Wird bei der Beladung eines Fahrzeugs das nach einer fahrzeugbezogenen Ausnahmegenehmigung (§70 Abs. 1 StVZO) zulässige Gesamtgewicht überschritten, kommt es für das Ausmaß der Überladung grundsätzlich nur auf die Überschreitung dieses Gesamtgewichts an. Dies gilt selbst dann, wenn es zusätzlich einer streckenbezogenen Erlaubnis (§ 29 Abs. 3 StVO) bedarf, solange diese nur eine Auflage der fahrzeugbezogenen Erlaubnis darstellt und nicht deren Bedingung.

.Wird wegen Überladung der Verfall (§ 29 a OWiG) angeordnet, erfolgt die Abschöpfung des Erlangten nach dem Bruttoprinzip, also ohne Aufspaltung in einen „legalen“ und einen „illegalen Teil“. Das Gericht darf schätzen und hat pflichtgemäßes Ermessen auch hinsichtlich der Höhe der Verfallsanordnung auszuüben. Die insoweit maßgeblichen Grundlagen und Erwägungen müssen der gerichtlichen Entscheidungzu entnehmen sein [1], SchlHA 2014, 388 ff.))
Die Überlegung, die Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 StVZO, die ein zulässiges Gesamtgewicht von 44 t gestatte, wirke sich nur dann zu seinen Gunsten aus, wenn der Betroffene diese Begrenzung einhalte, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht ohne Weiteres stand.
Sie vernachlässigt, dass die Ausnahmegenehmigung nach § 70 Abs. 1 StVZO eine fahrzeugbezogene Ausnahme zur allgemeinen Verkehrszulassung eines Fahrzeuges auf öffentlichen Straßen enthält [2]. Darüber hinaus verlangt aber § 29 Abs. 3 StVO eine streckenbezogene Ausnahmeerlaubnis mit örtlichen und zeitlichen Vorgaben im Hinblick auf den Einsatz des Fahrzeuges für eine konkrete Fahrt [3].
Soll daher ein Fahrzeug, dessen tatsächliches Gesamtgewicht und dessen tatsächliche Abmessungen die allgemein zugelassenen Grenzen nach der StVZO überschreiten, im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden, ist zusätzlich zur fahrzeugbezogenen Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO vor Antritt der Fahrt die Erteilung einer streckenbezogenen Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO zur Teilnahme am Verkehr erforderlich [4].
Ob der Betroffene vorliegend eine derartige streckenbezogene Ausnahmeerlaubnis vorweisen konnte, wofür nach Aktenlage einiges spricht, lässt sich dem Urteil jedoch nicht entnehmen. Zusätzliche Feststellungen dazu sind daher erforderlich. Denn ob beim Fehlen einer Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO gleichzeitig auch die Wirksamkeit der Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO erlischt, hängt vom Inhalt der Ausnahmegenehmigung ab. Ist das Vorliegen einer streckenbezogenen Erlaubnis dort als Bedingung vorgesehen – von dieser Annahme scheint das Amtsgericht ausgegangen zu sein – , so gilt die Ausnahmegenehmigung nicht, wenn die Bedingung, also die Erteilung einer gleichzeitig gültigen streckenbezogene Ausnahmeerlaubnis, nicht erfüllt war. Ist diese in der Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO hingegen lediglich als Auflage im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG und § 71 StVZO bestimmt, dann berührt das Fehlen der streckenbezogenen Ausnahmeerlaubnis die Wirksamkeit der Ausnahmegenehmigung nach der StVZO nicht [5].
Das Entgelt, das einer Verfallsbeteiligten für einen Transport zufließt, ist im Sinne von § 29a Abs. 2 OWiG „erlangt“ [6] – unabhängig von der Frage, wie hoch die Überladung letztendlich war. Die Abschöpfung des Erlangten hat nach dem Bruttoprinzip zu erfolgen. Danach ist der Nettovergütungsbetrag als Verfallsbetrag anzusetzen, den ein Unternehmen für einen Transport erhalten hat, wenn bei Durchführung der Transportfahrt mit einem LKW-Zug das zulässige Gesamtgewicht überschritten ist [7]. Insoweit ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, wenn der Schätzung die Kostenansätze Gütertransport Straße (KGS) zugrunde gelegt werden, sofern keine anderen, konkret fallbezogenen Grundlagen für die Schätzung vorliegen.
Dem Urteil müssen aber die Grundlagen dieser Schätzung gem. § 29a Abs. 3 OWiG zu entnehmen sein, um sie nachvollziehen zu können. Dies erlauben die vorliegenden Feststellungen hier aber nicht. Insoweit hätte festgestellt werden müssen, auf welche Umstände es für die Entgeltberechnung nach den KGS ankommt, etwa die Art des Transportguts, das Gewicht und die Strecke [8]. Tatsachengrundlagen für die Anwendung der KGS gibt das Urteil insoweit, als das Transportgut (Stückholz Eiche) und die Transportstrecke festgestellt sind. Von welchem Transportgewicht dabei ausgegangen wird, ist nicht ersichtlich. Die Schätzung kann mithin insgesamt nicht nachvollzogen werden.
Darüber hinaus muss das Urteil ausreichend erkennen lassen, dass sich das Gericht der Notwendigkeit bewusst war, bei der Entscheidung nach § 29a Abs. 2 OWiG hinsichtlich des Ob der Verfallsanordnung gegen die Drittbegünstigte und hinsichtlich der Höhe des für verfallen erklärten Betrages eigenes Ermessen auszuüben und nicht nur die Ermessensentscheidung der Verwaltung zu überprüfen [9]. Hier lässt die Fassung der Urteilgründe befürchten, das Gericht habe die Ermittlung der Verfallsbeträge der Polizei überlassen und nur deren Schätzung auf Rechtsfehler überprüft. So wird ausgeführt, „der Messbeamte“ habe angesichts der gefahrenen Wegestrecke „unter Zugrundelegung der Kostensätze Gütertransport Straße … einen Gesamtbetrag von 792, 87 €“ errechnet. Diese Berechnung sei nicht zu beanstanden. Dies stellt ebenfalls einen durchgreifenden Sachmangel des Urteils dar.
Schleswig ‑Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 27. August 2015 – 2 Ss OWi 95/15 (60/15)
- OLG Schleswig, Beschluss vom 13.12 2013 ‑2 Ss OWi 115/13 ((68/13[↩]
- OLG Celle, Beschluss vom 11.01.2011 – 322 SsRs 390/10, NZV 2011, S. 311, 312[↩]
- OLG Celle a. a. O.[↩]
- OLG Celle a. a. O. m. w. N.[↩]
- OLG Celle a. a. O.; vgl. zu allem auch Rebler, NZV 2004, S. 450 ff.[↩]
- OLG Celle, NStZ-RR 2012, 151[↩]
- OLG Hamburg, NStZ 2014, 340; OLG Celle, NZV 2013, 610[↩]
- vgl. a. OLG Karlsruhe, NZV 2013, 98; NZV 2014, 326[↩]
- s.a. OLG Celle, a.a.O.[↩]