Als Einkünfte des Berechtigten im Sinne von § 2 Abs. 3 UVG sind Unterhaltszahlungen des Elternteils, bei dem der Berechtigte nicht lebt, nur dann anzusehen, wenn sie den eigenen Unterhaltsanspruch des Berechtigten betreffen.

Keine Einkünfte des Berechtigten im Sinne von § 2 Abs. 3 UVG. sind Zahlungen des Elternteils, bei dem der Berechtigte nicht lebt, die aufgrund der Vollstreckung eines zu Gunsten eines weiteren in demselben Haushalt lebenden Kindes ergangenen Unterhaltstitels geleistet werden.
In einem hier vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschiedenen Fall wendet sich der Kläger gegen die Rückforderung ihm für den Monat Februar 2009 gewährten Unterhaltsvorschusses und begehrt die Gewährung von Unterhaltsvorschuss für die Zeit vom 01.03. bis zum 30.09.2009. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat entschieden, dass ab Februar 2009 keine weiteren Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz an den Kläger erbracht werden sollen. Dagegen ist Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg eingelegt worden.
Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt nicht bereits deshalb der Aufhebung, weil es – wie der Kläger meint – einem bereits von dem Verwaltungsgericht gefällten Urteil, das auf die mündliche Verhandlung vom 15.06.2010 ergangen sei – entgegensteht. Denn weder lässt sich aus den beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichts noch aus den Einlassungen der Beteiligten in irgendeiner Weise schließen, dass das Verwaltungsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2010 bereits eine rechtsförmliche Entscheidung in der Form eines Urteils nach § 107 VwGO getroffen hätte. Die Akten enthalten kein entsprechendes vollständiges Urteil und aus ihnen ist auch nicht ersichtlich, dass ein von den Richtern unterschriebenes Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung bereits der Geschäftsstelle übermittelt worden war (vgl. §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO). Demnach spricht alles dafür, dass – wie auch in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zur Wiedereröffnung des Verfahrens vom 15.06.2010 festgehalten – sich für das Gericht Zweifel an ihrer in der mündlichen Verhandlung gegenüber den anwesenden Beteiligten geäußerten Rechtsauffassung ergeben haben und aus Gründen des rechtlichen Gehörs eine erneute mündliche Verhandlung vom Gericht als notwendig erachtet wurde.Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Wiedereröffnungsbeschluss nach § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO nicht den Anforderungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprochen hat, bestehen für den Verwaltungsgerichtshof im Übrigen nicht1.
Die Berufung des Klägers hat jedoch deswegen Erfolg, weil die Bescheide des Beklagten vom 02.04.2009 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 30.11.2009 rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Unter Änderung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14.09.2010 ist der den Monat Februar 2009 betreffende Rückforderungsbescheid vom 02.04.2009 aufzuheben und der Beklagte unter Aufhebung des weiteren Bescheids vom 02.04.2009 sowie des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2009 zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit vom 01.03.2009 bis zum 30.09.2009 Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von monatlich 158,– EUR zu gewähren (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 19.01.2009 nicht aufzuheben, da dem Kläger auch noch über den Januar 2009 hinaus Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zustanden. Insbesondere kann dem von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen nicht entgegen gehalten werden, dass er sich einen Anteil der zu Gunsten seiner Schwester aufgrund des Unterhaltstitels des Amtsgerichts Baden-Baden2 vollstreckten Leistungen nach der Bestimmung des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG hätte anrechnen lassen müssen.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder – Ausfallleistungen – Unterhaltsvorschussgesetz, UVG, in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.20073 hat ein Kind Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder ‑ausfallleistung neben anderen Voraussetzungen dann, wenn es Unterhalt von dem Elternteil, bei dem es nicht lebt oder, wenn dieser oder ein Stiefelternteil gestorben ist, Waisenbezüge nicht oder nicht regelmäßig mindestens in der in § 2 Abs. 1 und 2 UVG bezeichneten Höhe erhält. Erzielt das Kind in demselben Monat Einkünfte aus Unterhaltszahlungen des Elternteils, bei dem es nicht lebt, bzw. Waisenbezüge, werden diese Einkünfte auf die sich nach § 2 Abs. 1 und 2 UVG ergebende Unterhaltsleistung angerechnet (§ 2 Abs. 3 UVG). Wurde zunächst Unterhaltsvorschuss gewährt, haben jedoch die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt worden ist, nicht vorgelegen, weil der Berechtigte nach Stellung des Antrags auf Unterhaltsleistung Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVG erzielt hat, das bei der Bewilligung der Unterhaltsleistung nicht berücksichtigt worden ist, so hat das Kind den geleisteten Betrag zurückzuzahlen (vgl. § 5 Abs. 2 UVG).
