Der Dealer – und sein Mittäter

Ob ein Beteiligter als Mittäter des anderen handelt, ist auch im Betäubungsmittelstrafrecht nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten.

Der Dealer – und sein Mittäter

Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Anhaltspunkte für (mit)täterschaftliches Handeln können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Verschaffen sich die Beteiligten die von ihnen jeweils zur Weiterveräußerung bestimmten Betäubungsmittel in Einkaufsgemeinschaft oder im Wege eines Sammeleinkaufs, gilt nichts anderes1.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall bedeutete dies: Beide Angeklagte handelten zwar arbeitsteilig bei der Beschaffung der gesamten Handelsmenge zusammen. So bestellte der Angeklagte T. das Rauschgift, während es von dem Angeklagten C. entgegengenommen und anschließend bis zur Aufteilung verwahrt wurde. Allerdings ist bei dieser Gestaltung des Betäubungsmittelgeschäftes noch kein Mitbesitz des Angeklagten T. an der gesamten Handelsmenge entstanden2.

Zudem fehlt es an einem gemeinsamen Interesse beider Angeklagter im Hinblick auf den Erwerb der aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses erworbenen Gesamtmenge. Es war von vornherein beabsichtigt, dass das Rauschgift hälftig aufgeteilt werden sollte. Eine Beteiligung an den Geschäften des anderen war nicht vorgesehen; die Angeklagten planten jeder für sich, das Marihuana jeweils an einen eigenen festen Abnehmerkreis weiterzuverkaufen3. Eine Reduzierung von Transportkosten, die nach der Rechtsprechung des 1. und des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs das Interesse am Sammelkauf der Gesamtmenge belegen soll4, ist nicht festgestellt; die Betäubungsmittel wurden den Angeklagten durch einen Kurier des Lieferanten zugestellt. Auch ist den Urteilsgründen – was für ein Interesse am gesamten Geschäft sprechen könnte5 – nicht zu entnehmen, dass wegen der größeren Menge das Rauschgift günstiger eingekauft worden wäre. Darauf hat sich im Übrigen auch die Strafkammer nicht gestützt.

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Selbst wenn man davon ausginge, dass tatsächlich ein Mengenrabatt gewährt worden wäre und sich daraus ein gemeinsames Interesse an der Durchführung des auf die Gesamthandelsmenge bezogenen Handelsgeschäfts ergeben sollte, käme im Hinblick auf die von dem Mitangeklagten C. erworbene Handelsmenge eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht in Betracht. Denn dafür ist Eigennützigkeit des Handelns erforderlich6, die hier hinsichtlich der für den Mitangeklagten bestimmten Handelsmenge fehlte. Eigennütziges Handeln setzt ein Erstreben von Vorteilen voraus, die sich vor allem aus dem Umsatzgeschäft ergeben7. Nicht in diesem Sinne umsatzbezogen ist ein Vorteil, der dem Täter aus einem anderen Vorgang, namentlich dem Erwerb, erwächst. Eigennützigkeit ist daher nicht gegeben, wenn der Vorteil allein in günstigeren Konditionen liegt, die mehrere Betäubungsmittelhändler in einer bloßen Einkaufsgemeinschaft aufgrund der bestellten Gesamtmenge erhalten. Der insoweit erstrebte Vorteil erschöpft sich in Umständen, die den eigenen Erwerb betreffen und sich auch nur auf den Umfang des durch das eigene Geschäft beabsichtigten Gewinns auswirken8.

Eigennütziges Handeln lässt sich auch nicht auf die Erwägung stützen, arbeitsteiliges Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten C. habe das Entdeckungsrisiko für den Angeklagten T. verringert. Zwar reicht es für die Annahme eigennützigen Handelns auch aus, wenn der Täter sich von seinem Tun irgendeinen persönlichen Vorteil verspricht, der auch lediglich immaterieller Art sein kann9. Vorteile immaterieller Art begründen Eigennützigkeit aber nur dann, wenn sie nicht nur den Empfänger in irgendeiner Weise besser stellen, sondern auch einen objektiv messbaren Inhalt haben10. Ob dies gegeben ist, ist aufgrund einer restriktiven Auslegung festzustellen11. Allein aus einem arbeitsteiligen Vergehen von Tatbeteiligten und einem dadurch möglicherweise verringerten Entdeckungsrisiko ergibt sich kein solcher objektiv messbarer persönlicher Vorteil.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Dezember 2017 – 2 StR 46/17

  1. BGH, Beschluss vom 14.08.2002 – 2 StR 249/02, NStZ 2003, 90; Beschluss vom 17.04.2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154; MünchKomm-StGB/O?lakc?o?lu, 3. Aufl., § 29 BtMG Rn. 419[]
  2. vgl. zu diesem Krite- rium für die Begründung von Mittäterschaft BGH, Beschluss vom 17.04.2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154 f.; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29, Rn. 670 f.[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 17.04.2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154[]
  4. BGH, Beschluss vom 09.10.2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57; siehe auch BGH, Beschluss vom 24.10.2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81; Beschluss vom 13.04.2013 – 4 StR 547/12[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 09.10.2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57; BGH, Beschluss vom 24.10.2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81; Beschluss vom 13.04.2013 – 4 StR 547/12[]
  6. vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 213[]
  7. vgl. MünchKomm-StGB/O?lakc?o?lu, 3. Aufl., § 29 BtMG Rn. 419[]
  8. BGH, Beschluss vom 17.04.2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154; zur fehlenden Eigennützigkeit, wenn der Vorteil allein in günstigeren Einkaufsbedingungen liegt: BGH, Beschluss vom 27.03.2012 – 3 StR 64/12, NStZ 2012, 516; siehe auch BGH, Beschluss vom 09.01.1991 – 2 StR 359/90, StV 1992, 65[]
  9. st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 06.11.2012 – 2 StR 410/12[]
  10. vgl. BGH, Beschluss vom 16.03.2016 – 4 StR 42/16, NStZ-RR 2016, 212, 213 mwN[]
  11. BGH, Beschluss vom 29.02.2000 – 1 StR 46/00, NStZ-RR 2000, 234; Beschluss vom 16.11.2001 – 3 StR 371/01, StV 2002, 254 f.[]
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