Über mehrere Rechtsmittel eines Angeklagten ist auch dann eine gesonderte Kostenentscheidung zu treffen, wenn die Rechtsmittelverfahren in entsprechender Anwendung von § 4 StPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden sind.

Eine gesonderte Entscheidung ist auch zu treffen, weil die beiderseitigen Rechtsmittel kostenrechtlich getrennt zu betrachten sind1. Die Kosten der von der Staatsanwaltschaft zurückgenommenen Rechtsmittel (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) und die notwendigen Auslagen des Angeklagten (§ 473 Abs. 2 S. 1 StPO) sind der Staatskasse aufzuerlegen, soweit sie ausscheidbar den Berufungen der Staatsanwaltschaft zuzurechnen sind2. Ob durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft überhaupt ausscheidbare Mehrkosten entstanden sind, obliegt dem Kostenfestsetzungsverfahren.
Umgekehrt hat der Angeklagte die Kosten seiner beiden Rechtsmittel gemäß § 473 Abs. 1 S. 1 StPO jedenfalls zu tragen, soweit sie bei einer alsbald nach Urteilszustellung erklärten Rechtsmittelbeschränkung vermeidbar gewesen wären. Wird – wie hier – ein zunächst unbeschränkt eingelegtes Rechtsmittel nachträglich beschränkt, so handelt es sich um eine Teilrücknahme desselben, was zur entsprechenden Anwendung von § 473 Abs. 1 S. 1 StPO führt. Dem Rechtsmittelführer sind deshalb die Mehrkosten, die durch die nicht rechtzeitige Rücknahme des Rechtsmittels entstanden sind, aufzuerlegen3. Der Angeklagte hat das Rechtsmittel hier verspätet beschränkt. Ob eine Berufung rechtzeitig beschränkt wird, richtet sich danach, ob die Beschränkung noch innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 317 StPO erfolgt4. Das war hier nicht der Fall. Der Angeklagte hat die Beschränkung erst im Hauptverhandlungstermin vorgenommen.
Soweit es die verbleibenden Berufungen des Angeklagten gegen die beiden Urteile des Amtsgerichts betrifft, waren die Berufungsverfahren durch die Verfahrensverbindung zwar miteinander verschmolzen. Dennoch ist sowohl in der Hauptsache5 als auch im Kostenpunkt6 über jedes einzelne Rechtsmittel – also auch über jede der beiden Berufungen des Angeklagten – eine eigene Entscheidung zu treffen. Diese fällt unterschiedlich aus, weil nur die Berufung des Angeklagten gegen eines der beiden amtsgerichtlichen Urteile erfolgreich war. Für die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe ein Rechtsmittel Erfolg hat, kommt es nach zutreffender Auffassung auf einen Vergleich zwischen dem Rechtsfolgenausspruch der Vorinstanz und der in der Rechtsmittelinstanz erreichten Milderung an; der Schlussantrag des Beschwerdeführers ist nicht maßgeblich7.
Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 20. Mai 2015 – 1 Ws 94/15
- OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.05.2013 – 1 Ws 59/13; Hilger in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Auflage, § 473, Rn. 59; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, § 473, Rn. 18[↩]
- zu diesem Erfordernis: OLG Celle, Beschluss vom 06.08.2013 – 1 Ws 192/13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 473 Rn. 18[↩]
- Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 01.03.2006, 2 Ws 48/06 3, OLG Koblenz, Beschluss vom 19.08.2010, 2 Ws 355/10 5; OLG München, 2 Ws 1197/96 K = NStZ-RR 1997, 192; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, § 473, Rn.20[↩]
- OLG Koblenz, Beschluss vom 19.08.2010, 2 Ws 355/10 7[↩]
- vgl. hierzu: BayObLG, Beschluss vom 16.04.1999, 1 StRR 81/99 15[↩]
- vgl. SSW-StPO, Steinberger-Fraunhofer, § 473 Rn. 12[↩]
- OLG Stuttgart, Beschluss vom 12.05.2014 – 4 Ws 96/14; OLG München – 2 Ws 1197/96 = NStZ-RR 1997, 192; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, § 473, Rn. 21, 25[↩]