Diese Regelungen verdeutlichen bereits nach ihrem Wortlaut, dass der Anspruch eines Kindes auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen keineswegs stets dann ausgeschlossen ist, wenn dem Haushalt desjenigen Elternteils, bei dem das Kind lebt – bezogen auf jeden einzelnen Monat – genügend Mittel zur Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Den Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 UVG und des § 2 Abs. 3 UVG lässt sich im Gegenteil hinreichend deutlich entnehmen, dass der sich – nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (vgl. § 2 Abs. 1 UVG) – ergebende monatliche Mindestunterhalt eines Kindes, dessen Sicherung das Unterhaltsvorschussgesetz dient, nur dann gerade keiner oder jedenfalls nur einer teilweisen Sicherung mittels Gewährung einer Unterhaltsleistung nach dem UVG bedarf, wenn dem Kind zustehende Unterhaltszahlungen des Elternteils, bei dem es nicht lebt, gewährt werden bzw. wenn es Waisenbezüge erhält.
Die von dem Beklagten vorgenommene Anrechnung eines Teils der aus dem Unterhaltstitel zugunsten der Schwester des Klägers monatlich vollstreckten Beträge wäre mit jener gesetzlichen Regelung nur dann in Einklang zu bringen, wenn der Kläger auch tatsächlich einen eigenen Anspruch auf Auszahlung der jeweiligen vollstreckten Beträge gehabt hätte und diese – als Unterhaltszahlungen seines Vaters – der Erfüllung seines eigenen gegen den Vater gerichteten Unterhaltsanspruchs dienten. Gerade hiervon kann nach der Auffassung des Senats aber nicht die Rede sein. Die aufgrund Vollstreckung aus dem Unterhaltstitel des Amtsgerichts Baden-Baden vom 09.11.2007 erwirkten Leistungen können nicht – auch nicht nur zu einem Teil – als Unterhaltszahlungen des Vaters des Klägers zur Befriedigung dessen eigenen Unterhaltsanspruchs aufgefasst werden.
Einer solchen Einordnung widerstreitet bereits der Inhalt der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung4. Nach deren Nr. 1.5.5 („Anteil des Kindesunterhalts bei Gesamtzahlung an Ehegatten und Kinder“) ist bei der Zahlung eines undifferenzierten Gesamtbetrags auf einen mehrere Kinder betreffenden rechtskräftigen Unterhaltstitel die Zahlung, wenn sie nicht zur Deckung des Unterhaltsbedarfs aller gemäß § 1609 Nr. 1 BGB gleichrangig unterhaltsberechtigten Kinder ausreicht, auf diese anteilig aufzuteilen. Werden unzureichende Zahlungen aufgrund eines Titels geleistet, der die Unterhaltsbeträge für jeden der Unterhaltsberechtigten beziffert, so sind diese anteilig zu kürzen. Diese Vorgaben betreffen den zu entscheidenden Fall nicht, da in dem vorliegend in Rede stehenden Zeitraum von Februar 2009 bis September 2009 lediglich der Unterhaltsanspruch der Schwester des Klägers, nicht jedoch dessen eigener Unterhaltsanspruch gegen seinen Vater tituliert gewesen ist. Erst mit dem Urteil des Amtsgerichts Rastatt5 erlangte der Kläger selbst einen eigenen Unterhaltstitel gegen seinen Vater.
Soweit nach der Nr. 1.5.5 der Richtlinien des Weiteren der Barunterhaltspflichtige nicht alle titulierten Unterhaltsansprüche befriedigt, sondern nur einen Teil des Unterhalts zahlt, soll eine Zweckbestimmung dahingehend, dass die Zahlungen beispielsweise nur der Erfüllung des Unterhaltsanspruchs des alleinerziehenden Elternteils oder eines nicht nach dem UVG berechtigten Kindes dienen soll, grundsätzlich beachtlich sein. Obgleich auch diese Vorgabe den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt wegen des zunächst gegebenen Fehlens eines Unterhaltstitels für den Kläger nicht unmittelbar betrifft, widerstreitet sie doch, und zwar erst recht, der seitens des Beklagten und des Verwaltungsgerichts favorisierten anteilsmäßigen Verteilung der – hier überdies vollstreckten – monatlichen Unterhaltszahlungen auf der Grundlage des Urteils des Amtsgerichts Baden-Baden vom 09.11.2007.
