Rentenversicherung für Sicherungsverwahrte

Die Justizvollzugsanstalt ist nicht verpflichtet, für die bei ihr gemäß § 34 Abs. 1 HmbSVVollzG beschäftigten Sicherungsverwahrten Beiträge zur Rentenversicherung abzuführen, weil eine Rentenversicherungspflicht nicht besteht.

Rentenversicherung für Sicherungsverwahrte

Behauptet der Sicherungsverwahrte, seine Tätigkeit in der Anstalt müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen rentenversicherungspflichtig sein, hat er diese Rechtsfrage im Anfrageverfahren gemäß § 7a SGB IV und dem sich gegebenenfalls anschließendem Verfahren vor den Sozialgerichten zu klären.

Nach Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg ist in der Rechtsprechung ausreichend geklärt, dass die Vergütung einer Arbeitstätigkeit eines Sicherungsverwahrten gemäß § 34 Abs. 1 HmbSVVollzG nicht rentenversicherungspflichtig ist. Das Hamburger Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz enthält keine eine Rentenversicherungspflicht begründende Norm, kann sie auch nicht enthalten, weil der Bund und nicht die Länder insoweit die Gesetzgebungskompetenz haben1. Es ist ebenso anerkannt, dass der Bundesgesetzgeber die Tätigkeit der Gefangenen in der Anstalt – hierunter fallen nach der Legaldefinition des § 26 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 SGB III auch die Sicherungsverwahrten – der Rentenversicherungspflicht gerade nicht unterwerfen wollte2. Der Bundesgesetzgeber hat das Inkrafttreten der in § 190 StVollzG vorgesehene Änderung der damaligen Reichsversicherungsordnung nach § 198 Abs. 3 StVollzG vom Erlass eines besonderen Bundesgesetzes abhängig gemacht, zu dem es nicht gekommen ist.

Ob § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI gleichwohl verfassungskonform dahin auszulegen ist, dass er entgegen dem Willen des Gesetzgebers auch die Beschäftigungsverhältnisse zwischen Sicherungsverwahrten und Anstalt erfasst oder ob der Ausschluss dieser Beschäftigungsverhältnisse aus der Rentenversicherungspflicht verfassungswidrig ist mit der Konsequenz einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zum Bundesverfassungsgericht, hat das Oberlandesgericht im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Ob eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt oder nicht, wird nicht im vorliegenden Streit zwischen den Beteiligten des Beschäftigungsverhältnisses entschieden, sondern im Anfrageverfahren gemäß § 7a SGB IV. Nach § 1 Satz 1 dieser Norm können die Beteiligten, also auch der Sicherungsverwahrte, schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob ein (rentenversicherungspflichtiges) Beschäftigungsverhältnis vorliegt, über die nach Satz 3 die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet. Gegen diese Entscheidung ist dann der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.

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Soweit der Sicherungsverwahrte in der Rechtsbeschwerdebegründung Ausführungen dazu macht, weshalb er nicht in der Lage sei, während der Dauer der Sicherungsverwahrung ein sozialversicherungspflichtiges freies Arbeitsverhältnis nach § 34 Abs. 4 HmbSVVollzG einzugehen, die JVA ihn daran in der Vergangenheit geradezu gehindert habe, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem er im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden kann.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 4. September 2015 – 3 Ws 74/15 Vollz

  1. ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 19.03.2014 – 2 Ws 17/14[]
  2. vgl. Arloth, StVollzG, 3. Aufl.2011, Rn. 1 und 3 zu § 190; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl.2008, Rn. 3 zu § 193; Laubenthal in Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl.2013, Rn. 1 zu §§ 190 – 193; Brühl in Feest, StVollzG, 6. Aufl.2012, Rn. 1 und 7 vor § 190 jeweils mit Kritik am Gesetzgeber[]