Es stellt einen Verfahrensfehler beim Zustandekommen der Verständigung dar, wenn der Angeklagten vor Abschluss der Vereinbarung kein Hinweis auf die Anordnung von Bewährungsauflagen nach § 56b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 StGB erteilt worden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Angeklagter vor einer Verständigung gemäß § 257c StPO, deren Gegenstand die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe ist, auf konkret in Betracht kommende Bewährungsauflagen hingewiesen werden, die nach § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen und deren Erteilung Voraussetzung für die in Aussicht gestellte Strafaussetzung ist1. Nur durch einen solchen vorherigen Hinweis kann sichergestellt werden, dass der Angeklagte vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung informiert ist und er deshalb autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt2.
Danach ist es erforderlich, dass das Gericht vor einer Verständigung offenlegt, dass es die Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe allein nicht für ausreichend hält, sondern zur Verwirklichung der Genugtuungsfunktion des Strafverfahrens Bewährungsauflagen in Betracht zieht, die Bestandteil der Rechtsfolgenerwartung sind und gemäß § 56b Abs. 1 Satz 1 StGB – anders als Bewährungsweisungen gemäß § 56c Abs. 1 Satz 1 StGB3 – als Genugtuung für begangenes Unrecht eine strafähnliche Sanktion darstellen. Erst die Kenntnis des Umstandes, dass ihm neben der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe weitere Maßnahmen mit Vergeltungscharakter drohen, die – wie hier in Form der Zahlungsauflage nebst kumulativ verhängter Arbeitsauflage – eine erhebliche Belastung darstellen können, versetzt den Angeklagten in die Lage, von seiner Entscheidungsfreiheit, ob er auf das Angebot des Gerichts eingehen möchte, auf einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage Gebrauch zu machen4.
Diesen Anforderungen hat im vorliegenden Fall das Landgericht nicht entsprochen, weil der gesamte Umfang der Rechtsfolgenerwartung vor dem Zustandekommen der Verständigung nicht offengelegt wurde. Bei der hier gegebenen Sachlage reichte der Hinweis des Vorsitzenden, eine Bewährungsauflage sei angedacht, nicht aus. Es ist schon fraglich, ob Art und Umfang von Bewährungsauflagen überhaupt im Rahmen der Verständigung nach § 257c StPO ausgeklammert werden können. Jedenfalls bei der hier explizit erfolgten Ablehnung einer Arbeitsauflage durch die Angeklagte war deren Verhängung in dem ausgesprochenen Umfang im Zusammenhang von 200 Stunden mit der Geldauflage von der Angeklagten nicht vorherzusehen und auch nicht Gegenstand der Verständigung.
Auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht das Urteil des Landgerichts. Der Bundesgerichtshof kann nicht ausschließen, dass sich die Angeklagte nicht auf die Verständigung eingelassen hätte, wenn sie vor deren Zustandekommen darauf hingewiesen worden wäre, dass zur Genugtuung für das begangene Unrecht die Erteilung mehrerer Bewährungsauflagen gemäß § 56b StGB – insbesondere die von ihr abgelehnte Arbeitsauflage nach § 56b Abs. 2 Nr. 3 StGB – in Betracht kommt5.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Januar 2018 – 1 StR 368/17
- BGH, Beschlüsse vom 08.09.2016 – 1 StR 346/16, NStZ-RR 2016, 379, 380; und vom 29.01.2014 – 4 StR 254/13, BGHSt 59, 172, 174[↩]
- vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1071; siehe auch BT-Drs. 16/12310, S. 14, 15[↩]
- vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 07.10.2014 – 1 StR 426/14, NStZ 2015, 179[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 08.09.2016 – 1 StR 346/16, NStZ-RR 2016, 379, 380; vom 29.01.2014 – 4 StR 254/13, BGHSt 59, 172, 174 f.; und vom 11.09.2014 – 4 StR 148/14, NJW 2014, 3173[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1067, 1071; BGH, Beschluss vom 29.01.2014 – 4 StR 254/13, BGHSt 59, 172, 176[↩]