Der von dem Verwaltungsgericht für den vorliegenden Fall angestellten, aus den §§ 1609 und 1603 Abs. 2 BGB abgeleiteten sog. Mangelfallbetrachtung ist überdies bereits im Ansatz entgegenzuhalten, dass sie mit Blick auf die Schwester des Klägers eine zweifache Schmälerung des ihr an sich zustehenden Regelunterhaltsanspruchs gegenüber ihrem Vater6 bedeuten würde. Denn bereits das Amtsgericht Baden-Baden vermochte anstelle des für beide Kinder angesetzten Unterhaltsbedarfs von insgesamt 533,– EUR lediglich von einer zur Verfügung stehenden Verteilungsmasse in Höhe von 334,– EUR auszugehen, weshalb es zu Gunsten der Schwester des Klägers lediglich einen Unterhalt in Höhe von monatlich 180,– EUR anstelle der dieser an sich zustehenden 288,– EUR titulieren konnte. Eine nochmalige quotenmäßige Aufteilung jener 180,– EUR zu Lasten der Schwester des Klägers auf der Basis des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG würde diese nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs – auch entgegen den von dem Verwaltungsgericht angeführten unterhaltsrechtlichen Grundsätzen – über Gebühr benachteiligen. Dieses wird insbesondere auch in den vom Verwaltungsgericht zu Begründung des angegriffenen Urteils herangezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Ansbach7 und des Verwaltungsgerichts Magdeburg8 außer Acht gelassen.
Des Weiteren sprechen gegen die Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts aber auch spezifisch vollstreckungsrechtliche Grundsätze, welche die Verwaltungsgerichte Ansbach und Magdeburg in den genannten Entscheidungen nicht zu berücksichtigen hatten, weil die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte keine Vollstreckung aus einem Unterhaltstitel für ein anderes Kind, sondern allein freiwillige Zahlungen auf eine bestehende Unterhaltsverpflichtung zum Gegenstand hatten.
Erfolgt eine Vollstreckung aufgrund eines bestimmten Zahlungstitels, ist eine irgend geartete Leistungs- oder Tilgungsbestimmung des Schuldners ausgeschlossen. Geleistet wird im Falle der Zwangsvollstreckung einzig und allein an den durch den jeweiligen Titel berechtigten Gläubiger. Allein dessen titulierter Zahlungsanspruch wird durch die erfolgreiche Vollstreckung erfüllt, wodurch die titulierte Forderung nach § 362 Abs. 1 BGB erlischt9. Die Befriedigung des Schuldners führt letztlich zu einem Verbrauch des Titels mit der Folge, dass dieser nach § 757 ZPO dessen Herausgabe beanspruchen kann10. Die Erfüllung einer titulierten Forderung ist im Übrigen die klassische Einwendung des Schuldners im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage11.
Vor diesem vollstreckungsrechtlichen Hintergrund können „Einkünfte“ aus einer erfolgreichen Vollstreckung des zu Gunsten der Schwester des Klägers ergangenen Unterhaltstitels nicht als dessen eigene Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 3 UVG angesehen werden. Auch wenn solches aus übergeordneten Überlegungen möglicherweise wünschenswert wäre, würde es den Wortlaut des Unterhaltsvorschussgesetzes überdehnen und jedenfalls zu unüberbrückbaren Widersprüchen zum Recht der Zwangsvollstreckung nach dem Achten Buch der ZPO führen. Zu Recht weist der Kläger insoweit darauf hin, dass jede Nichtanrechnung der aus dem Unterhaltstitel des Amtsgerichts Baden-Baden aus dem Jahr 2007 vollstreckten Beträge auf den durch dieses Urteil titulierten Anspruch elementaren vollstreckungsrechtlichen Grundsätzen widersprechen würde.
Die Annahme des Beklagten und des Verwaltungsgerichts, die in dem Zeitraum von Februar 2009 bis September 2009 zu Gunsten der Schwester des Klägers vollstreckten Unterhaltsbeträge seien jedenfalls zu einem Teil als Einkünfte des Klägers im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVG anzusehen, lassen sich im Übrigen auch nicht mit dem Inhalt des Urteils des Amtsgerichts Rastatt vom 28.10.2009 in Einklang bringen, mit welchem der Vater des Klägers zur Zahlung eines monatlich im Voraus zu leistenden Unterhalts an diesen bereits ab dem Monat März 2009 in Höhe von 197,– EUR verurteilt worden ist. Nach der von dem Kläger zu Recht beanstandeten Auffassung wäre nämlich der Unterhaltsanspruch des Klägers gegenüber seinem Vater für die Zeit bis September 2009 aufgrund der angenommenen teilweisen Anrechnung der zu Gunsten seiner Schwester vollstreckten Beträge bereits erfüllt worden.
