02.2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201, jeweils mwN; Urteil vom 27.06.2012 – 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 14.04.2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 18.07.1961 – 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; Urteil vom 20.12 2012 – 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 111 f.; Beschlüsse vom 19.02.2014 – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270; und vom 28.04.2016 – 4 StR 317/15; jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.10.2014 – 1 StR 359/13 Rn. 31, BGHSt 60, 1; Beschlüsse vom 14.04.2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; und vom 07.12 2010 – 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.10.2014 – 1 StR 359/13 Rn. 31 ff., BGHSt 60, 1; Beschluss vom 25.01.2012 – 1 StR 45/11 Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 06.09.2000 – 3 StR 326/00, NStZ-RR 2001, 41[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 07.12 2011 – 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, Rn. 176, NStZ 2012, 496, 504; BGH, Beschlüsse vom 02.07.2014 – 5 StR 182/14, NStZ 2014, 517; vom 25.01.2012 – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 114; und vom 14.04.2011 – 1 StR 458/10, wistra 2011, 335[↩]
- BGH, Beschluss vom 25.01.2012 – 1 StR 45/11 Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115; vgl. auch C. Dannecker NStZ 2016, 318, 319[↩]
- BGH, Urteil vom 08.10.2014 – 1 StR 359/13 Rn. 33, BGHSt 60, 1 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2012 – 1 StR 45/11 Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115[↩]
- st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 08.10.2014 – 1 StR 359/13 Rn. 33, BGHSt 60, 1 mwN; vgl. auch Albrecht, NStZ 2014, 17[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.10.2014 – 1 StR 359/13 Rn. 41 ff., BGHSt 60, 1 mwN; zum Streitstand in der Literatur vgl. auch C. Dannecker NZWiSt 2015, 173, 179 mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 08.10.2014 – 1 StR 359/13 Rn. 42, BGHSt 60, 1[↩]