Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist keine Beweis, sondern eine Entscheidungsregel, die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung von der Täterschaft zu gewinnen vermag. Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist er grundsätzlich nicht anzuwenden1.

Das Gericht wählt einen rechtsfehlerhaften Ansatz, wenn es „Sachverhaltslücken“ jeweils unabhängig vom restlichen Sachverhalt gemäß dem Zweifelssatz zugunsten des Angeklagten zu schließen versucht. Denn hierdurch verengt es die Betrachtung auf diejenigen Beweisanzeichen, denen es eine unmittelbare Aussagekraft für das jeweilige Sachverhaltselement beimisst. Das Gericht muss statt einer isolierten Beweiswürdigung für einzelne Sachverhaltselemente eine Gesamtbewertung aller be- und entlastenden Beweisanzeichen mit dem ihnen jeweils zukommenden Beweiswert vornehmen.
Indem das Landgericht im vorliegenden Fall unter mehrfacher isolierter Anwendung des Zweifelssatzes den für den Angeklagten günstigsten Geschehensablauf annimmt, der nicht einmal mit der Einlassung des Angeklagten in Einklang zu bringen ist, hat das Landgericht zudem verkannt, dass es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten ist, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer nicht widerlegbaren und durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen2.
Im Übrigen ist
für die Überzeugung des Tatrichters von einem bestimmten Sachverhalt eine absolute, das Gegenteil ausschließende Gewissheit nicht erforderlich3.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 1. Juni 2016 – 1 StR 597/15