Wie bereits ausgeführt, lässt sich den Bestimmungen des Unterhaltsvorschussgesetzes nicht die allgemeine Überlegung entnehmen, wonach Leistungen nach diesem Gesetz lediglich in Fällen gewährt werden sollen, in welchen dem Haushalt, dem das an sich unterhaltsberechtigte Kind angehört, bezogen auf einen Monat zu wenig Mittel zur Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse der Haushaltsmitglieder zur Verfügung stehen. Der Anspruch nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ist vielmehr auf eine originär öffentlich-rechtliche „Unterhaltsleistung“ (vgl. § 1 Abs. 1 UVG) gerichtet, die mit dem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch eines Kindes insofern verknüpft ist, als sich ihr Umfang gem. § 2 UVG an dem zivilrechtlichen Mindestunterhalt ausrichtet. Die Unterhaltsleistung des UVG ist eine existenzsichernde Leistung, die darauf reagiert, dass ein Kind keinen Barunterhalt erhält, weil der unterhaltspflichtige (andere) Elternteil keinen Unterhalt zahlt oder er verstorben ist und das Kind Waisenbezüge nicht in der Mindesthöhe nach § 2 UVG bezieht. Auf eine finanzielle Bedürftigkeit des Kindes und seines allein erziehenden Elternteiles kommt es für den Anspruch auf die Unterhaltsleistung nicht an12. Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ist nach der Konzeption des Gesetzgebers eine Sozialleistung eigener Art, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie den einem in einer unvollständigen Familie lebenden Kind geschuldeten Unterhaltsbeitrag bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen mittels eines gegenüber der öffentlichen Hand bestehenden Rechtsanspruchs absichert. Die öffentliche Unterhaltsvorschuss- oder ‑ausfallleistung unterscheidet sich damit konzeptionell und rechtssystematisch von anderen Sozialleistungen wie der Sozialhilfe und der Ausbildungsförderung nach dem BAföG. Diese decken – ohne dass die Anknüpfung an das Unterhaltsrecht für den Leistungsanspruch eine Rolle spielt – einen bestimmten, gesetzlich näher umschriebenen Bedarf ab13, welcher so von den Bestimmungen des Unterhaltsvorschussgesetzes nicht vorausgesetzt wird.
Hiermit in Einklang sieht etwa auch die Nr. 1.5.9 der Richtlinie zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes14 vor, dass Zahlungen Dritter an das Kind grundsätzlich einem Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsleistungen nach dem UVG nicht entgegenstehen.
Die mit Hinweis auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg15 geäußerte Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach „die Zahlung von Unterhaltsvorschussleistungen dem Prinzip der Nachrangigkeit von öffentlichen Hilfeleistungen gegenüber anderen Einkünften folgt“ teilt der Senat daher nicht. Die Auffassung steht auch in Widerspruch zu der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der „Unterhaltszahlungen“ i.S.v. § 2 Abs. 3 UVG. Mit Urteil vom 24.05.200516 hat das Bundesverwaltungsgericht darauf abgehoben, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung des Begriffs der „Unterhaltszahlung“ die Anrechnung gerade nicht auf alle unmittelbaren oder mittelbaren Leistungen des Elternteils, bei dem der Berechtigte nicht lebt, an den Berechtigten selbst oder an Dritte erstreckt habe, die sich nach bürgerlichem Recht auf den Anspruch des berechtigten Kindes auf Unterhalt auswirkten oder ihn erfüllen könnten. Eine solche von der Begrifflichkeit des Gesetzes indizierte Nichtberücksichtigung sonstiger mittelbarer geldwerter Vorteile oder bedarfsdeckender Zuwendungen entspreche der auch sonst typisierenden Regelungen des Gesetzes zum Umfang der unterhaltsvorschussrechtlichen Unterhaltsleistung. Sie zeichneten die nach bürgerlichem Recht bestehenden unterhaltsrechtlichen Regelungen nicht in allen Einzelheiten nach, sondern beschränkten sich auf eine vereinfachende Typisierung. So führe eine unterhaltsrechtlich erhebliche Bedarfsdeckung durch Dritte oder ein nicht in § 2 Abs. 3 UVG genanntes, aber unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen des Kindes nicht zu einer Senkung der öffentlich-rechtlichen Unterhaltsleistung. Auch soweit das Gesetz darauf ziele, den Lebensunterhalt des Kindes sicherzustellen, und für die öffentlich-rechtliche Unterhaltsleistung daran anknüpfe, dass der Unterhalt nicht rechtzeitig und ausreichend durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil gedeckt sei, werde die typisierende öffentlich-rechtliche Unterhaltsleistung dem Umfang nach nicht an dem konkreten, anderweitig nicht gedeckten Unterhaltsbedarf des berechtigten Kindes bemessen. Sie sei auch nicht in dem Sinne bedarfsabhängig, dass bei anderweitiger teilweiser Deckung eines konkreten Bedarfes eine Kürzung vorgenommen werden dürfe. Mit der Anrechnung allein von „Unterhaltszahlungen“, die nach Zeitpunkt und Höhe eindeutig und einfach nachzuvollziehen seien, werde sichergestellt, dass die typisierten öffentlich-rechtlichen Unterhaltsleistungen bewilligt werden können, ohne die Unterhaltsvorschussbehörden mit der Aufklärung sonstiger unterhaltsrechtlich etwa beachtlicher Leistungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils an die Berechtigten oder Dritte und die Bestimmung von deren Bedeutung für den Kindesunterhalt zu belasten17.
