Hebt das Beschwerdegericht auf die Beschwerde des Betroffenen die Anordnung der Abschiebungshaft auf, ohne über den zugleich gestellten Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung zu entscheiden, und geht aus den Gründen hervor, dass die Entscheidung bewusst unterblieben ist, scheidet eine Beschlussergänzung gemäß § 43 FamFG aus1.

Ein auf Beschlussergänzung gemäß § 43 FamFG gerichtetes Verfahren kommt hier nicht in Betracht. Denn das Beschwerdegericht hat den Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass der Haftanordnungsbeschluss ihn in seinen Rechten verletzt hat, nicht versehentlich übergangen2 . Vielmehr ist eine Entscheidung aus der (unzutreffenden) rechtlichen Erwägung unterblieben, infolge der Aufhebung des Anordnungsbeschlusses bedürfe es einer solchen Feststellung nicht. Dies stellt kein Übergehen im Sinne von § 43 Abs. 1 FamFG dar. Ein Antrag ist nur „übergangen“, wenn er versehentlich nicht beachtet worden ist, nicht dagegen, wenn wie hier aus den Gründen hervorgeht, dass die Entscheidung bewusst unterblieben ist3. In einem derartigen Fall scheidet eine Beschlussergänzung aus; die Beschwerdeentscheidung muss vielmehr – wie vorliegend mit der Rechtsbeschwerde auch geschehen – mit dem jeweils statthaften Rechtsmittel angefochten werden4.
Hat ein in Abschiebungshaft befindlicher Ausländer die Beschwerde gegen die Haftanordnung zulässigerweise mit dem Antrag analog § 62 FamFG verbunden, festzustellen dass er durch die angefochtene Haftanordnung in seinen Rechten verletzt worden ist, muss das Beschwerdegericht über beide Anträge entscheiden. Die Anträge verfolgen nicht dasselbe Rechtsschutzziel. Ziel einer Beschwerde gegen die Haftanordnung ist die Beseitigung der Freiheitsentziehung. Ziel des Feststellungsantrags ist die Rehabilitierung des Betroffenen in Bezug auf den mit der Haftanordnung verbundenen Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens. Den Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz bei Freiheitsentziehungen (Art.19 Abs. 4 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) wird bei unrechtmäßigen Inhaftierungen nur entsprochen, wenn dem Rehabilitierungsinteresse umfassend Rechnung getragen wird. Vor diesem Hintergrund ist auf einen Antrag des Betroffenen die Verletzung seiner Rechte durch die Inhaftierung auch dann auszusprechen, wenn das Beschwerdegericht mit der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Haftanordnung die Freiheitsentziehung beendet5.
Der Feststellungsantrag ist begründet, da die Abschiebungshaft nicht hätte angeordnet werden dürfen. Der Haftantrag ist wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt unzulässig, da er keine ausreichenden Angaben zur Durchführbarkeit der Abschiebung enthält. Der Mangel wurde auch nicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geheilt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. März 2014 – V ZB 17/14
- Abgrenzung zu dem BGH, Beschluss vom 06.03.2014 – V ZB 205/13[↩]
- dazu BGH, Beschluss vom 06.03.2014 – V ZB 205/13[↩]
- vgl. zur gleichartigen Bestimmung zur Urteilsergänzung in § 321 ZPO: BGH, Urteil vom 16.12 2005 – V ZR 230/04, NJW 2006, 1351 Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 12.07.2013 – V ZB 74/12, FamRZ 2013, 1572[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2009 – VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 Rn. 70; Urteil vom 20.09.2007 – I ZR 171/04, NJW-RR 2008, 851 Rn. 28[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.10.2012 – V ZB 238/11, FGPrax 2013, 39 Rn. 6, 7; Beschluss vom 14.10.2010 – V ZB 78/10, FGPrax 2011, 39 Rn. 12[↩]