Die von dem Kläger angegriffene Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich schließlich auch nicht aus dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ableiten. Soweit das Verwaltungsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 05.01.200718 diesen Grundsatz angewandt hat, ist der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt bereits nicht mit dem hier zu entscheidenden vergleichbar. Soweit der Beklagte zuletzt den Grundsatz von Treu und Glauben dadurch – sinngemäß – angesprochen hat, die Mutter des Klägers habe dessen Vater bewusst ausschließlich wegen des Unterhalts für die Schwester zivilrechtlich in Anspruch genommen, muss dem entgegen gehalten werden, dass die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz eine vorherige zivilrechtliche Inanspruchnahme des anderen Elternteils nicht zur Voraussetzung hat.
Die Berufung des Klägers hat nach allem Erfolg. Darüber dass dem Kläger ohne Berücksichtigung einer Anrechnung nach § 2 Abs. 3 UVG monatliche Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von 158,– EUR zukommen, besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 29. November 2011 – 12 S 2650/10
- vgl. zur Frage, in welcher Besetzung ein Beschluss nach § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO zu treffen ist BFH, Beschl. v. 28.02.1996 – II R 61/95, NVwZ-RR 1997, 73; BVerwG, Urt. v. 10.03.1983 – 7 C 93.82, NJW 1983, 1867; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.02.2008 – 1 S 1922/07, NVwZ-RR 2008, 429; Kuntze/Stuhlfauth in Bader, VwGO, Komm., 5. Aufl., § 104 Rn. 15; Sangmeister, NVwZ 1997, 249[↩]
- AG Baden-Baden vom 09.11.2007 – 2 F 212/07[↩]
- BGBl. I, S. 3194 ff.[↩]
- abgedruckt bei Grube, UVG, Komm., S. 121 ff.[↩]
- AG Rastatt, Urteil vom 28.10.2009 – 5 F 139/09[↩]
- nach dem Urteil des Amtsgerichts Baden-Baden vom 09.11.2007 in Höhe von monatlich 288,– EUR[↩]
- VG Ansbach, Beschl. v. 19.02.2007 – AN 14 K 06.01136[↩]
- VG Magdeburg, Urt. v. 04.12.2008 – 6 A 113/07[↩]
- vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Komm., 69. Aufl., § 362 Rn. 15[↩]
- vgl. Baumbauch/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Komm., § 815 Rn. 8[↩]
- vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 767 Rn. 2; Zöller, Zivilprozessordnung, Komm., 28. Aufl., § 767 Rn. 12[↩]
- Grube, Unterhaltsvorschussgesetz, Komm., § 1 Rn. 2 und Einleitung Rn. 8[↩]
- vgl. Helmbrecht, UVG, Komm., 5. Aufl., § 1 Rn. 1[↩]
- a.a.O.[↩]
- OVG Berlin-Brandenburg vom 27.01.2010 – 6 B 10.09, JAmt 2010, 395[↩]
- BVerwG, Urteil v. 24.05.2005 – 5 C 17/04, FamRZ 2005, 1245[↩]
- BVerwG, a.a.O[↩]
- VG Düsseldorf, Urteil v. 05.01.2007 – 21 K 3049/05[↩]